Vinzenz Prießnitz

Vinzenz Prießnitz
Vincenz Prießnitz

Vincenz Prießnitz, gelegentlich auch Vincenz Prisnitz oder Vincenz Prißnitz, (* 4. Oktober 1799 in Gräfenberg bei Freiwaldau; † 28. November 1851 ebenda) war Landwirt und autodidaktischer Naturheiler aus Österreichisch Schlesien. Er gilt (nach den "Wasserhähnen" Siegmund Hahn und Johann Siegmund Hahn) als Erneuerer der Kaltwasserkur in Österreich und Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Vincenz Prießnitz war das jüngste von sechs Kindern des Landwirts Franz Prießnitz und dessen Ehefrau Theresia Kappel. Da der Vater erblindete und der älteste Bruder früh starb, musste Prießnitz schon nach kurzer Zeit die Schule verlassen und auf dem elterlichen Hof mitarbeiten. Er konnte weder lesen noch schreiben, war also Analphabet. Als Prießnitz mit 17 Jahren vom Pferd fiel und sich zwei Rippen brach - was ohne Fixierung zur lebensgefährlichen Verletzung innerer Organe hätte führen können - half er sich, indem er die verletzten Rippen mit einem in kaltes Wasser getauchten Umschlag fixierte und darüber mehrere eng anliegende Tücher band. Dies war die Geburtsstunde des Prießnitz-Umschlages. Die Rippen verheilten, und sehr schnell hatte der junge Prießnitz im weiten Umkreis den Ruf, ein "Wasserdoktor" zu sein.

1828 heiratete Prießnitz Sophie, eine Tochter des Gemeindevorstehers von Böhmischdorf bei Freiwaldau. Mit ihr hatte er einen Sohn und sechs Töchter. Seine Wasserkuren verhinderten nicht, dass er 1848 einen Schlaganfall erlitt und danach laut ADB an "Leberschrumpfung und Wassersucht" litt. Im Alter von 52 Jahren starb Vincenz Prießnitz am 28. November 1851 in Gräfenberg. Das von ihm hinterlassene Vermögen wurde auf stattliche 10 Millionen Gulden geschätzt. Da sein Sohn zum Zeitpunkt seines Todes noch ein Kind war, wurde die Wasserheilanstalt von einem Schwiegersohn übernommen.

Wirken

Im Jahr 1826 kamen die ersten Kranken von außerhalb zu Prießnitz. Er richtete ein Badehaus ein, in dem er mit Wasser behandelte, wurde aber 1829 von mehreren Ärzten als Kurpfuscher angeklagt. Der Prozess endete mit einem Freispruch für Prießnitz, da er nicht mit Medikamenten, sondern ausschließlich mit Wasser therapierte. 1830 bekam er die Genehmigung der österreichischen Regierung zur Errichtung und Führung einer Kaltwasser-Heilanstalt. Im Badehaus wurde eine riesige Wanne von zehn Meter Durchmesser installiert, in der die Patienten auch schwimmen konnten. Außerdem enthielt es einen Brunnen. Bereits 1832 wurde ein zweites Anstaltsgebäude gebaut mit 18 Zimmern und einem Saal. Insgesamt konnten in der Heilanstalt gleichzeitig etwa 100 Kranke untergebracht werden. Bis zu seinem Tod behandelte der "Wasserdoktor" hier etwa 36.000 Patienten. Bis heute existiert die von ihm gegründete Kuranstalt in Bad Gräfenberg (Lázně Jeseník).

Prießnitz entwickelte keine neue Theorie der Schulmedizin, machte aber mit seinen Wasserkuren und Luftbädern die Hydrotherapie populär. Innere Krankheiten führte er auf "schlechte Säfte" zurück, die aus dem Körper herausgebracht werden müssten. Er wandte kaltes Wasser und kalte Kompressen bei den verschiedensten Krankheiten an, verordnete aber auch Bewegung und Diät (Wasser, Milch und kalte ungewürzte Speisen). Außerdem setzte er auf Abhärtung, vorzugsweise durch eiskaltes Duschen, wobei sich das Wasser aus einer Höhe von mehreren Metern auf die Patienten ergoss. Weitere Behandlungselemente waren die Trinkkur, Klistiere, Bäder sowie eine Schwitzkur.

Er veröffentlichte nichts, diktierte aber 1847 seiner Tochter Hedwig das Vinzenz Prießnitz'sche Familien Wasserbuch, das bis heute im Institut für Geschichte der Medizin der Universität Wien aufbewahrt wird.

1846 wurde Prießnitz im Namen des österreichischen Kaisers die große goldene Verdienstmedaille für seine Leistungen verliehen. Im Stadtpark von Jeseník und im Türkenschanzpark in Wien erinnern bis heute Denkmäler an Vincenz Prießnitz.

Seit 1960 verleiht die Deutsche Heilpraktikerschaft eine Prießnitz-Medaille.

Trivia

Prießnitz hat Eingang in die polnische Sprache gefunden, in der er durch sein Tun verewigt wurde. So heißt Dusche auf Polnisch Prysznic, eine polonisierte Form seines deutschen Familiennamens.

Literatur

  • Jürgen Helfricht: Vincenz Prießnitz (1799-1851) und die Rezeption seiner Hydrotherapie bis 1918. Ein Beitrag zur Geschichte der Naturheilbewegung. Matthiesen Verlag, Husum 2006, ISBN 3-7868-4105-5
  • Erich Herrmann: Die Methode des Vinzenz Prießnitz und ihre Bedeutung für seine Zeit und der Gegenwart. Dissertation, Universität Erlangen 1936
  • Wilhelm Herrmann: Neueste Erfahrungen über die Heilkraft des kalten Wassers. Hennings, Neisse 1835
  • Horst Prignitz: Wasserkur und Badelust. Eine Badereise in die Vergangenheit. Koehler und Amelang, Leipzig 1986, ISBN 3-7338-0011-7
  • Heinz Röhrich: Vinzenz Prießnitz'sche Kaltwasserkuranstalt in Gräfenberg. In: Mährisch-Schlesische Heimat, 14.1969, S. 276-290
  • Bohumila Tinzova: Vinzenz Prießnitz (1799–1851). Almanach k 200. výrocí narození. Priessnitzovy Lécebné Lázne, Jesenik 1999
  • Hugo Scholz: Heilendes Wasser. Lebensroman des „Wasserdoktors“ Vinzenz Priessnitz, Leopold Stocker Verlag, Graz und Stuttgart 1978, ISBN 3-7020-0324-X

Siehe auch

Weblinks


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