Vergreisen

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Die Biogerontologie (gr. bios „Leben“, gerōn „Greis“, logos „Lehre“) ist das Teilgebiet der Entwicklungsbiologie, das sich mit der Erforschung der Ursachen biologischen Alterns (engl. ageing) und deren Folgen, der Seneszenz (lat. senescere „alt werden“) von Einzelzellen (Biochemie) und Organismen (Physiologie) beschäftigt.

Seneszenz umfasst die im allgemeinen nicht reversiblen Prozesse, die zwangsläufig zum Absterben eines Organismus, seiner Organe oder einzelner Zellen führen. Alterung ist eine der Hauptursachen für den Tod eines Organismus, daneben spielen Seneszenz-Erscheinungen im normalen katabolen Stoffwechsel (Zellabbau) eine Rolle. Diskutiert werden mehr als 300 verschiedene Ursachen des Alterns.

Die Biogerontologie ist eine wichtige Grundlagendisziplin der – speziell humanmedizinisch ausgerichteten – Gerontologie. Dahingegen beschäftigt sich die Geriatrie mit den biologischen Folgen des Alterns, also den diversen mit dem Alter assoziierten Krankheiten (Die Ausdrücke Altersschwäche und Gebrechen werden in diesem Zusammenhang heute nicht gern verwendet). Das entsprechende Fachgebiet der Veterinärmedizin ist die Veterinärgerontologie, das der Biologie die allgemeine Pflanzenphysiologie.

Alterung von Fibroblasten

Inhaltsverzeichnis

Ursachen der Alterung

Primäre Ursachen

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Abnutzungstheorien, Verschleißtheorien, auch passives Altern genannt:

Als eine der primären Ursachen für den allmählichen körperlichen Funktionsverlust gilt die Reaktion hochaggressiver Radikale mit Körpergewebe (der oxidative Stress). Von spezieller Bedeutung sind die somatischen Mutationen, die durch Radikaleinwirkung hervorgerufen werden.
  • Energieverbrauchsbezogene Theorien des Alterns
    Die CR-Hypothese (calorie reduction): Vereinfacht gesagt: je mehr ein Lebewesen – gemessen an seinem Körpergewicht – isst, desto kürzer lebt es.
Im Prinzip sehen solche Modelle das Altern als reparabel beziehungsweise vermeidbar an.

Evolutionsbezogene Theorien:

Die Ursachen des Alterns von Lebewesen sind in ihrer Evolution zu suchen. Entsprechend der zeitlichen Bedingungen der ökologischen Nische einer biologischen Art wird ihre für die Reproduktion optimale Lebensdauer durch Selektion in der Evolution angepasst. Dieses Konzept sieht die während des Alterns des Individuums ablaufenden Veränderungen als arterhaltende sinnvolle Veränderung, die den Evolutionsprinzipien nach Darwin folgt und eine historisch-ökologische Entwicklung widerspiegelt.[1] Nach der Theorie des disposablen Somas werden die verfügbaren metabolischen Ressourcen optimal zwischen Reproduktion und Instandhaltung aufgeteilt, z.B. ist es für stark durch Fressfeinde bedrohte Tiere vorteilhafter in Nachwuchs statt in Langlebigkeit zu investieren.

Zellbiologische Ansätze:

Durch den zunehmenden Niedergang (Seneszenz) von unersetzlichen Zellen verlieren die Gewebe und Organe bei nicht mehr ausreichender physiologischer Kapazität kontinuierlich ihre Funktionsfähigkeit. Infolgedessen kommt es zu den typischen Alterserscheinungen wie Haarausfall, Altersweitsichtigkeit und allgemeiner Gebrechlichkeit. Dieser Ansatz sieht Alterung als eine zwangsläufige Folge des Funktionsprinzips unserer Zellen
  • genetische Einflüsse:
    • Mit jedem Zellzyklus geht ein Stück der chromosomalen Telomere verloren. Durch das Enzym Telomerase können die Telomere regeneriert werden. Dies ist beispielsweise bei menschlichen Krebszellen der Fall, nicht jedoch bei den normalen Körperzellen.
    • Neue Studien deuten darauf hin, dass ein Schlüsselfaktor beim Altern DNA-Veränderungen (Mutationen) in der mitochondrialen DNA sind. Diese sammeln sich im Laufe des Lebens im Erbgut der Mitochondrien an, bis in den betroffenen Körperzellen ein genetisches „Selbstmordprogramm“ (Apoptose) ausgelöst wird, denn im Gegensatz zu anderen degenerierten Biomolekülen, wie z.B. Proteinen, kann die DNA nicht einfach abgebaut und neu produziert werden.

Sekundäre Ursachen

Eine Voraussetzung für das Ablesen (Transkription) oder die Verdopplung der gespeicherten Information (Replikation), sowie auch für die Reparatur von DNA-Schäden sind Helikasen, die die DNA-Doppelhelix öffnen. Beispielsweise unterliegen Menschen, die am Werner-Syndrom erkrankt sind als Folge eines defektes des Proteins WRN, einer Helikase, einem rapiden Alterungsprozess.

Alterungseffekte

Es gibt viele Ursachen für das Altern, eine hauptsächliche wird wohl den freien Radikalen zugesprochen:
Die in den meisten Zellen vorhandenen Mitochondrien wandeln den eingeatmeten Sauerstoff in Energie um. 1-2% jedoch werden nicht beim Energieumwandlungsprozess verbraucht. Die Sauerstoffatome verlassen den Prozess mit einem ungepaarten Elektron auf der letzten Schale und sind deshalb äußerst reaktionsfreudig. Diese Sauerstoffatome bilden die Hauptgruppe der freien Radikale, die reaktive Sauerstoffspezies (ROS). Wenn nun diese Teilchen auf eine andere Membran, andere Proteine oder Chromosomen treffen, können diese beschädigt oder sogar zerstört werden. Antioxidanssysteme (Vitamin A, C, E, Harnsäure, diverse Enzyme) sind für das Einfangen freier Radikale verantwortlich. Trotzdem geht man zur Zeit von etwa 10.000 DNA-Schädigungen pro Tag pro Zelle beim Menschen aus, die jedoch zum größten Teil wieder repariert werden können. Das macht deutlich, dass die Effektivität der körpereigenen Reparaturmechanismen im wesentlichen über die Lebensspanne des Individuums entscheiden, deren Güte wiederum genetisch festgelegt ist. Freie Radikale werden mit diversen chronischen Erkrankungen (Altersdiabetes, Parkinson-Krankheit, Alzheimer-Demenz) in Verbindung gebracht.

Seneszenz bei Pflanzen

Hauptartikel: Seneszenz bei Pflanzen

In der Botanik gehören Seneszenz-Erscheinungen (Laubabwurf bei Gehölzen, Absterben oberirdischer Pflanzenteile bei Stauden, und ähnliches) zum normalen Wachstumsprozess. Die Seneszenz kann bei Pflanzen durch Phytohormone gesteuert werden. Cytokinine verhindern Alterungsprozesse, Ethylen fördert diese (z. B. Blattseneszenz, Abscission von Blättern). Hierbei kommen insbesondere chronobiologische Zusammenhänge in betracht.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. G. Ahlert, 1996

Literatur

Ältere Literatur:

  • W. Brandt: Chemische Vorgänge im Körper während des Alterns. Chemiker-Zeitung 67(21), S. 269 – 273 (1943), ISSN 0009-2894

Aktuelle Literatur:

  • Tomas Prolla et al.: Science, Bd. 309, S. 481, 2005 (zu: Mutationen in mitochondrialer DNA als Schlüsselfaktoren für das Altern)
  • Günter Ahlert: "Altern - Ergebnis ökologischer Anpassung" Karger Vlg. Basel 1996, 67 S., ISBN 3-8055-6361-2
  • Robert Zwilling: Das Rätsel der Alterung. Biologie in unserer Zeit 37(3), S. 156 - 163 (2007), ISSN 0045-205X
  • Karin Krupinska: Altern und Alter bei Pflanzen. Biologie in unserer Zeit 37(3), S. 174 - 182 (2007), ISSN 0045-205X
  • Ludger Rensing: Von welchen zellulären FAktoren wird das Altern bestimmt? Die Grenzen der Lebensdauer. Biologie in unserer Zeit 37(3), S. 190 - 199 (2007), ISSN 0045-205X

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