Walter Cramer

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Walter Cramer

Wilhelm Bernardo Walter Cramer (* 1. Mai 1886 in Leipzig; † 14. November 1944 in Berlin-Plötzensee) war ein deutscher Unternehmer in Leipzig und einer der Beteiligten am gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Walter Cramer wurde 1886 als Sohn des Unternehmers Wilhelm Cramer und seiner italienischen Frau Josepha, geborene Sala, in Leipzig geboren. Sein Vater war Eigentümer der Firma Wollgarne Polter & Co. und Mitglied des Aufsichtsrates der Kammgarnspinnerei Gautzsch AG in Gautzsch bei Leipzig (heute Markkleeberg). Von 1896 bis 1904 besuchte er die humanistische Thomasschule zu Leipzig. Von 1904 bis 1906 wurde er in einem Textilbetrieb im englischen Bradford ausgebildet. Seinen Wehrdienst leistete er als Einjährig-Freiwilliger im Königlich Sächsischen Feldartillerie-Regiment Nr. 12 in Königsbrück bei Dresden ab.

Danach wurde er Teilhaber und Prokurist der elterlichen Firma. 1910 wurde er zum Leutnant der Reserve befördert. Verheiratet war er mit Charlotte Weber, der Tochter des Fabrikanten Emil Weber. Aus der Ehe gingen zwei Töchter und ein Sohn, der im Zweiten Weltkrieg fiel, hervor. Er wurde Mitglied der Leipziger Gesellschaft Harmonie. Am Ersten Weltkrieg nahm er als Offizier eines sächsischen Artillerieregiments teil. Er wurde zum Oberleutnant der Reserve befördert und erhielt das Eiserne Kreuz 1. und 2. Klasse.

Seine wirtschaftliche Ausbildung erhielt er in Unternehmen der deutschen und englischen Textilindustrie. Bis zum Ersten Weltkrieg war er in der Großhandelsfirma Wollgarne Polter & Co angestellt. Im Jahr 1919 wurde Cramer Geschäftsführer der Kammgarnspinnerei Gautzsch AG. Seit 1923 war er Mitglied des Vorstands der Leipziger Kammgarnspinnerei Stöhr & Co. AG. 1928 wurde die Kammgarnspinnerei Gautzsch AG der Leipziger Kammgarnspinnerei Stöhr & Co. AG angegliedert. Cramer befürwortete eine Mischung aus Kunstspinnfaser und Wolle, wodurch die von ihm geleiteten Unternehmen weniger abhängig von Wollimporten waren und die wirtschaftlichen Krisen Ende der 1920er Jahre überstanden. Das Unternehmen entwickelte sich mit mehrerern Tochtergesellschaften zu eine der führenden Kammgarnspinnereien in Deutschland. Gleichfalls hielt Cramer weitere Positionen in der Wirtschaft inne, so zum Beispiel den Aufsichtsrat in der Leipziger Baumwollspinnerei und den Vorsitz des Sächsischen Beirats der Deutschen Bank.

Ab 1920 war Cramer Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). 1930 trat er jedoch aufgrund der von Alfred Hugenberg geförderten Kooperation zwischen DNVP und NSDAP aus. In der ersten Hälfte der 1940er Jahre nahm Cramer an der Seite des ehemaligen Oberbürgermeisters von Leipzig Carl Friedrich Goerdeler (1884–1945) am zivilen bürgerlichen Widerstand gegen den Nationalsozialismus teil. Auf etlichen Auslandsreisen, unter anderem zu Zweigstellen in Osteuropa, wurde er Zeuge von Vertreibung und Abtransport der Juden in Konzentrationslager. Im April 1944 wurde gegen ihn ein Strafverfahren wegen Wehrkraftzersetzung eröffnet. Grund war die Besetzung Ungarns durch die Nationalsozialisten und Cramers Kommentar dazu (er müsse nach Ungarn fahren, um sich "auch um seine armen Juden zu kümmern“) vor seiner Geschäftsreise dorthin.

Goerdeler überzeugte Cramer davon, in einem Deutschland nach Hitler politisch wirksam zu werden. Deshalb stand sein Name auch in einem Telegramm von Erich Hoepner. Vorgesehen war Cramer als politischer Beauftragter im Wehrkreis IV Dresden. Nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 wurde Cramer am 22. Juli 1944 in Reutlingen festgenommen. Zwei Monate lang verbrachter er im Gefängnis Lehrter Straße in Berlin. Verhöre mit schweren Misshandlungen der Gestapo fanden in der Prinz-Albrecht Straße statt. Am 27. September 1944 verlegte man ihn ins Untersuchungsgefängnis Tegel. Später wurde er vom Volksgerichtshof des Hoch- und Landesverrats für schuldig befunden und schließlich zum Tod verurteilt. Am 14. November 1944 wurde er in Plötzensee gehenkt.

Ehrungen

  • 1945 wurde eine Straße im Leipziger Stadtteil Gohlis nach ihm benannt (Walter-Cramer-Straße). 1996 wurde er durch die Stadt Leipzig mit einem Denkmal im Johannapark geehrt.

Literatur

  • Beatrix Heintze: Walter Cramer (1886–1944). In: Reiner Groß und Gerald Wiemers (Hrsg.): Sächsische Lebensbilder, Band 4. Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Stuttgart 1999, S. 63–73.
  • Beatrix Heintze: Walter Cramer (1886–1944): Ein Leipziger Unternehmer im Widerstand. Köln 1993.
  • Beatrix Heintze: Walter Cramer, die Kammgarnspinnerei Stöhr & Co in Leipzig und die sogenannte Judenfrage. Materialien zu einer Gratwanderung zwischen Hilfe und Kapitulation. (Erinnerungen 3, Hrsg. vom Sächsischen Wirtschaftsarchiv). Leipzig 2003.

Siehe auch

Weblinks


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