Bauern-Franz

Bauern-Franz

Günther Franz (* 23. Mai 1902 in Hamburg; † 22. Juli 1992 in Stuttgart) war ein deutscher Historiker, der sich hauptsächlich mit dem Bereich der Agrargeschichte und der Geschichte des Deutschen Bauernkrieges befasste. Daher rührte auch sein Beiname „Bauern-Franz“.[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Franz habilitierte im Mai 1930 bei Wilhelm Mommsen und folgte 1935 einem Ruf nach Heidelberg. 1937 bekam er einen Lehrstuhl in Jena, und schließlich lehrte er von 1941 bis 1945 als Professor für Erforschung des deutschen Volksköpers an der Reichsuniversität Straßburg.[1] Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor er seine Professur. 1950 war er einer der Gründer der Ranke-Gesellschaft und wurde Schriftleiter der Zeitschrift Das Historisch-Politische Buch.[1] Ab 1957 hatte er erneut einen Lehrstuhl inne, an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Stuttgart-Hohenheim (der heutigen Universität Hohenheim), deren Rektor er von 1963 bis 1967 war.

Franz war als bekennender Nationalsozialist ab 1933 Mitglied der NSDAP und der SA. Nachdem er 1935 zur SS gewechselt war,[1] bekam er 1937 im Rang eines SS-Rottenführers einen Posten am Rasse- und Siedlungshauptamt der SS. Nach seiner Beförderung zum SS-Untersturmführer erhielt er eine zentrale Rolle im NS-Hauptamt und leistete Spitzeldienste für den SD.[1] Seit 1939 gehörte er dem persönlichen Stab des NS-Chefideologen Alfred Rosenberg an und wurde Mitarbeiter beim SS-Ahnenerbe.[1] Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges erreichte er noch den Rang eines Hauptsturmführers (entspricht dem Dienstgrad Hauptmann). In zahlreichen seiner Werke während der NS-Zeit lieferte er eine ideologische Grundlage für die deutsche Expansionspolitik im Osten. Ebenso propagierte er eine jüdische Zersetzung der katholischen Kirche, wodurch Reformation und Dreißigjähriger Krieg erst ausgelöst worden seien. Nach Ernst Klee vertrat er unter anderem die These, „die Machtergreifung Hitlers sei die Vollendung der Ziele des Bauernkriegs von 1525“ gewesen.[2].

Nach dem Krieg bestritt er, dass er sich je vom Nationalsozialismus „vereinnahmen“ ließ.

Das von Franz 1952 mitbegründete und auch in zweiter Auflage 1973–1975 mitbearbeitete Biographische Wörterbuch zur Deutschen Geschichte erlebte noch 1995 Neuauflagen und wurde auch von den Erstellern der Deutschen Biographischen Enzyklopädie als Quelle herangezogen.

Sein Sohn Eckhart G. Franz ist ebenfalls Historiker und Archivar, als solcher langjähriger Leiter des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt.

Werke (Auswahl)

  • Der deutsche Bauernkrieg, München 1935 (Darmstadt 51980). ISBN 3-534-03424-4
  • Deutsches Bauerntum (Bd. 1 Mittelalter + Bd. 2 Neuzeit), Weimar 1939/1940.
  • Der Dreißigjährige Krieg und das deutsche Volk. Untersuchungen zur Bevölkerungs- und Agrargeschichte, Jena 1940 (Stuttgart 41979). ISBN 3-437-50233-6
  • Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes in der Neuzeit (= Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe XI), Darmstadt 1963.
  • Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter (= Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe XXXI), Darmstadt 1967.
  • Deutsches Bauerntum im Mittelalter, Darmstadt 1976. ISBN 3-534-06405-4

Literatur

  • Wolfgang Behringer: Bauern-Franz und Rassen-Günther. Die politische Geschichte des Agrarhistorikers Günther Franz (1902-1992), in: Winfried Schulze und Otto G. Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, Frankfurt am Main 1999, S. 114-141. ISBN 3-596-14606-2
  • Julien Demade: The Medieval Countryside in German-Language Historiography since the 1930s, in: Isabel Alfonso (Hrsg.), The Rural History of Medieval European Societies. Trends and Perspectives, 2007, p. 173-252.
  • Harald Winkel: [Nachruf] Günther Franz (23.5.1902-22.7.1992), in: Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie (ZAA) Jg. 40, 1992, S. 259.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, S. 161.
  2. Zitat Ernst Klee, in: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Fischer Taschenbuch 2005, S. 161.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Franz Gsellmann — Die Weltmaschine des oststeirischen Bauern Franz Gsellmann ist eine im Zeitraum von 1958 bis 1981 erbaute Kunst Maschine, die in seinem ehemaligen Hof in Kaag (Gemeinde Edelsbach bei Feldbach) zu besichtigen ist. Gsellmann (1910–1981) hatte als… …   Deutsch Wikipedia

  • Franz II. Rákóczi — Fra …   Deutsch Wikipedia

  • Franz-Xaver Kroetz — (* 25. Februar 1946 in München) ist ein deutscher Regisseur, Schriftsteller, Theaterautor und Schauspieler. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Auszeichnungen und Ehrungen 3 Werke …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Dürnhardt — war während des bayerischen Volksaufstandes 1705 Bürgermeister von Braunau am Inn. Braunau am Inn gehörte bis 1779 zum bairischen Rentamt Burghausen. Erst durch den Frieden von Teschen kam das Innviertel zu Österreich. Im Dezember 1705 traf sich… …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Xaver Kroetz — (* 25. Februar 1946 in München) ist ein deutscher Regisseur, Schriftsteller, Theaterautor und Schauspieler. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Auszeichnungen und Ehrungen 3 Werke …   Deutsch Wikipedia

  • Franz von Roques — 1940 als Generalleutnant Franz von Roques (* 1. September 1877 in Treysa; † 7. August 1967 ebenda) war ein deutscher Offizier, zuletzt General der Infanterie im Zweiten Weltkrieg. Im …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Hänse — (* 28. April 1866 in Birkhausen; † 18. April 1949 ebendort) war ein deutscher Politiker (DNVP; CNBL). Leben und Wirken Franz Hänse wurde als Sohn eines selbständigen Landwirtes geboren. In seiner Jugend besuchte er die Volksschule …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Xaver Reitterer — Franz Xaver Reitterer, Pseudonym: Franz von Friedberg (* 21. September 1868 in Friedberg (Österreich); † 29. Juli 1932 in Budweis) war ein österreichischer Schriftsteller und Politiker. Er besuchte von 1881 bis 1887, gefördert durch die… …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Zell — Franz Anton Zell (* 28. Februar 1866 in München; † 10. August 1961 ebenda) war ein deutscher Architekt und Volkskundler. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 2.1 Bauten und Entwürfe (Auswahl) …   Deutsch Wikipedia

  • Franz I. (Clouet) — Franz I. Franz I., der Ritterkönig, französisch François Ier, le Roi Chevalier, (* 12. September 1494 auf der Burg Cognac; † 31. März 1547 in Rambouillet) wurde 1515 in der Kathedrale von Reims zum König von Frankreich gekrönt und regierte bis zu …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”