Villa d’Este

Villa d’Este
Querachse mit Neptunbrunnen und Wasserorgel
Brunnen im Garten der Villa d’Este in Tivoli

Die Villa d’Este ist eine Villa mit Garten in dem Ort Tivoli, Region Latium nahe Rom in Italien.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte der Villa d’Este

Kardinal Ippolito II. d’Este (1509–72), Sohn der Lucrezia Borgia, wurde 1550 Statthalter von Tivoli. Als Palast wählte er ein ehemaliges Benediktinerkloster. Er hatte sogleich die Idee, einen Garten am abschüssigen Hang des Valle gaudente unterhalb seines Palastes anzulegen. Aber erst 1560 wurden seine architektonischen und ikonographischen Ideen Wirklichkeit. Den Entwurf fertigte der Maler, Architekt und Archäologe Pirro Ligorio aus Neapel, umgesetzt wurde er vom Hofarchitekten Alberto Galvani. Das ganze Tal wurde radikal umgestaltet. Man vergrößerte es und beseitigte einige Gebäude, um eine Ausrichtung in seiner Längsachse zu ermöglichen.

Auch die Räume des Palastes wurden reich ausgeschmückt, und zwar von den besten Künstlern des späten römischen Manierismus. Beteiligt waren Livio Agresti aus Forlì, Federico Zuccari, Durante Alberti, Girolamo Muziano, Cesare Nebbia and Antonio Tempesta. Als Kardinal Ippolito II. d’Este 1572 starb, waren die Arbeiten fast vollendet.

33 Jahre später, 1605, gab sein Nachfolger Kardinal Alessandro d’Este weitere Arbeiten in Auftrag. Zum einen setzte man die bestehenden Anlagen instand, zum anderen änderte man die Gesamtkonzeption der Gärten sehr weitreichend und erneuerte die Dekorationen der Brunnen. 1660 bis 1670 fanden dann nochmals Bauarbeiten statt, an denen auch Gianlorenzo Bernini beteiligt war.

Im Park der Villa d’Este von Carl Blechen (1830)

Im 18. Jahrhundert verfiel die Anlage, inzwischen im Besitz des Hauses Habsburg, weil nicht ausreichend für ihren Erhalt getan wurde. Die Gärten waren verlassen, die Brunnen gingen zu Bruch und die vor allem von Kardinal Ippolito II. d’Este ausgebaute Sammlung antiker Statuen wurde in alle Winde zerstreut. Der Verfall dauerte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts an. Erst Gustav-Adolf Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der eine Villa in enfiteusi von den Herzögen von Modena erhalten hatte, veranlasste 1851 eine Reihe von Arbeiten, um die Anlage vor dem endgültigen Verfall zu retten. Zwischen 1867 und 1882 erlangte die Villa noch einmal für einen kurzen Augenblick Bekanntheit in der Kulturwelt: der amtierende Kardinal hatte häufig den Komponisten Franz Liszt zu Gast, der in der Villa seine Giochi d’acqua komponierte und 1879 hier eines seiner letzten Konzerte gab.

Beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges ging die Villa in den Besitz des italienischen Staates über. In den 20er Jahren wurde sie umfangreich renoviert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Anlage 1944 Bombenschäden. Nach dem Krieg war daher erneut eine aufwändige Restaurierung notwendig. Seither gehen die Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten fast ununterbrochen weiter.

Beschreibung der Gärten

Die Gärten, ein Meisterwerk der Gartenkunst, erstrecken sich von der Villa aus einen Hang hinunter. Sie umfassen mehr als 500 Brunnen, Nymphäen, Wasserspiele, Grotten und Wasserbecken sowie eine Wasserorgel. Das natürliche Gefälle wurde kunstvoll zum Betrieb der enormen Anlage genutzt.

Der Garten besteht aus zwei Teilen unterschiedlichen Charakters.

Der Hanggarten zieht sich in einer Abfolge von Rampen, Treppen und Terrassen den Abhang hinunter. Die durch Nischenarchitektur markierte Mittelachse führt vom Palast abwärts zum Hauptgarten. Quer zum Hang gibt es lange Wege entlang linearer Brunnenanlagen (Allee der hundert Brunnen). An den Kopfenden sind besondere Brunnen zu finden (Fontana di Tivoli, Fontana di Roma).

Unterhalb liegt die imposante Querachse der Gärten längs des Hanges. Auf ihr liegen drei hintereinander gestaffelte Fischteiche. Das letzte Becken schneidet in den nordwestlichen Hang ein und wird von einer Doppelterrasse abgeschlossen, über der der imposante Neptunbrunnen mit Wasserorgel thront. Auf der Gegenseite ordnete Ligorio eine Exedra an, eine Art Aussichtspunkt, die aus der südwestlichen Gartenbegrenzung herausragt. Von dort aus genießt man einen weiten Blick über das Tal.

Der Hauptgarten (Gardino delle Semplici) ist etwas flacher. Laubengänge führen durch kleine Gärten; im manchen Beeten sollten ursprünglich Heilkräuter und Nutzpflanzen angebaut werden. In der Idealansicht von Étienne Dupérac 1573 erkennt man in diesem Teil der Gärten zwei Labyrinthe.

Die Brunnen der Villa d’Este

Allee der hundert Brunnen
  • Die Allee der hundert Brunnen im Hanggarten.
  • Der Ovato-Brunnen im Hanggarten. Er bildet das wichtigste Wasserreservoir der Anlage. Durch einen unterirdischen Kanal tritt hier ein Nebenarm des Flusses Aniene hervor und wird dann auf weitere Kanäle verteilt, die die Anlage speisen. Über dem Brunnen erhebt sich ein künstliches Gebirge, das von einer Pegasos-Statue beherrscht wird.
  • Die Fontana di Roma und die Rometta, eine Kulisse, die das alte Rom darstellt und die um 1855 zum größten Teil abgebrochen wurde, bilden den Gegenpol zum Tivolibrunnen. Die Kunst der Bewässerung wird hier symbolisch als Grundvoraussetzung für die kulturelle Blüte Roms dargestellt.
  • Der imposante Neptunbrunnen mit dem darüber liegenden Orgelbrunnen auf der Querachse. Zu dem letzten gehörte einst eine wasserbetriebene Wasserorgel, die Ende des 18. Jahrhunderts verloren ging. Sie wurde in jüngerer Zeit nach dem Vorbild des alten pneumatisch-hydraulischen Funktionsprinzips wieder instand gesetzt.

Einordnung in Kunst- und Architekturgeschichte

Stich von Étienne Dupérac (1560–1575)

Die Villa d’Este ist ein Hauptwerk der italienischen Gartenkunst der Renaissance. Auf einem Stich von Étienne Dupérac erkennt man die typische geometrische Gliederung der Gärten. Auch die antiken Statuen sind noch der Renaissance zuzuordnen. Schon als manieristisch gelten die vielen mythologischen Bezüge, z. B. bei der Rometta. Typisch barock hinwiederum sind die Blickachsen der Alleen und Wege. Die Gärten waren Vorbild für viele Gärten im Zeitalter von Manierismus und Barock.

Eintrag als Weltkulturerbe in die Liste der UNESCO

Die Villa ist seit dem Jahr 2001 als Weltkulturerbe bei der UNESCO eingetragen. Als Gründe führt die UNESCO an:[1]

  • Die Villa d’Este ist eines der herausragendsten Beispiele der Renaissancekultur.
  • Die Gestaltung der Gärten der Villa d’Este hatte einen massiven Einfluss auf die Entwicklung der Gartenarchitektur in Europa.
  • Die Prinzipien der Gestaltung und Ästhetik der Renaissance werden in außerordentlicher Weise durch die Gärten der Villa d’Este illustriert.
  • Die Gärten sind die ersten der giardini delle meraviglie und symbolisieren die Blüte der Renaissance-Kultur.

Literatur

  • Isabella Barisi: Villa d’Este. De Luca, Roma 2003, ISBN 88-8016-515-1.
  • Carl Lamb: Die Villa d’Este in Tivoli. Ein Beitrag zur Geschichte der Gartenkunst. Prestel, München 1966.

Weblinks

 Commons: Villa d’Este – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. UNESCO-Liste Weltkulturerbe

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