Vendelhelm

Vendelhelm
Helm aus einem Bootsgrab in Uppland

Der Vendelhelm oder Brillenhelm, auch Nordischer Kammhelm genannt, ist eine Helmform des europäischen Frühmittelalters. Der Brillenhelm taucht etwas nach den Spangenhelmen auf und war in der Vendelzeit vom ausgehenden 6. bis zum frühen 8. Jahrhundert in Nordeuropa und auf den Britischen Inseln in Nordeuropa gebräuchlich. Aus Buskerud in Norwegen ist ein Helm, der Gjermundbu-Helm auch aus der der Zeit um 900 n. Chr., also der eigentlichen Wikingerzeit bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Bauweise

Das Grundgerüst des Brillenhelms besteht aus drei miteinander vernieteten Eisenbändern, die jeweils einen Stirnreif, ein Scheitelband und ein Band von Ohr zu Ohr bilden. Daran ist ein Gesichtsschutz und manchmal Wangenklappen, sowie ein Hals- oder Nackenschirm aus Kettengeflecht beziehungsweise Eisenblech angebracht. Die Zwischenräume zwischen den Eisenbändern sind mit Eisenplatten ausgefüllt. Besetzt sind die Helme mit einem Kamm und charakteristischen Augenbogenbeschlägen, die jeweils in Tierköpfen enden. Die gesamte Oberfläche des Helms ist darüber hinaus mit Metallblech oder Bronze verkleidet und oftmals verziert. Der deutlich jüngere Gjermundbu-Helm weicht von dieser typischen Bauweise teilweise stark ab.

Funde und Verbreitung

Insgesamt wurden über 30 dieser Helme in Skandinavien und England gefunden. Die am besten erhaltenen Brillenhelme stammen aus den reichen Bootsgräbern von Valsgärde, Vendel und der Königsnekropole von Uppsala in Uppland. Weniger gut erhaltene derartige Helme sind aus Brandgräbern auf Gotland, sowie anderen Teilen Skandinaviens bekannt.

Dazu kommen neben einigen Fragmenten drei gut erhaltene Exemplare aus England, die zwar nicht die typische Augenbrille besitzen, aber in der Grundkonstruktion den Nordischen Kammhelmen entsprechen. Der älteste, der Helm von Sutton-Hoo, stammt aus dem Grab von Sutton Hoo, das König Raedwald († um 625) zugeschrieben wird. Der Helm könnte allerdings auch deutlich älter sein und soll aus dem frühen 6. Jahrhundert oder der Zeit um 500 stammen. Die beiden anderen sind der aus York stammende Coppergate-Helm und der Benty-Grange-Helm aus Derbyshire, der von einer Eberfigur am Kamm geziert wird. Derartige Eberhelme werden auch im Beowulf erwähnt.

Aufgrund von Ähnlichkeiten in der Konstruktion wird angenommen, dass sich der Helmtyp von römisch-kaiserlichen Gardehelmen (Spätantiken Kammhelmen) aus der Zeit um 400 n. Chr. herleiten lässt. Nur die drei Helme aus England lassen sich in einen christlichen Kontext bringen, so trägt der aus dem Grab von Benty Grange etwa ein Silberkreuz auf dem Nasenblech. Alle anderen stehen mit heidnischen Symbolen in Verbindung.

Bilder

Hörnerhelm

Leif Eriksson mit gehörntem Wikingerhelm (Gemälde aus einem Buch von 1909)

Der Brillenhelm wird landläufig verallgemeinernd als Wikingerhelm bezeichnet.

Das heute populäre Bild des Wikingers mit Hörnerhelm ist nicht historisch, sondern eine moderne Legende. Es geht auf Richard Wagner zurück, der sie wegen des schönen Bühneneffekts auf die Helme setzte. In seinem „Der Ring des Nibelungen“, speziell bei den Walküren tauchte erstmals sein Hörnerhelm auf. Ein Helm mit Hörnern könnte jedoch seiner primären Schutzfunktion nicht gerecht werden, da er den Schwertschlag des Gegners zum Kopf hin umlenken würde, statt vom Kopf weg.

Die wenigen Funde von Hörnerhelmen und Statuetten mit Hörnerhelmen aus der nordischen Bronzezeit zeigen, dass es sich eher um rituelle Gegenstände handelte. Außerdem werden innerhalb der Seevölker die Hörnerhelme nur von den Schardana getragen. Im Gegensatz zu den anderen Seevölkerstämmen sind die Schardana schon seit der 18. ägyptischen Dynastie bekannt, also bereits vor der Völkerwanderung. Bronzezeitliche Statuetten mit entsprechenden Hörnerhelmen wurden in Sardinien gefunden. Diese Funde fallen jedoch nicht in die Wikingerzeit, die grob gesagt zwischen 500 und 1000 n. Chr. liegt.

Literatur

  • Heiko Steuer: Helm und Ringschwert. Prunkbewaffnung und Rangabzeichen germanischer Krieger. In: Studien zur Sachsenforschung 6. Isensee, Oldenburg 1987. ISBN 3-7848-1617-7. S. 190-236. PDF, 7 MB

Weblinks


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