Versicherungspflicht im Sinne der deutschen Sozialversicherung

Versicherungspflicht im Sinne der deutschen Sozialversicherung

Die Versicherungspflicht im Sinne der deutschen Sozialversicherung bezeichnet den im Sozialgesetzbuch (SGB) normierten grundsätzlichen Versicherungszwang und das Zustandekommen der Versicherung kraft Gesetzes. Entsprechende Regelungen gibt es für alle Zweige der Sozialversicherung: Unfall-, Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung. Ein Antrag, ein Versicherungsvertrag oder eine besondere Entscheidung des zuständigen Versicherungsträgers ist für das Entstehen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen - abweichend von einer privaten Versicherung - Sozialversicherung nicht erforderlich. Sie entsteht unabhängig von einer Anmeldung (zum Beispiel durch den Arbeitgeber) oder von der Beitragszahlung (Ausnahme: Künstlersozialversicherung) kraft Gesetzes um 0:00 Uhr des Tages, an dem die Voraussetzungen erfüllt werden.

Inhaltsverzeichnis

Leistungsansprüche

Um Leistungen in der Rentenversicherung in Anspruch nehmen zu können, müssen Beiträge gezahlt worden sein. Hier ist einerseits die Dauer der Beitragszahlung für den Grundanspruch als auch für die Höhe des Leistungsanspruches ausschlaggebend. In den anderen Versicherungszweigen genügt lediglich das Vorliegen der Versicherungspflicht und der Eintritt des entsprechenden Versicherungsfalles, um Leistungsansprüche zu haben. Seit Inkrafttreten der Gesundheitsreform 2007 sind die Leistungsansprüche jedoch eingeschränkt, wenn die geschuldeten Beiträge nicht gezahlt sind (der Leistungsanspruch ruht kraft Gesetzes); nur noch bei akuten Erkrankungen tritt dann die gesetzliche Krankenkasse ein. Bei einigen Leistungen ist jedoch eine - u. U. von der Einhaltung von Fristen abhängige - Antragstellung erforderlich.

Rechtsgrundlagen

Wer fällt unter die Versicherungspflicht?

Zu den versicherungspflichtigen Personen zählen grundsätzlich:

  • alle Beschäftigten (Arbeitnehmer, Befreiung möglich), Auszubildenden, Praktikanten, Rentner, Studenten (Befreiung möglich), selbstständigen Landwirte sowie deren mitarbeitende Familienangehörige, Handwerker (Befreiung möglich) sowie Publizisten und Künstler,
  • bestimmte behinderte Menschen und
  • Bezieher von Arbeitslosengeld I oder II, Übergangsgeld oder bestimmter anderer Entgeltersatzleistungen
  • Personen, die zuletzt (irgendwann) gesetzlich krankenversichert waren und nicht privat versichert sind (z. B. Rückkehrer aus dem Ausland).

Der Kreis der pflichtversicherten Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung ist wesentlich weiter gefasst:

  • Kinder während des Besuchs von Kindergärten,
  • Schüler während des Besuchs von allgemein bildenden Schulen,
  • Studierende während des Besuchs von Hochschulen,
  • Pflegepersonen,
  • Helfer beim Bau eines steuerbegünstigten oder öffentlich geförderten Wohnraums,
  • Personen, die bei Unglücken oder gemeiner Gefahr (z.B. Katastrophen) Hilfe leisten oder einen anderen unter erheblicher eigener Gefahr retten oder die von Unternehmen oder im Zivilschutz zur Hilfeleistung bei Unglücksfällen unentgeltlich mitarbeiten,
  • Gefangene,
  • Rehabilitanden,
  • Ehrenbeamte und ehrenamtliche Richter
  • Blutspender, Organspender und Gewebespender
  • Zeugen
  • Personen, die von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung dies öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden (ausgenommen im Wehr- oder Zivildienst)
  • einige Selbstständige (z.B. im Hausgewerbe, in der Pflege, Küstenfischer)
  • Personen, die eine Person, die einer Straftat verdächtig ist, verfolgen oder festnehmen oder Nothilfe leisten
  • Deutsche, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, deutschen Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt sind
  • Entwicklungshelfer oder Personen, die sich hierauf vorbereiten oder im entwicklungspolitischen Dienst „weltwärts” mitwirken
  • Personen, die Tätigkeiten bei zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisationen ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht
  • Lehrer im Auslandsschuldienst

Die Versicherungspflichtigen stellen damit den größten Personenkreis in der deutschen Sozialversicherung.

Wer fällt nicht unter die Versicherungspflicht?

Die Ausnahmen von der Versicherungspflicht sind im jeweiligen Sozialgesetzbuch im Anschluss an die Regelungen zur Versicherungspflicht ausdrücklich geregelt (darüber hinaus gibt es keine Möglichkeiten, aus der Versicherungspflicht herauszufallen, wenn man dem Grunde nach zum versicherungspflichtigen Personenkreis zählt):

  • Ausschluss von der Versicherungspflicht,
  • Befreiung von der Versicherungspflicht auf Antrag, oder
  • Versicherungsfreiheit, d.h. keine Sozialversicherungspflicht.

Versicherungsfreiheit besteht für:

  • Selbstständige (z. B. Unternehmer, im Regelfall, ausgenommen Landwirte, Künstler und Handwerker [Ausnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung]),
  • Freiberufler (z. B. Ärzte, Rechtsanwälte [Ausnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung]), und
  • Beamte, Richter, Lehrer an Privatschulen, Mitglieder von geistlicher Genossenschaften, die kein oder nur ein geringes Entgelt beziehen (z.B. Mönche, Diakonissen) und Geistliche, sofern sie Ansprüche auf Beihilfe und Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall haben oder gleichartige Leistungen erhalten. Beamte und Richter (außer Richter kraft Auftrag) sind in der Rentenversicherung auch dann nicht versicherungspflichtig, wenn die letztgenannten Voraussetzungen nicht zutreffen.
  • Soldaten der Bundeswehr
  • geringfügig Beschäftigte („Minijob“)
  • ausländische Besatzungsangehörige deutscher Schiffe, die ihren Wohnsitz im Ausland haben (nur in der Krankenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung)
  • Mitglieder von Vorständen (nur in der Arbeitslosenversicherung und nur für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören)

In der Pflegeversicherung ist eine Befreiung nicht möglich und eine Versicherungsfreiheit nicht vorgesehen. Es gilt die Regel Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung: jeder Krankenversicherte (egal, ob privat oder gesetzlich), ist auch pflichtversichert in der Pflegeversicherung.

Siehe auch

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