Verfügungsgeschäft

Verfügungsgeschäft
Trennungsprinzip: Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft

Ein Verfügungsgeschäft ist ein Rechtsgeschäft, das eine Verfügung zum Inhalt hat. Es handelt sich um Begriffe der Rechtswissenschaft.

Eine Verfügung ist die unmittelbare Einwirkung auf ein Recht, durch Übertragung, Belastung, Aufhebung oder Änderung seines Inhalts. Eine Übertragung stellt beispielsweise die Übereignung einer Sache auf jemand anderen dar. Eine Belastung kann z. B. die Bestellung eines Pfandrechts, einer Hypothek oder einer Grundschuld sein. Aufgehoben wird ein Recht an einem Gegenstand z. B. bei Vereinbarung eines Erlasses. Ist das Verfügungsgeschäft ein einseitiges Rechtsgeschäft, handelt es sich um ein Gestaltungsgeschäft.

Das Verfügungsgeschäft wird auch dingliches Rechtsgeschäft genannt. Das heißt, ihm wohnt die dingliche Wirkung inne, was wiederum bedeutet, dass es allen Personen gegenüber unmittelbar wirkt.

Das deutsche bürgerliche Recht unterscheidet zwischen der Begründung von Ansprüchen und Rechten durch das Verpflichtungsgeschäft (= Kausalgeschäft, von lat. causa: der Grund) – z. B. durch Kaufvertrag -- und dem Vollzug des Verpflichtungsgeschäfts durch das Verfügungsgeschäft – z. B. durch Übereignung. Diese Trennung beschreibt das Trennungsprinzip. Weiterhin sind die beiden Rechtsgeschäfte nicht nur getrennt zu betrachten, sondern sie sind auch voneinander unabhängig, Abstraktionsprinzip. Dies bedeutet, dass ein Rechtsgeschäft jeweils auch ohne das andere wirksam ist. Daher wird das Verfügungsgeschäft auch abstraktes Geschäft genannt.

Das österreichische bürgerliche Recht kennt ebenso wie das deutsche das Trennungsprinzip, unterscheidet also genauso konsequent zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft, kennt aber bezüglich des Verhältnisses der beiden Geschäfte zueinander das Kausalprinzip, wonach ein Verfügungsgeschäft in seinen Wirkungen vom Verpflichtungsgeschäft abhängt.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung

Hans geht zum Bäcker und kauft einen Laib Brot. Er bezahlt die für das Brot verlangten 2,-- Euro mit einer 2-Euro-Münze.
Hier liegen ein Verpflichtungsgeschäft und zwei Verfügungsgeschäfte vor.
Verpflichtungsgeschäft:
Hans und der Bäcker schließen einen Kaufvertrag über einen Laib Brot.
Der Kaufvertrag ist der Grund, warum Hans und der Bäcker noch die zwei Verfügungsgeschäfte schließen, mit denen sie ihre wechselseitigen Verpflichtungen erfüllen (daher auch Erfüllungsgeschäft).
1. Verfügungsgeschäft:
Der Bäcker überträgt das Eigentum an dem Brot auf Hans.
2. Verfügungsgeschäft:
Hans überträgt das Eigentum an seiner 2-Euro-Münze auf den Bäcker.
(Beachte: Hätte Hans den Kaufpreis nicht mit einer 2-Euro-Münze, sondern mit zwei Münzen zu je 1 Euro beglichen, so würde es ein weiteres Verfügungsgeschäft gegeben haben: Geldmünzen sind bewegliche Sachen, und für jede bewegliche Sache ist gemäß § 929 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Verfügungsgeschäft zum Eigentumsübergang erforderlich.
Im deutschen Recht beachte weiterhin: Hätte der Bäcker dem Hans zwar den Laib Brot gegeben, Hans jedoch überhaupt nicht oder nur unzureichend gezahlt, so hätte Hans zwar weiterhin die Verpflichtung, das Geld zu zahlen, nicht aber die, den Laib Brot zurückzugeben. Denn durch die Übereignung des Brotes ist Hans Eigentümer geworden und bleibt dies auch, da ja, wie oben bereits erwähnt, ein jedes Rechtsgeschäft einzeln betrachtet wird und unabhängig von den anderen wirkt.
Der Bäcker hat stattdessen die Möglichkeit, dem Hans eine Frist zur Zahlung zu setzen und bei Verstreichen der Frist vom Vertrag zurückzutreten (§ 323, § 346 BGB) und/oder (siehe § 325 BGB) Schadensersatz zu fordern (§ 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB). Auf diese Art und Weise kann der Bäcker u.a. eine Verpflichtung des Hans herbeiführen, ihm das Brot zurückzuübereignen, also wieder ein Verfügungsgeschäft vorzunehmen.
Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 BGB besteht nicht, weil der Kaufvertrag auch dann Rechtsgrund für die Übereignung bleibt, wenn Hans nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. § 812 BGB greift nur dann, wenn das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist, etwa weil eine Vertragspartei es wegen kurzzeitiger Bewusstseinsstörung oder Irrtums anficht. Dieser Anspruch ist aber gegenüber dem Rückabwicklungsanspruch aus § 323, § 346 BGB wegen der Möglichkeit der Berufung auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) nachteilig für den Bäcker.)
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