Wandersmann

Wandersmann
Wandersmann-Denkmal mit Sockelinschrift und Brunnentrog; der bronzene Löwenkopf als Wasserspeier wurde aus Verankerung gebrochen und fehlt
Blick auf Wandersmann-Denkmal und Bundesautobahn 66

Wandersmann ist die volkstümliche Bezeichnung für einen 20 Tonnen schweren Sandsteinobelisken mit Brunnenbecken in der Nähe des Wiesbadener Kreuzes an der Bundesautobahn 66. Das elf Meter hohe Monument trägt die lateinische Inschrift:

Friedericus Augustus Dux Nassoviae hanc viam construi iussit, MDCCCXIII[1]
(auf deutsch: Friedrich August Herzog von Nassau befiehlt, dass diese Straße gebaut wurde, 1813). Mit der Zahl soll das Vollendungsjahr angegeben werden.

Geschichte

Nach der Gründung des Herzogtums Nassau begann die Regierung unmittelbar mit einem Straßenbauprogramm, um die einzelnen Teile des neuen Staates besser miteinander zu verbinden. Die wichtigste dieser Straßenverbindungen war die von Limburg an der Lahn über die Platte nach Wiesbaden und weiter nach Frankfurt am Main. Während der nördliche Teil dieser neuen Chaussee der vorhandenen Streckenführung folgte, wurde die Frankfurter Straße von Wiesbaden nach Erbenheim und von dort schnurgerade durchs Ländchen neu trassiert, bis sie vor Hattersheim auf die alte Mainstrasse stieß und mit dieser vereinigt über Höchst nach Frankfurt lief.[1]

Während der Bauphase war etwa auf halber Länge der Neubautrasse östlich der Brücke des Wickerbachs auf der Wallauer Seite eine Bauhütte gelegen, in der nach Fertigstellung ein Wirtshaus eingerichtet wurde. Das Wirtshaus erhielt im Jahr 1850 den Namen Zum Wandersmann. Etwa 600 Meter weiter Richtung Frankfurt war auf dem nächsten Höhenrücken, der mit 160 Metern Höhe gleichzeitig der Scheitelpunkt der ganzen Strecke war, auf der Südseite der Chaussee der Sandsteinobelisk errichtet worden, mit dem an den Straßenbau erinnert werden sollte.[2][3] Vorbild hierfür waren römische Wegessäulen wie z.B. die beiden Säulen am Ende der Via Trajana Nova am Hafen von Brindisi. Die Brunnenschale am Fuße des Denkmals diente der Tränkung der Pferde, wenn sie die schwer beladenen Wagen die Höhe hinauf gezogen hatten. [4]

Diese Namensgebung des Wirtshauses hatte Folgen. Die ganze Straße wurde von da an Wandersmannstraße genannt, wie an dem Straßennamen des in der Ortslage Erbenheim gelegenen Teilstücks noch zu sehen ist. Und der Obelisk wurde zum Wandersmann-Denkmal. In den 1930er Jahren musste er dem Bau des Wiesbadener Kreuzes weichen, das auf dem Höhenrücken als Anschlussstelle und gleichzeitig für viele Jahre vorläufiger Endpunkt der Reichsautobahn von Köln nach Frankfurt errichtet wurde. Das Denkmal stand dem südwestlichen Teil des Kleeblatts im Weg und wurde weiter nach Westen an die Nordseite der nunmehr als Reichsstraße 54 bekannten Chausse verlegt. Es war jetzt nur noch etwa 400 Meter von dem Wirtshaus entfernt und stand am Fuß der Anhöhe.[5][6] Die Anschlussstelle der Autobahn wurde ebenfalls Wandersmann genannt. Das Wirtshaus selbst wurde 1958 abgerissen. Es stand dem Ausbau der Wandersmannstraße, damals die meistbefahrene Straße in Deutschland, zum Rhein-Main-Schnellweg im Wege. Dieses Schicksal traf auch den Obelisken noch einmal. Er steht seit 1982 vom nordwestlichen Teil des Kleeblatts 60 Meter entfernt am Ende der Überleitung der A 3 von Köln zur A 66 nach Wiesbaden.[7][3] Vorangegangen war ein Konflikt der Straßenbauverwaltung mit der unteren Denkmalschutzbehörde des Kreises. Ursprünglich hatte die Straßenbaubehörde eine Versetzung um 500 Meter an einen Parkplatz vorgesehen. Minister Heinz-Herbert Karry (FDP) ordnete dagegen an, wie von Stadt und Kreis gewünscht, den Obelisken an seinem heutigen Platz in unmittelbarer Nähe des ursprünglichen Standortes aufzustellen.[8]

Seit der Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main im Jahr 2002 wird das Gelände am Wandersmann für den Abzweig nach Wiesbaden durch den Wandersmann-Süd-Tunnel und den Wandersmann-Nord-Tunnel unterquert.

Einzelnachweise

  1. a b Annalen des Vereins für Nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung: 30. Band 1899 Seite 126
  2. Karte vom Großherzogthum Nassau von den im Jahr 1819 geschehenen Aufnahmen nach dem Maasstabe 1:20.000
  3. a b Topografische Karte 1:25.000
  4. Kulturgeschichte sehen lernen, Band 1, Gottfried Kiesow, Monumente Publikationen der Deut. Stiftung Denkmalschutz, Bonn 1997, ISBN 978-3-936942-03-3
  5. Frankfurt - Dokumentation zur Nachkriegszeit, mit Foto des Wiesbadener Kreuzes und dem 2. Standort des Obelisken
  6. Topografische Karte 1:25.000, Stand 1979
  7. Adolf Metzler: Aus der Geschichte des Dorfes Wallau/Taunus, 1982
  8. Otto Winterwerber: Der Obelisk "Am Wandersmann" in Hofheim-Wallau; in: Bodendenkmäler im Außenbereich, 1987, ISSN 0176-7097, Seite 71-73

Weblinks

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