Valentin Müller

Valentin Müller

Valentin Müller (* 1891 in Zeilitzheim; † 1951 in Eichstätt) war ein deutscher Arzt sowie ein Oberst der Wehrmacht.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Müller wurde 1891 im unterfränkischen Zeilitzheim geboren und katholisch getauft. Mit 13 Jahren besuchte er das Kilianeum, das bischöfliche Knabenseminar in Würzburg. 1911 machte er dort schließlich 20-jährig sein Abitur und studierte in Würzburg Medizin. Er wurde aktives Mitglied des K.St.V. Normannia Würzburg im KV. Während des Studiums wurde er als Soldat im Ersten Weltkrieg eingezogen und diente an der Front. Er erhielt die silberne Tapferkeitsmedaille und wurde von den Briten gefangengenommen.

Später eröffnete er eine Arztpraxis und war nach Hitlers Machtergreifung der einzige Arzt, der in dieser Zeit kranke jüdische Patienten noch zu Hause besuchte.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Valentin Müller zum Oberst ernannt und wieder einberufen. Er beteiligte sich an den Feldzügen gegen Polen, Frankreich und Russland. Wegen seiner unnachgiebigen, christlich-religiösen Haltung kam er mehrmals in Konflikte mit der Wehrmacht und stand unter Beobachtung. Er soll es nicht geduldet haben, dass in seinem Beisein ein Soldat fluchte oder lästerte. „...ich lasse mir das, was mir heilig ist, nicht in den Kot ziehen.“[1].

1942 wurde er angewiesen, das erste Lazarett in Stalingrad zu errichten. Nur wenige Tage, bevor die Rote Armee die Stadt einschloss, wurde er aber nach Lourdes weiterkommandiert, um dort eine Abteilung für den Transport von Verletzten aufzubauen. Als Chef dieser Abteilung kam er 1943 in Italien an. Im September 1943 wurde Müller Stadtkommandant von Assisi. Aufgrund der Vorschläge Müllers erklärte Generalfeldmarschall Albert Kesselring Assisi zur offenen, damit unverteidigten Stadt als Lazarettzentrum. Die Stadt durfte daher gememäß der Haager Landkriegsordnung nicht mehr angegriffen werden.

Leistungen

Das heimlich-passive Einverständnis des deutschen Offiziers in Assisi, der seinerseits beim kommandierenden General die nötige Rückendeckung fand, kam dem Pater Rufino zugute, der eine Untergrundorganisation zur Rettung verfolgter Juden leitete. Diese Flüchtlinge fanden, als Mönche und Nonnen getarnt, hinter Klostermauern Zuflucht. Pater Rufino wurde deshalb später als „Gerechter unter den Völkern“ in Yad Vashem anerkannt. Als tiefgläubigem Katholik war es Müller auch zuwider, Kirchen, Klöster und Kunstdenkmäler zu zerstören. Der Stadtkommandant „Colonello“ Müller wie der Bischof Giuseppe Placido Nicolini kamen angesichts der militärischen Lage zu der Einsicht, dass nur die Ausweitung des Lazaretts in der Stadt und damit verbunden die offizielle Deklaration Assisis als „Lazarettstadt“ diese Rettung ermöglichen könnte. Zu diesem Zweck musste, als immer mehr Verwundete von der sich nähernden Front in den Ort kamen, das Päpstliche Regionalseminar Umbriens zu einem Lazarett umgewidmet werden.

Alle Kriegsparteien erkannten Assisi als Lazarettstadt an und respektierten sie auch als solche. Müller genoss aufgrund seines Charakters hohes Ansehen bei Deutschen wie Italienern. Ein Ausspruch der Bewohner wird zum geflügelten Wort: „Wir haben drei Beschützer: Gott, den hl. Franziskus und Oberst Müller“, sogar die Partisanen gaben die Parole aus, dass ihm „kein Haar gekrümmt“ werden dürfe.

Beim Rückzug der deutschen Truppen ließ Müller große Mengen an wertvollen Medikamenten und medizinischen Einrichtungen in der Stadt zurück. Nur wenige Wochen darauf wurde er von der US Armee in Kriegsgefangenschaft genommen.

Im Jahr 1950 war er zusammen mit seiner Familie nach Assisi eingeladen. Die ganze Stadt empfing ihn wie einen Helden.

Valentin Müller wurde in Eichstätt begraben. Auf seinem Grabstein ist die Silhouette der Basilika San Francesco und des Sacro Convento in Assisi eingemeißelt. Eine Gedenktafel in der Straße Viale Vittorio Emanuele II von Assisi erinnert heute noch an den Retter und Wohltäter der Stadt.

Film

Die Geschehnisse gegen Kriegsende in Assisi wurden 1985 von Alexander Ramati verfilmt, der deutsche Titel lautet: Der Assisi Untergrund. Maximilian Schell in der Rolle als Valentin Müller, in weiteren Rollen: Ben Cross, James Mason, Irene Papas, Giancarlo Prete, Karlheinz Hackl

Literatur

  • Francesco Santucci: Mit Courage und Tatkraft zur Rettung Assisis. Der deutsche Arzt Valentin Müller und die Rettung der Stadt im Zweiten Weltkrieg. Deutsch von Josef Raischl. Editrice Minerva, Assisi 1999, ISBN 88-87021-18-X, (M-154).
  • Josef Raischl SFO, Andrè Cirino OFM: Three heroes of Assisi in World War II. Bishop Giuseppe Nicolini, Colonel Valentin Muller, Don Aldo Brunacci. Editrice Minerva, Assisi 2005, ISBN 88-87021-73-2, (M-197).
  • Alexander Ramati: Der Assisi Untergrund. Assisi und die Nazibesetzung nach dem Bericht von Pater Rufino Niccacci. Ullstein, Frankfurt am Main u. a. 1986, ISBN 3-548-33071-1, (Ullstein 33071 Zeitgeschichte).
  • Siegfried Koß: Valentin Müller. In: Siegfried Koss, Wolfgang Löhr (Hrsg.): Biographisches Lexikon des KV. Band 3. SH-Verlag, Schernfeld 1994, ISBN 3-89498-014-1, (Revocatio historiae 4), S. 80f.
  • Der Retter von Assisi. In: Akademische Monatsblätter 100, Februar 1988, 2, ISSN 0002-3000, S. 1–2, online (PDF; 6,6 MB).

Einzelnachweise

  1. Bernadette Raischl, (Enkelin) in: Dr. Valentin Müller, ein Lebensbild“, Feldpostbrief vom 14. Februar 1941

Weblinks


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