Waggonfabrik Wismar

Waggonfabrik Wismar
Straßenbahnwagen aus dem Jahr 1926 in Schwerin als historisches Fahrzeug
Wismarer Schienenbus T1 von der Borkumer Kleinbahn von 1940 vor dem Ortsbahnhof Borkum

Die Waggonfabrik Wismar, auch bekannt als Triebwagen- und Waggonfabrik Wismar, war ein von 1894 bis 1947 bestehender Hersteller von Schienenfahrzeugen in Wismar. Sie war vor allem für ihre Spezial-Waggons unterschiedlicher Art, Straßenbahnen und leichten Triebwagen bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Wismarer Kapitän und Großhändler Paul Heinrich Podeus (1832–1905) gründete neben seiner gleichnamigen Firma Podeus 1894 eine Waggonfabrik. Im Jahre 1902 wurde sie auf ein Gelände außerhalb der Stadt verlagert, das der bereits Podeus gehörenden „Eisengießerei und Maschinenfabrik F. Crull“ benachbart war. Sie firmierte seitdem als Wagenbau F. Crull & Co Wismar. Nach der Übernahme des Unternehmens durch Podeus' zweier Söhne wurde daraus 1907 die Waggonfabrik Wismar GmbH.

Die Firma war auf den Bau von Spezialwagen ausgerichtet; sowohl Schlaf- und Speisewagen als auch Kühl- und Gefrierwagen wurden hergestellt. Auf Wunsch einiger Bahngesellschaften wurden aber auch einige Schnellzugwagen gebaut. Neben Eisenbahnfahrzeugen wurden in dieser Zeit auch Fahrgestelle von Lastkraftwagen hergestellt. Im Jahre 1911 wurde die GmbH eine Aktiengesellschaft.

Die Deutsche Waggonleihanstalt AG übernahm im Jahre 1917 die Aktienmehrheit und fusionierte beide Gesellschaften zur Eisenbahn-Verkehrsmittel AG. Während des Ersten Weltkriegs reparierte das Unternehmen nicht nur Schienenfahrzeuge, sondern auch Kraftfahrzeuge des Deutschen Heeres. Nach dem Krieg wurde die Herstellung und Reparatur von Schienenfahrzeugen wieder aufgenommen.

Auf der Seddiner Eisenbahnausstellung 1924 wurde ein erster komplett neu konstruierter Triebwagen vorgestellt. Er zeichnete sich durch einen Dieselmotor (damals Rohölmotor genannt), der nicht im Wagen, sondern im Drehgestell gelagert war, sowie einen Ganzstahlaufbau aus. Dieses Fahrzeug war in vielerlei Hinsicht wegweisend. Wegweisend war die Firma auch im Einsatz des elektrischen Schweißens, das eine leichte Bauweise erst ermöglichte.

In den frühen 1920er Jahren begann in Wismar auch die Herstellung von Straßenbahn-Triebwagen als auch Beiwagen, die zum Teil auch in die skandinavischen Länder (u.a. nach Schweden) exportiert wurden, aber auch bei Betrieben in (Nord-)Mitteldeutschland verbreitet waren. Im Jahr 1926 wurden 1.600 Mitarbeiter beschäftigt. Am 23. März 1936 wurde die Waggonfabrik als Triebwagen- und Waggonfabrik Wismar Aktiengesellschaft wieder ausgegliedert.

Die Firma unterhielt gute Kontakte zum Niedersächsischen Landeskleinbahnamt und in Zusammenarbeit mit diesem entstand der Wismarer Schienenbus Typ Hannover in unterschiedlichen Größen und Ausführungen sowie Spurweiten. Dieser leichte zweiachsige Triebwagen mit je einem Motor an jedem Fahrzeugende in ähnlich wie bei zeitgenössischen Lkw abstehenden Motorhauben avancierte zu einem der bekanntesten Erzeugnisse und wurde von zahlreichen deutschen Privatbahnen bestellt.

Auch vom schmalspurigen Triebwagen Typ Frankfurt (später Baureihe 699 der DB) wurden neun Exemplare gebaut, wobei auch hier wie schon bei den Schienenbussen auf konsequenten Leichtbau gesetzt und Baugruppen aus dem Kraftfahrzeugbau übernommen wurden. Die Zahl der Beschäftigten stieg im Jahre 1939 auf 1.930 Mitarbeiter und auch während des Zweiten Weltkriegs wurden noch Triebwagen aus dem Auftragsbestand von Privatbahnen hergestellt.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 wurde der Triebwagenbau in der nunmehrigen Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) (der späteren DDR) im Waggonbau Dessau konzentriert. Die Anlagen wurden dem Schiffsreparaturwerk Wismar angegliedert, die Firma 1948 im Handelsregister gelöscht. Bis Anfang der 1990er Jahre wurden auf dem Gelände Propeller der Dieselmotorenwerke Rostock hergestellt. Ein Teil der Fabrikanlagen ist heute abgerissen.[1]

Siehe auch

Literatur

  • Christian Schröder, Insa Konukiewitz, Wolfram Bäumer: Der Wismarer Schienenbus der Bauart Hannover. In: Die Museums-Eisenbahn 1/2000

Weblinks

 Commons: Wismar railbus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Christian Schröder, Insa Konukiewitz, Wolfram Bäumer, S. 17–19

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Triebwagen- und Waggonfabrik Wismar AG — Die Waggonfabrik Wismar war ein von 1894 bis 1947 bestehender Hersteller von Schienenfahrzeugen in Wismar. Geschichte Der Wismarer Kapitän Heinrich Podeus hatte 1894 eine Waggonfabrik gegründet. 1902 wurde sie auf ein Gelände außerhalb der Stadt… …   Deutsch Wikipedia

  • Wismar railbus — Infobox German Railway Vehicle Baureihe= Wismar Railbus, Hannover version Farbe1 Farbe2 Abbildung= Schienenbus01.jpg Name= Wismar railbus belonging to the DGEG Nummerierung= DRG 133 009 012, DRG 135 077 080, DB VT 89 900 901 Hersteller=… …   Wikipedia

  • Wismar — Wismar, die zweite See und Handelsstadt des Großherzogtums Mecklenburg Schwerin, an der Südspitze einer durch die Insel Poel geschützten Bucht der Ostsee, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Ludwigslust W. und W. Rostock, hat 4 evang. Kirchen: die… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Wismar — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Hansestadt Wismar — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • DB-Baureihe VT 88.9 — Wismarer Schienenbus Typ Hannover Nummerierung: DRG 133 009 012, DRG 135 077 080, DB VT 89 900 901 Anzahl: 57 Hersteller: Waggonfabrik Wismar Baujahr(e): 1932– …   Deutsch Wikipedia

  • DB-Baureihe VT 89.9 — Wismarer Schienenbus Typ Hannover Nummerierung: DRG 133 009 012, DRG 135 077 080, DB VT 89 900 901 Anzahl: 57 Hersteller: Waggonfabrik Wismar Baujahr(e): 1932– …   Deutsch Wikipedia

  • DR VT 133 505 ... 525 — Wismarer Schienenbus Typ Hannover Nummerierung: DRG 133 009 012, DRG 135 077 080, DB VT 89 900 901 Anzahl: 57 Hersteller: Waggonfabrik Wismar Baujahr(e): 1932– …   Deutsch Wikipedia

  • Wismarer Schienenbus — Typ Hannover Nummerierung: DRG 133 009–012, DRG 135 077–080; DB VT 88 900–902, DB VT 89 900; DR 133 505–507, 509–510, 513–515; 135 542 (1435 mm), DR 133 524–525 (750 mm) Anzahl: 57 …   Deutsch Wikipedia

  • Residenzwagen — (Karlsruhe) Anzahl: 36 Triebwagen 52 Beiwagen Hersteller: Waggonfabriken Rastatt, Fuchs, Lindner, Wismar Baujahr(e): 1913–1926 Länge über Kupplung: 9.900 mm Breite: 2.100 mm (Triebwagen), 2.050 mm (Beiwagen) Drehgestellachsstand: 2.800… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”