Volksanwalt

Volksanwalt
Sitz der Volksanwaltschaft im Palais Rottal

Die aus drei Mitgliedern bestehende Volksanwaltschaft in Österreich ist zum einen als Verwaltungsorgan zur Kontrolle der öffentlichen Verwaltung eingerichtet. Zum anderen agiert sie als Ombudsmann für jene Bürger, die sich durch Organe der Verwaltung ungerecht behandelt fühlen und die alle Rechtsmittel ausgeschöpft haben.

Es gibt, eingeführt probeweise 1977 und in der Bundesverfassung verankert seit 1981, drei Bundesvolksanwälte, die jeweils auf sechs Jahre bestellt werden und in dieser Zeit auch nicht abgesetzt werden können.

Volksanwalt ist in Österreich ein sehr angesehenes Amt, das protokollarisch über dem eines Staatssekretärs steht.


Inhaltsverzeichnis

Beschreibung der Tätigkeit

Die Mitglieder der Volksanwaltschaft sind weisungsfrei und können Missstände in der Verwaltung nur aufzeigen. Betroffen sind alle Behörden der Bundes-, Landes und Gemeindeveverwaltung. Dazu zählen auch die Selbstverwaltungsträger wie die Sozialversicherungsträger und die im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung betriebenen Bereiche (z.B. Wohnbauträger).

Die Behörden sind zur Amtshilfe verpflichtet, jedoch können die Volksanwälte nach Abschluss des Prüfungsverfahrens den Behörden keine Weisungen erteilen, sondern nur Empfehlungen aussprechen. Allerdings sind die Organe bei Nichtbeachtung dieser Empfehlungen verpflichtet, dies schriftlich zu begründen.

In laufende Verwaltungsverfahren oder Gerichtsverfahren kann die Volksanwaltschaft nicht eingreifen.

Kritik kommt von der Volksanwaltschaft selbst, dass durch laufende Ausgliederung verschiedener Stellen, die früher im Kontrollbereich der Anwaltschaft waren, dieser entzogen werden.

Volksanwaltschaft und ORF

Über Fälle, die von besonderem Interesse für die Öffentlichkeit sind, berichtete der ORF in verschiedenen Sendungen, bei denen im Laufe der Zeit sowohl der Titel als auch die Moderatoren verändert wurden.

Bis 1992 wurde die Sendung "Ein Fall für den Volksanwalt" ausgestrahlt, die aber durch in einer Folge offen ausgetragenen Meinungsverschiedenheit zwischen Volksanwalt Herbert Kohlmaier und dem Moderator Hans Paul Strobl ein abruptes Ende fand.

Danach wurden nur mehr vereinzelt Fälle der Volksanwaltschaft in der von Walter Schiejok moderierten Sendung "Konflikte" behandelt.

Erst im Jahre 2002 wurde mit der Sendung "Bürgeranwalt" die Zusammenarbeit mit dem ORF unter dem Moderator und Redakteur Peter Resetarits wieder intensiviert. Dies war mit ein Grund dafür, dass die Anfragen und Beschwerden bei der Volksanwaltschaft in den letzten Jahren wieder stark zugenommen haben.

Vorgang der Besetzung

Die Kandidaten für die Volksanwaltschaft werden von den drei mandatsstärksten Parteien im Nationalrat nominiert, anschließend vom Hauptausschuss vorgeschlagen und schließlich im Plenum gewählt [1] [2]. Dabei ist implizit angenommen, dass es im Parlament drei eindeutige mandatsstärkste Parteien gibt. Der Fall, dass zwei Parteien ex aequo drittstärkste sind, ist nicht ausdrücklich geregelt, was 2007 zum unten beschriebenen Konflikt führte (auch der denkmögliche Fall, dass nur zwei Parteien im Parlament vertreten sind, ist nicht geregelt).

Der Konflikt um den dritten Volksanwalt 2007

Aufgrund des Mandatsgleichstandes der dritt- und viertstärksten Partei kam es im Vorfeld der Wahl zu einem Konflikt um das Nominierungsrecht für den dritten Volksanwalt.

Als nach Stimmen drittstärkste Kraft beanspruchten die Grünen das alleinige Recht und nominierten Terezija Stoisits. Die nach Stimmen viertstärkste, nach Mandaten aber gleichermaßen drittstärkste Partei FPÖ beanspruchte das Recht, ebenfalls einen Kandidaten zu nominieren. Beide Positionen fanden die Unterstützung namhafter Juristen.

Nachdem in der Präsidiale des Parlamentes keine einvernehmliche Lösung gefunden werden konnte, beauftragte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer den Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Auf Basis dieses Gutachtens entschied sie, eine Nominierung durch die nach Stimmen viertstärkste Partei nicht zuzulassen. Unter Berufung auf die unterschiedliche Rechtsmeinung dreier Verfassungsjuristen sprach die FPÖ in der Folge von Verfassungsbruch[3][4] und blieb der Wahl der Volksanwälte in der Nationalratssitzung vom 5. Juni 2007 unter Protest fern. Die dagegen von der FPÖ eingebrachte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde von diesem mit Beschluss vom 27. September 2007, Zl. B 1174/07-11, zurückgewiesen. Begründet wurde diese formelle Entscheidung damit, dass die Nichtzulassung des FPÖ-Vorschlages keinen vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpfbaren Bescheid einer Verwaltungsbehörde darstelle.

Regionale Parallelen

Die meisten Bundesländer haben sich der Bundesvolksanwaltschaft angeschlossen, nur Tirol und Vorarlberg haben einen eigenen Landesvolksanwalt.

Im Wiener Pflegebereich nimmt der von der ehemaligen Stadträtin Elisabeth Pittermann eingesetzte Pflegeombudsmann Werner Vogt ähnliche Aufgaben wahr (2006).

Kritik

Die Volksanwälte waren meist selbst vorher bereits in der Bundespolitik. Kritiker sehen darin immer wieder Versorgungsposten. Befürworter betrachten die politische Erfahrung der Volksanwälte als Vorteil.

Amtierende Volksanwälte

Am 5. Juni 2007 wurden die Volksanwälte für die am 1. Juli 2007 beginnende Funktionsperiode gewählt. Es sind dies:

Landesvolksanwälte sind derzeit:

  • in Tirol: Josef Hauser, seit 2004
  • in Vorarlberg: Felix Dünser, seit 1997

Ehemalige Bundesvolksanwälte



Albanien

In Albanien wurde das Amt des Volksanwalts mit der Verfassung von 1998 eingeführt.

Einzelnachweise

  1. http://www.diepresse.com/home/politik/innenpolitik/295229/index.do
  2. Bundesverfassung, die Wahl regelt §148, Buchstabe g [1]
  3. http://derstandard.at/?url=/?id=2872409
  4. Presseaussendung der FPÖ zum Thema [2]


Weblinks


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