Volksweise

Volksweise

Ein Volkslied ist ein Lied, das im Volksmund entstanden oder in ihn übergegangen ist. Nach Hugo Riemann heißt ein Volkslied „… entweder ein Lied, das im Volke entstanden ist (das heißt dessen Dichter und Komponist nicht mehr bekannt sind), oder eins, das in den Volksmund übergegangen ist, oder endlich eins, das ‚volksmäßig‘, das heißt schlicht und leicht fasslich in Melodie und Harmonie komponiert ist.“ [1] Nach Alfred Götze ist ein Volkslied ein Lied, das „… im Gesang der Unterschicht eines Kulturvolks in längerer gedächtnismäßiger Überlieferung und in ihrem Stil derart eingebürgert ist oder war, dass, wer es singt, vom individuellen Anrecht eines Urhebers an Wort und Weise nichts empfindet.“ [2]

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Im Laufe der Sammlung und der Erforschung von Volksliedern wurden folgende Merkmale von Volksliedern (englisch traditional) herausgestellt:

  • Wesentlichstes Merkmal von Volksliedern ist die weite und aktive Verbreitung im Volk.
  • Sie unterliegen oft einem langen Prozess mündlicher Tradierung.
  • Sie unterliegen starken Änderungen hinsichtlich Form und Gestalt und erfahren kulturell oder regional typische Ausprägungen. So existieren Varianten der Texte wie der Melodie.
  • Früher wurde hinter den Volksliedern ein „schöpferisches Kollektiv“ vermutet, neuere Forschungen deuten jedoch darauf hin, dass Volkslieder eher einen Urheber haben. Trotzdem sind Volkslieder eine Sache der Gemeinschaft; das Umsingen, unvermeidliche Folge der mündlichen Tradierung, macht das Lied zu einer individuellen Angelegenheit des Singenden. Die Schöpferfrage ist also sekundär; es existiert kein emphatischer Werkbegriff wie in der Kunstmusik.

Bedeutung

Volkslieder deuten überwiegend auf konkrete, sich wiederholende oder alltägliche Situationen oder Zustände des Lebens. Dabei kann sich der Ausdruck von der „gewöhnlichen und rauen Wirklichkeit“ entfernen und sich in einer idealisierten oder realitätsfernen Art und Form zeigen (z. B. in dem Idyll nahen Naturbildern oder in Liebestragiken zwischen Prinz und Prinzessin). Volkslieder können somit diverse Funktionen erfüllen – etwa in Form des Arbeitsliedes (die Arbeit begleitend) oder Ständeliedes (Arbeitsbereiche oder Berufe charakterisierend) oder Hochzeitsliedes (etwa Braut und Bräutigam beglückwünschend oder auf den ‚heiligen Bund‘ moralisch hinweisend).

Die zahlreichen ‚Gattungen‘ spiegeln in etwa das inhaltliche und thematische Spektrum: Liebes-, Hochzeits-, Trink-, Kinder-, Wiegen-, Arbeits-, Tanz-, Arbeiter-, Soldaten-, Studenten-, Seemanns-, berufsständische, an religiösen Festen orientierte, Heimat-, Wander-, Morgen-, Abend-, Jahreszeiten-, Abschiedslieder, Spaß- und Scherzlieder.

Begriffliche Schwierigkeit – Volksmusik als historischer Begriff

Eine eindeutige, klar abzugrenzende Fassung des Begriffes „Volksmusik/Volkslied“ ist schwierig; gerade in der jüngeren Geschichte wird das im Grunde unmöglich. Heutzutage ist Volksmusik in vielen Regionen ein eher historischer Begriff und kann kaum noch als gegenwärtige Musikpraxis gelten. Eine gewisse Ausnahmestellung nimmt dabei z. B. der süddeutsche und alpenländische Raum ein.

Der gegenwärtig in vielen Medien verbreitete Begriff von „Volksmusik“ gilt im Grunde nur noch als Sparte der Musikindustrie und Medienwelt und zeigt irreale häusliche und ländliche Idyllen auf Ton- und Bildträgern sowie im Fernsehen. Die so medial vermittelten, choreographierten und überstilisierten Darbietungen lassen sich nur schwer von anderen medial vermittelten Musiksparten stichhaltig unterscheiden. Ansatzpunkte für Unterscheidungen wären höchstens, dass verschiedene Zielgruppen (potentielle Konsumenten) anvisiert werden und sich verschiedene optische und „soundmäßige“ Merkmale zeigen. Gerade im letzteren Fall verwischen aber die Grenzen zwischen dem, was gemeinhin als „Volksmusik“, „Schlager“, „Pop“ und „Rock“ gilt, schon gewaltig. Das gilt dann freilich genauso für die via AV-Medien vermittelte „Volksmusik“ anderer Länder, wofür die noch jüngere markttechnische Bezeichnung „Weltmusik“ gefunden wurde – hier wohnt die Indifferenz schon im Begriff selbst.

Oft ist „das Volk“ nicht mehr Trägerschaft dieser Musik, sondern Konsument. Die klingende Musik selbst ist fixiert auf Ton- und Bildträgern und fordert keine unmittelbare Interaktion, hebt also nicht auf eine bewusste Musizier- und Zuhörsituation ab. Sie ist im Studio zusammenmontiert und darauf jederzeit und jederorts verfügbar (spätestens seit dem „Walkman“). Auch stellen spätestens mit der Verfügbarkeit aller möglichen ‚Musiken’ auf AV-Medien innerkulturelle Codes, Herkunft einer Musik, verschiedene Stilistiken, verwendete Tonsysteme, Klänge, Texte, die oft anders verstanden werden, längst keine Hindernisse mehr für die – passive – Rezeption dar.

Es gibt aber auch Rundfunk- und Fernsehsendungen insbesondere im süddeutschen Raum, welche versuchen, aufzuzeigen, dass traditionelle Volksmusik auch heute lebt, etwa Mei liabste Weis.

Wichtig ist, anzumerken, dass Volksmusik ein Sammelbegriff ist, der nicht auf eine konkrete Musikform, sondern auf eine Musikpraxis innerhalb bestimmter gesellschaftlicher Kontexte weist. Auch kann kaum von abgrenzbaren Stilistiken innerhalb der Volksmusik gesprochen werden, sondern eher von Typiken, da Volksmusik keinen diskurshaften Normierungen und keiner schriftlichen Fixierung unterliegt.

Historisch-Soziologische Typologie

Mit Volksmusik, historisch betrachtet also „des Volkes Musik“, werden Musikpraxen bezeichnet, welche sich als dem Volk – der Majorität der Bevölkerung – zugehörig ausweisen. Tatsächlich bietet sich zur weiteren Fassung von Volksmusik, und damit zur Differenzierung von anderen Musiksphären, ein Herangehen unter soziologischen Gesichtspunkten an. Denn: Präzise musikalische Merkmale oder gar Gattungen von Volksmusik, die übergreifend gültig wären, lassen sich kaum festschreiben. Um dies zu tun müsste eine Beschränkung auf eine bestimmte Region sowie einen bestimmten Zeitraum vorliegen. Grob lässt sich jedoch festhalten, dass, wie auch in der Kunstmusik, Vokal- und Instrumentalmusik als auch instrumental begleitete Vokalmusik zu finden ist oder war. Dasselbe gilt für Einstimmigkeit und Mehrstimmigkeit, Homophonie und Polyphonie.

‚Des Volkes Musik’ besagt weiterhin, dass es sich um eine ‚Musiksphäre’ handeln muss, die aus dem Volk heraus entsteht und damit ohne tiefere musikalische Bildung auskommt. Ferner ist von ihr kaum künstlerischer Fortschritt zu erwarten, da sie für die Gemeinschaft verständlich bleiben muss. Das heißt jedoch nicht, dass es sich nicht um Kunst handelt.

Daher, dass Volksmusik von den Ausübenden nicht als alleinige Profession betrieben wird und werden kann, ist eine Ausweitung der musikalischen Sprache – etwa im Sinne eines individualisierten Kunstausdrucks – kaum möglich und rückt gar nicht ins Bewusstsein der Ausübenden. Volksmusik ist eine Sache mündlich überlieferter Tradition, die selbstverständlich innerkulturellen Codes folgt dabei keinen ästhetischen Diskurs über ihre jeweiligen Zustände führt. Die Kunstmusik sowie die kirchlich gebundene Musik standen und stehen dagegen stets in einer Diskussion ihrer selbst und haben sich eine ästhetische und musiktheoretische Wissenschaft vorangestellt; sich also fortwährenden Reflexionen ausgesetzt. Wie andarbeiten mit den verschiedensten Materialien, ist Volksmusik Volkskunst (Folklore) und den betreffenden Menschen ein Bedürfnis, das über einen rein praktischen Zweck hinausreicht.

Eine Autonomisierung der Kunst findet jedoch nicht statt. Der ausschließlich der Musikschöpfung sich zuwendende und fundiert ausgebildete Künstler spricht die gebildete, zumeist auch musikalisch gebildete, Bevölkerungsminorität des Adels, des Hofes und des Bürgertums an und ist erst ab der Frühen Neuzeit auszumachen. .[3]Hier ist ein wesentlicher Unterschied zwischen den ‚Sphären’ der Kunstmusik mit ihren professionellen Komponisten und ausführenden Ensembles und der dagegen eher laienhaften Volksmusik festzustellen: Erstere ist fast ausschließlich Aufführungssituationen verpflichtet – also einer strikten Trennung in Publikum und Ausführende. Die Volksmusik lebt dagegen wesentlich von gegenseitiger Interaktion.

Schöpferfrage

Auf die Frage, wer „die“ Volksmusik schöpft, ist keine endgültige Antwort möglich. Dadurch, dass Volksmusik durch fortwährende mündliche und über das Gehör bewerkstelligte Nachahmung lebt, befindet sie sich in einem steten Schöpfungszustand. Die tatsächliche Ursprungsfrage ist nicht wichtig. Wesentlich ist die Aufnahme, Weiterverbreitung und damit die Enkulturation, die Einbettung in den, eine jeweilige Gemeinschaft betreffenden, kulturellen Code. (Braun, Volksmusik). Dabei kann eine Ursprungsmelodie durchaus eine aus der Musik des Bürgertums sein, z. B. eine einprägsame Operettenmelodie. Béla Bartók hat so etwas bei seinen äußerst ausgedehnten Forschungen über das ungarische Volkslied festgestellt (Bartók, Das Ungarische Volkslied, 1926). Er spricht hier von Nachahmungstrieben, die einem sehnsüchtigen Aufschauen zur Kultur gesellschaftlich höher stehender Klassen zuzuschreiben sei.

Innermusikalische Merkmale und Musikpraxis

In ihren innermusikalischen Merkmalen lässt sich das Volkslied als Substrat oder bewahrte Urform des Kunstliedes betrachten. Für die Bezeichnung Substrat spricht der o. g. Anstoß durch die Kunstmusik. Für die Bezeichnung Urform spricht, dass das Volkslied zumeist in seiner tonalen Sprache und Formgebung ein Stadium zeigt, das die Kunstmusik zu einem jeweiligen Zeitpunkt bereits überdauert hat. Dies zeigt sich etwa in Skalen geringen Tonvorrates (Pentatonik oder geringer); v. a. in Liedern ein geringer Ambitus; simple Melodiezeilenform oder gar eine, in metrisch/ rhythmischer Hinsicht, freie Gestaltung. Bei alledem bleibt sie ihrer eigenen Art und Weise – wiederum regional und zeitlich verschieden –, das heißt kennzeichnenden Spiel- und Singweise, verbunden.

Das Volkslied lässt sich dahingehend zum Kunstlied abgrenzen, dass eine unikate Text-Musik-Bindung nicht zwingend ist. Feldforschungen von Musikethnologen wie auch Aufzeichnungen von Komponisten haben erwiesen, dass bereits gehörte Melodien mit verschiedenen Texten auftauchen, die auch thematisch grundverschieden sein können. Ebenso sind die Singgewohnheiten situationsabhängig, abhängig vom jeweiligen Vermögen des Sängers/-in. Auch das Formempfinden weicht von dem ab, was wir als durchkomponierten Kunstliedvortrag kennen. Der Vortrag eines Liedes kann bereits beim unmittelbar wiederholten Singen stark von der „ersten Version“ abweichen, bleibt im Sinne des Vortragenden aber dasselbe Lied.[4] Andererseits werden auch bloße Perspektivenwechsel in der Erzählstruktur eines Liedes (-textes), bei nahezu gleichbleibendem musikalischen Material und musikalischer Formung vom Vortragenden mitunter als verschiedene Lieder angesehen .[5]. Auch ein ‚Umsingen’, den stimmlichen Möglichkeiten eines Sängers/-in entsprechend, ist vielfach beobachtet worden (Oktavversetzung, wenn ein Ton in Höhe oder Tiefe nicht erreicht wird).

Auch gegenseitige Beeinflussungen durch benachbarte Volksgemeinschaften, Emigration etc. sind auszumachen. Innerhalb Europas lassen sich Parallelen in der Musik geographisch entfernt liegender Völker feststellen. Das betrifft vor allem tonräumliche und formale Gestaltungsweisen.[6] [7]

Nationale und staatengebundene Besitzansprüche an Volksmusik, gar mit qualitativen Hervorhebungen oder Reinheitsansprüchen sind somit absurd. Die unten erwähnte Wanderung einer Melodie durch verschiedene Regionen und ihre Wandelungen vom Volkslied zum Thema eines Streichquartettsatzes von Haydn und weiter zur deutschen Nationalhymne ist beredtes Beispiel dafür.

Die Forschung: Kurzer geschichtlicher Blick

Dass uns historische Volksmusik überhaupt zugänglich ist, also dass überhaupt darüber geredet werden kann, ist vor allem der Musikethnologie zu verdanken. Dieser Strang der Musikwissenschaft ist noch relativ jung und fand seine erste Blütezeit um die Wende vom 19. zum 20. Jh.. Forscher wie Béla Vikar, Zoltán Kodály, Béla Bartók, Erich von Hornbostel, Constantin Brăiloiu, um nur einige zu nennen, waren die ersten, welche mit wissenschaftlichem Anspruch bemüht waren, Musik dem Volk direkt ‚abzulauschen’. Dafür standen ihnen bereits auch technische Möglichkeiten, wie etwa der Edison-Phonograph (nach Thomas Alva Edison), zur Verfügung. Aber auch viele Komponisten fertigten Aufzeichnungen direkt im Volke an. Man weiß das z. B. von Modest Mussorgsky, Ralph Vaughan Williams, Nikolai Rimski-Korsakow oder Percy Grainger. Was uns dann vorliegt ist freilich ein Notentext, der eine zugehörige Musikpraxis nur noch erahnen lässt; bestenfalls können ethnologische Erläuterungen das ganze anreichern.

Aus der früheren Geschichte lässt sich nur sehr bruchstückhaft auf die jeweilige Volksmusik schließen. Aus nachvollziehbaren Gründen sind Aufzeichnungen rar: im Volk hat es keiner gemacht und unter Gelehrten bestand wohl kaum ein Interesse. Man kann aber annehmen, dass v.a. im Mittelalter die Grenzen zwischen Volksmusik und „Hochkultur“, was im wesentlichen die kirchliche Musik war, auch noch recht fließend waren. So wurde z. B. wohl immer auch ein Teil der im kirchlichen Rahmen gehörten Musik sozusagen ‚mit nach draussen’ genommen und dann frei – und vor allem volkssprachlich – umtextiert, umgesungen. Und das auch in frecher und verhöhnender Weise. So ist uns sogar auch einiges, wenn zumeist auch „nur“ Texte, in Quellen wie dem Lochamer-Liederbuch, der Jenaer Liederhandschrift oder den Carmina Burana erhalten geblieben. Was die Musikpraxis angeht, kann man jedoch nur aus bildlichen Darstellungen Schlüsse ziehen, vor allem auf die Verwendung von Instrumenten, die aus der liturgischen Musikpraxis weitgehend ausgeschlossen waren (insbesondere Blasinstrumente). Recht berühmt ist auch der Reisebericht des Giraldus Cambrensis (1147–1223), der von volksläufigen Musizierpraxen in Irland und Wales erzählt.

Das deutsche Volkslied, die Romantik und das 20. Jahrhundert

Hauptartikel: Deutsches Volkslied

Deutschlandlied

Manchmal gehen die Volkslied-Melodien auch in andere Musikgattungen über. So wird aus dem alt- böhmischen Prozessionslied „Ubi est spes mea?“ (deutsch: Wo ist meine Hoffnung?) zunächst im 16. Jahrhundert der Choral „Mein lieber Herr ich preise dich!“. Gut 200 Jahre später, 1797, formt Joseph Haydn hieraus die Melodie zur österreichischen Kaiserhymne „Gott erhalte Franz, den Kaiser“. Haydn selbst löst diese Melodie wieder vom Text und macht sie zum Zentrum des „Kaiserquartetts“ (op. 76 Nr. 3). Ferner taucht die Melodie in Varianten und mit wechselndem Text im kroatischen Raum als Volkslied auf. Ob es hier Wechselbeziehungen zwischen Haydn und der Volksmelodie gab - und wenn ja, welcher Art sie waren - ist unklar. 1841 dichtet Hoffmann von Fallersleben zu Haydns Melodie die Verse des „Deutschlandliedes“. Seit 1922 wird es offiziell als deutsche Nationalhymne verwendet. Aus dem alten böhmischen Prozessionslied heraus hat sich ebenfalls der weit bekannte deutsche Kanon „O wie wohl ist mir am Abend“ entwickelt.[8]

Volksliedforscher und Volksliedkompilatoren

Volksliedsammlungen

Mit Herder begann auch das sogenannte „zweite Dasein“ des Volksliedes, das nun in Volksliedsammlungen niedergeschrieben und damit kodifiziert wurde. Diese überwiegend Texte ohne musikalische Notation wiedergebenden Sammlungen können heute v.a. literatur- und gesellschaftswissenschaftliche Interessen bedienen, aber genauso als Quelle der Volksmusikpflege gelten. Die ersten Volksliedsammlungen entsprachen der romantischen Idealisierung. Erst im 20. Jahrhundert wurde damit begonnen, die Sammlung von Volksliedern auf Grund wissenschaftlicher Kriterien anzulegen.

Deutsche Volkslieder sammelt seit 1914 das Deutsche Volksliedarchiv an der Universität Freiburg. Das Österreichische Volksliedwerk ist seit 1904 für die Sammlung Forschung und Vermittlung von Volksliedern zuständig.

Der Volksliedforscher Ernst Klusen sammelte niederrheinische Volkslieder. Seit 1949 sammelte Sepp Gregor europäische und außereuropäische Lieder aus Ländern, in denen europäische Sprachen gesprochen werden. Nach seinem Tode hat diese Aufgabe die Gesellschaft der Klingenden Brücke e. V. in Bonn übernommen.[9]

Volkslieder und Volksliedtitel

Zum einen wurde oben festgestellt, dass es eine unikate Text-Musik-Bindung bei Volksliedern eigentlich nicht gibt. Zum anderen kann man aber in etwa seit dem 19. Jahrhundert auf einen gewissermaßen 'gefestigten' Volkslied-"Stamm" verweisen, der sich in den gedruckten Liedersammlungen repräsentiert. Aber auch hier gibt es Schwierigkeiten. Einerseits was den Text angeht, andererseits - daraus resultierend - welchen Titel das Lied nun trägt. Dazu kommt, dass einzelne Lieder eigentlich oft dialekt-gebunden sind und für die Verbreitung im Druck ins Hochdeutsche, bzw. andere Hochsprachen, übersetzt wurden.
In guten, moderneren Liedersammlungen kann man es beobachten: Volkslieder haben häufig keinen festen Titel. Sehr oft wird der Liedtitel aus dem Beginn des ersten Verses gebildet; z. B.: "Jetzt kommen die lustigen Tage". Das Lied mit dem Beginn "Ich weiß nicht, was soll es bedeuten" ist hingegen mit diesem ersten Vers als Titel sowie als "Die Lorelei" bekannt. Eine gute Liedersammlung weist daher zwei Inhaltsverzeichnisse aus: Eines nach Liedanfängen und eines nach Titeln. Liedanfang und Titel können sich decken, müssen dies aber nicht.

Einzelne Sammlungen

Sonstiges

Fußnoten

  1. Hugo Riemann, Musiklexikon., 1916
  2. Alfred Götze, Das deutsche Volkslied.1929
  3. Kurt Blaukopf, Einführung in die Musiksoziologie
  4. Béla Bartók, Das Ungarische Volkslied
  5. Christian Kaden, Musiksoziologie
  6. Walter Wiora, Europäischer Volksgesang
  7. Ebenso in den Volksmusikforschungen Bartóks ist dieses Phänomen ein zentrales Ergebnis, vgl. Bartók, Das Ungarische Volkslied
  8. nach: Hans Renner, Grundlagen der Musik, 8. Aufl., Reclam-Verlag, Stuttgart 1969 (p. 84 ff)
    Hans Renner: Geschichte der Musik, DVA, Stuttgart 1985 (p. 345): „[Haydns] letztes schönstes Lied, die Weise zu 'Gott erhalte Franz den Kaiser' […] hat eine weitverzweigte Ahnenreihe […] die sich bis auf ein uraltes böhmisches Prozessionslied zurückführen lässt.“
  9. Die Klingende Brücke – Lieder in allen Sprachen Europas

Literatur

  • Theodor Adorno: Kritik des Musikanten; in: Einleitung in die Musiksoziologie, (Göttingen 1956); auch in: Gesammelte Schriften, Bd 14, S. 67ff, (Suhrkamp 1973)
  • Béla Bartók: Das Ungarische Volkslied, Ethnomusikologische Schriften-Faksimile Nachdrucke, Dille, D. (Hrsg.), Mainz, 1965
  • Kurt Blaukopf: Musiksoziologie: eine Einführung in die Grundbegriffe mit besonderer Berücksichtigung der Soziologie der Tonsysteme, Köln, 1952
  • Hartmut Braun: Volksmusik: eine Einführung in die musikalische Volkskunde, Kassel, 1999
  • Christian Kaden: Musiksoziologie, Berlin, 1984 (Wilhelmshaven 1985)
  • Ernst Klusen: Volkslied. Fund und Erfindung. Köln 1969
  • Wolfgang Suppan (et al.): Volksgesang, Volksmusik, Volkstanz; in MGG1
  • Monika Tibbe / Manfred Bonson: Folk, Folklore, Volkslied: zur Situation in- und ausländischer Volksmusik in der Bundesrepublik, Stuttgart, 1981
  • Walter Wiora: Europäische Volksmusik und abendländische Tonkunst, Kassel 1957
  • Walter Wiora: Europäischer Volksgesang, Gemeinsame Formen in charakteristischen Abwandlungen, Köln, 1952

Weblinks


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