Unisono

Unisono

Der musikalische Begriff unisono (italienisch „Einklang“) bezeichnet das Verfahren, alle Beteiligten eines Klangkörpers gemeinsam dieselbe Melodie singen bzw. spielen zu lassen, auch in verschiedenen Oktaven. Der erzielte Effekt besteht in starker Durchschlagskraft bei gleichzeitig großer Klangentfaltung. Die Kultur europäischer Kunstmusik strebt hier größtmögliche Präzision und damit möglichst vollständige Verschmelzung zu einem einheitlichen Gesamtklang an; andere Kulturen bevorzugen die Individualisierung der Einzelstimmen durch kleine individuelle Abweichungen voneinander (Heterophonie). Die Tatsache, dass Johann Sebastian Bach Verzierungen erst in die ausgeschriebenen Stimmen eintrug (und dadurch nicht überall exakt gleich) lässt vermuten, dass auch er nicht vollständige Präzision, sondern stattdessen Möglichkeiten der individuellen Interpretation und Improvisation, anstrebte.

Zudem ist „unisono“ eine Spielanweisung für Orchestermusiker, die ein vorangegangenes divisi, also eine Teilung der Gruppe in zwei oder mehr Untergruppen, aufhebt.

Bei manchen Synthesizern findet sich ebenfalls die Möglichkeit, das Gerät im Unisono-Modus zu betreiben. Hierbei kann man das Gerät nicht mehr polyphon spielen. Dafür wird beim Auslösen eines Tones (beispielsweise durch Drücken einer einzigen Taste) ein und derselbe Ton durch alle vorhandenen Klangerzeuger gleichzeitig gespielt, was den Klang durchdringender und präsenter werden lässt.

Auch außerhalb der Musik drückt der Begriff Übereinstimmung aus: „Sie behaupten unisono, dass...“.

Geschichte

Die geistlichen Werke der Mehrstimmigkeit wurden in ihrem liturgischen Gebrauch immer wieder durch einstimmige gregorianische Passagen unterbrochen und kontrastiert. Komponisten der Renaissance nutzen diese Technik und ihre Wirkung, indem sie etwa nur jeden zweiten Vers eines Bibeltextes vertonten, während der Rest traditionell psalmodiert wurde. Das erste bekannte als Effekt auskomponierte Unisono findet sich im 17. Jahrhundert in einer Instrumentalsonate von David Pohle.

Beispiel aus der Matthäuspassion von J. S. Bach (rot: alle Sing- und Instrumentalstimmen spielen hier unisono)

Im Spätbarock waren Unisono-Ritornelle ein typisches Merkmal des italienischen Musikstils. Solche Ritornelle treten häufig in Instrumentalkonzerten Antonio Vivaldis und anderer italienischer Komponisten auf; bei Johann Sebastian Bach ist das Eingangsritornell des Cembalokonzert d-Moll (BWV 1052) ein bekanntes Beispiel. Ein berühmtes Unisono-Beispiel der Wiener Klassik ist der Beginn von Mozarts „Kleiner Nachtmusik“.

Eine andere Verwendungsweise ist die Hervorhebung einzelner Stellen, besonders zur Textausgestaltung, wie etwa in der Matthäuspassion (BWV 244) im Chor Der du den Tempel Gottes zerbrichst auf die Worte „Ich bin Gottes Sohn“ (siehe Notenbeispiel).

Durch die Assoziation an den Gregorianischen Choral erzielt das Unisono auch immer wieder hymnenartiger Effekte, beispielsweise im „Gefangenenchor“ von Giuseppe Verdi.

Die europäische Neue Musik war jahrzehntelang einem polyphonen Stil verhaftet, in dem das Unisono als unangemessen empfunden wurde. Ein Werk, das hier einen radikal neuen Ansatz brachte, war Cheap Imitation (1969) von John Cage. Ab den Achtziger Jahren verwendeten Komponisten wie György Ligeti, Karlheinz Stockhausen oder Iannis Xenakis auch immer wieder Unisoni mit präzise notierten kleinen Abweichungen.

Im Modern Jazz ist das Unisonospiel des Themas ständige Praxis, das sich so auch klanglich deutlich von den improvisierten Passagen abhebt.


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Unísono — de piano Dos pianos tocando un do al unísono …   Wikipedia Español

  • unisono — /u nisono/ [dal lat. tardo unisŏnus, comp. di uni e sonus suono ]. ■ agg. 1. (mus., non com.) [di suoni simultanei e di uguale altezza]. 2. (fig., non com.) [che si muove sulle stesse linee guida di qualcun altro, con la prep. a : il mio modo di… …   Enciclopedia Italiana

  • unisono — I {{/stl 13}}{{stl 8}}rz. n ndm, a. I, Mc. unisononie, blm, muz. {{/stl 8}}{{stl 20}} {{/stl 20}}{{stl 12}}1. {{/stl 12}}{{stl 7}} wykonanie tej samej nuty przez 2 (lub więcej) instrumenty lub głosy; {{/stl 7}}{{stl 20}} {{/stl 20}}{{stl 12}}2.… …   Langenscheidt Polski wyjaśnień

  • Unisŏno — (ital.), 1) das Zusammenklingen zweier Töne von gleicher Tonhöhe od. das Verhältniß der reinen Prime, wenn es von zwei verschiedenen Stimmen ausgeführt wird; 2) s. All unisono 2) …   Pierer's Universal-Lexikon

  • unísono — unísono, na ▌ al unísono locución adverbial a un tiempo, a la vez, al mismo tiempo. Se trata de hacerlo con acciones como: cantar, hablar, etc. * * * Sinónimos: ■ unánime, acorde, espontáneo, voluntario …   Diccionario de sinónimos y antónimos

  • unisono — ȕnisōno pril. DEFINICIJA 1. glazb. a. istodobno zvučanje tonova jednake visine, a različite boje; jednoglasno b. istodobno izvođenje tonova u razmaku oktave 2. pren. jednomišljenički, složno, jednoglasno [unisono govoriti] ETIMOLOGIJA vidi unison …   Hrvatski jezični portal

  • unísono — unísono, na (Del lat. unisŏnus). 1. adj. Que tiene el mismo tono o sonido que otra cosa. 2. m. Mús. Trozo de música en que las varias voces o instrumentos suenan en idénticos tonos. al unísono. loc. adv. Sin discrepancia, con unanimidad …   Diccionario de la lengua española

  • Unisŏno — (ital.), das Zusammenklingen zweier Töne von gleicher Tonhöhe die reine Prime, die eigentlich kein Intervall ist; all u., im Einklang. In der Generalbaßbezifferung ist u. (wie t. s., d. h. tasto solo) die Anweisung, keine Akkorde zu greifen,… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Unisono — Unisŏno (ital.), Einklang, der Vortrag desselben Tons von zwei oder mehrern Stimmen oder Instrumenten …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Unisono — Unisono, ital., im Einklange, einstimmig …   Herders Conversations-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”