A.G. Weser

A.G. Weser

Die Aktien-Gesellschaft „Weser“ (umgangssprachlich oft nur AG Weser genannt) war eine Schiffswerft in Bremen. Sie entstand 1872 und wurde 1983 als Folge weltweiter Überkapazitäten im Schiffbau und allzu einseitiger Konzentration auf den Bau von Großtankern geschlossen.

Im Laufe ihres 140jährigen Bestehens wurden von der AG Weser etwa 1.400 Schiffe gebaut; neben dem zivilen Schiffbau hat sich die Werft sehr stark im militärischen Schiffbau engagiert, so hatte sie in beiden Weltkriegen großen Anteil am Bau von U-Booten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Entstehung

Die AG „Weser“ entstand 1872, als das 1843 von Johann Carsten Hinrich Waltjen und Heinrich Leonhardt gegründete Unternehmen Waltjen & Leonhardt in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Zuvor hatte Waltjen & Leonhard bereits Dampf- und Baggerschiffe gebaut. Die Werft erhielt viele Aufträge der Kaiserlichen Marine und spezialisierte sich 1883 auf Torpedoboote.

Aufgrund mangelnder Erweiterungsmöglichkeiten zog die Werft in den Jahren 1901-1905 nach Gröpelingen auf einen größeren Bauplatz. Dadurch konnten auch größere Kriegsschiffe gebaut werden.

Entwicklung zu Großwerft

Bis zum Ersten Weltkrieg wurden zudem etwa 40 Fracht- und Passagierschiffe gebaut. Die Werft stellte 1913 für die DEMAG den Ponton des Schwimmkrans „Langer Heinrich“ her.

Während des Ersten Weltkrieges wurden außer einigen zivilen Schiffen insgesamt 96 U-Boote fertiggestellt.

Am 27. August 1919 übernahm der Bremer Bankier J. F. Schröder den Vorsitz des Aufsichtsrates. Am 1. April 1921 übertrug man Franz Stapelfeldt den Vorsitz im Vorstand.[1]

Mit der sogenannten Werftenkonzentration 1927/28 ging die AG Weser mit sieben anderen Werften in der Deutsche Schiff- und Maschinenbau Aktiengesellschaft (DeSchiMAG) auf. Diese bestand aus folgenden Werften:

Die erste Hälfte der 1930er Jahre waren wirtschaftlich schwierig; es wurden nur wenige Schiffe gebaut. Um ein neues Geschäftsfeld zu erschließen, wurde 1934 das Tochterunternehmen Weser-Flugzeugbau-GmbH gegründet.

Die Kriegsmarine erteilte der Werft in den darauf folgenden Jahren Großaufträge vor allem zum Bau von Zerstörern und U-Booten: allein 1935 vier Zerstörer und acht U-Boote.

Bis zu Ende des Zweiten Weltkriegs wurden fast nur noch Kriegsschiffe gebaut, u.a. insgesamt 146 Unterseeboote. Die U-Boote waren hauptsächlich Schiffe der größeren Klassen IX (Überseeboote) und (ab Ende 1943) XXI (Elektroboote). Im Oktober 1944 wurde die Werft bei Bombenangriffen so schwer beschädigt, dass der Betrieb vorübergehend eingestellt werden musste. Unter den 20.000 Werftarbeitern waren fast ein Fünftel Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, 1944 kamen zudem noch 1.500 KZ-Häftlinge aus dem KZ Neuengamme hinzu.

Der U-Boot-Bunker Hornisse wurde 1944 und 1945 auf dem Gelände der AG Weser unter harten Bedingungen von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen errichtet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Krieg sollte die Werft zerlegt und der Sowjetunion übergeben werden. Die Demontage wurde jedoch verhindert, sodass ab 1949 wieder Schiffe repariert werden konnten. 1951 wurden die Schiffsbaubeschränkungen aufgehoben und es wurden unter anderem sechs große Tanker gebaut. Ab 1963 war es mit dem Ausbau der Werft möglich, Schiffe bis zu einer Größe von 150.000 tdw zu bauen. Bald war die AG Weser wieder die größte Werft im Weser-Ems-Gebiet.

In den folgenden Jahren wurde die Werft immer weiter ausgebaut, was zur Folge hatte, dass viele Großtanker in Auftrag gegeben wurden. Der letzte Ausbau in den frühen siebziger Jahren vergrößerte die Werft so, dass sie Schiffe bis zu 650.000 tdw (tons dead weight – Ladegewicht, 1tdw = 1 t) hätte bauen können. Durch die Ölkrise 1974 kam es aber nicht mehr dazu, da keine weiteren Tanker mehr gebraucht wurden. Letzter Großaktionär war mit 86 % die Fried. Krupp GmbH eine Tochter der Friedrich Krupp AG.

Nach langen, schließlich gescheiterten Verhandlungen und einer Besetzung der Werft durch die Arbeiter, die für einen Erhalt der Werft kämpften, wurde die Krupp-Werft AG Weser am 31. Dezember 1983 geschlossen.

Die Bremer und Bremerinnen nannten und nennen die AG Weser auch umgangssprachlich „Use Akschen“, also „Unsere Aktien(gesellschaft)“. Die damalige Verbundenheit der Bürger und Bürgerinnen mit der AG „Weser“ wurde damit unterstrichen und zeigt sich noch heute im Stadtteil Gröpelingen.

Auf dem ehemaligen Werftgelände in Bremen-Gröpelingen befinden sich heute ein Hotel, die Veranstaltungshalle Pier 2 und die Waterfront Bremen, eine große Einkaufspassage. Diese wurde am 12. September 2008 eröffnet und befindet sich im Gebäude des nach knapp sieben Monaten Betrieb im September 2004 wieder geschlossenen Space Park Bremen.

Schiffe

Diese Liste enthält eine Auswahl von der AG Weser gebauter Schiffe:

  • 1906 Feuerschiff Reserve Sonderburg, heute Segelschulschiff Alexander von Humboldt
  • 1907, Linienschiff Westfalen der Nassau-Klasse für die Kaiserliche Marine, nahm 1916 an der Skagerrakschlacht teil, 1920 an Großbritannien ausgeliefert, 1924 abgewrackt
  • 1911/1913, Linienschiffe Thüringen (Helgoland-Klasse) und Markgraf (König-Klasse) für die Kaiserliche Marine, beide Schiffe nahmen an der Skagerrakschlacht teil; Thüringen 1920 an Frankreich ausgeliefert, 1923-33 abgewrackt; Markgraf 1918 in Scapa Flow interniert, dort 1919 selbst versenkt, 1936 gehoben und abgewrackt.
  • 1916-1918, 84 U-Boote für die Kaiserliche Marine
  • 1926, Bau-Nr. 398, Rotor-Motorschiff Barbara, Versuchsschiff mit Zusatzantrieb durch drei Flettner-Rotoren auf dem Deck (Ausnutzung des Magnus-Effekt, siehe auch Rotorschiffe)
  • 1929, Bau-Nr. 872, Turbinenschnelldampfer Bremen für den Norddeutschen Lloyd. Die Bremen errang auf ihrer Jungfernfahrt das Blaue Band mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 27,83 Knoten. Auf ihrer 187sten Atlantiküberquerung Ende August 1939 wurde die Bremen vom Kriegsbeginn überrascht; unter ihrem Kapitän Kommodore Ahrens gelang der Durchbruch von New York über Murmansk nach Deutschland. Das Schiff brannte im März 1941 am Bremerhavener Kai aus, vermutlich durch Brandstiftung eines Besatzungsmitglieds.
  • 1937, Bau-Nr. 899, Zerstörer Z 5 Paul Jacobi; 1958 in Frankreich abgewrackt. Die AG Weser baute 25 von insgesamt 40 Zerstörern der Kriegsmarine.
  • 1937, Bau-Nr. 917, Frachtmotorschiff Kandelfels, im Krieg eingesetzt als Handelsstörkreuzer Pinguin (siehe Hilfskreuzer), 1941 vom engl. Kreuzer Cornwall aufgebracht und beschossen, nach Treffer im Minen-Laderaum explodiert und gesunken, über 300 Tote
  • 1937, Bau-Nr. 933, Walfang-Mutterschiff Unitas für die Margarine-Union, die zugehörigen Fangboote wurden 1937 beim Bremer Vulkan gebaut (Unitas I, Bau Nr. 751, und Unitas II-VIII, Bau Nr. 740-746)
  • 1938, Bau-Nr. 926, Frachtmotorschiff Ems für den Norddeutschen Lloyd, im Krieg eingesetzt als Handelsstörkreuzer Komet; Ende 1942 im Ärmelkanal durch engl. Flugzeuge und S-Boote versenkt, nur ein Überlebender
  • 1939, Kreuzer Seydlitz und Lützow der Admiral-Hipper-Klasse, beide Schiffe wurden nicht fertiggestellt
  • 1953–1954, Turbinentanker Olympic Cloud, Olympic Wind, Olympic Storm für die Olympic Transportation Co., New York (Reeder: Aristoteles Onassis). Insgesamt wurden sechs Tanker für Onassis gebaut
  • 1979, Fregatte Niedersachsen für die deutsche Bundesmarine (in Zusammenarbeit mit dem Bremer Vulkan als Generalunternehmer)
  • 1983, Bau-Nr. 1417, Das Motorschiff Ubena für die DAL (Deutsche Afrika-Linien), Hamburg war das letzte bei der AG Weser gebaute Schiff.

Literatur

  • P. Kuckuk: Spanten und Sektionen: Werften und Schiffbau in Bremen u.d. der Unterweserregion im 20. Jhd., Hochschule Bremen, Bremen Steintor 1986, ISBN 3-926028-03-3
  • R. Thiel: Die Geschichte der Actien-Gesellschaft „Weser“, Band 1-3, Hauschild Verlag, Bremen 2005-2007, ISBN 3-89757-271-0 / ISBN 3-89757-338-5 / ISBN 978-3-89757-342-0

Einzelnachweise

  1. http://werften.fischtown.de/archiv/ssw3.html

Weblinks

53.11258.74861111111117Koordinaten: 53° 6′ 45″ N, 8° 44′ 55″ O


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