Beate Auguste Künzel

Beate Auguste Künzel
Beate Klarsfeld 1986

Beate Klarsfeld (* 13. Februar 1939 in Berlin), geboren als Beate Auguste Künzel, ist eine deutsch-französische Journalistin und Kämpferin für die Aufklärung und Verfolgung von Nazi-Verbrechen.

Sie hat zusammen mit ihrem Mann Serge Klarsfeld mit detaillierten Dokumentationen zahlreiche nationalsozialistische Gewalttaten aufgedeckt und auf unbehelligt lebende Täter hingewiesen: Kurt Lischka, Alois Brunner, Klaus Barbie, Ernst Ehlers, Kurt Asche u. a.

Inhaltsverzeichnis

Aktivitäten

1960 ging Beate Künzel für ein Jahr als Au-pair-Mädchen nach Paris. Dort wurde sie mit den Folgen des Holocaust konfrontiert. Nach wechselnden Anstellungen wurde sie Sekretärin beim Deutsch-Französischen Jugendwerk, dort aber entlassen, weil sie Artikel gegen Kurt Georg Kiesinger veröffentlichte.

1963 heiratete sie Serge Klarsfeld, dessen Vater in Auschwitz der Judenverfolgung zum Opfer gefallen war. Zwei Kinder sind aus der Ehe hervorgegangen: Arno-David (* 1965) und Lida-Myriam (* 1973).

Um auf die Vergangenheit des damaligen Bundeskanzlers Kiesinger als NSDAP-Mitglied (PG 2633930) hinzuweisen, initiierte Beate Klarsfeld verschiedene öffentliche Aktionen. So rief sie ihm 1968 im Bonner Bundestag „Nazi, tritt zurück!“ zu und wurde abgeführt, aber alsbald freigelassen. Während des CDU-Parteitags in Berlin am 7. November 1968 wiederum bestieg sie das Podium, ohrfeigte Kiesinger und rief: „Nazi, Nazi!“ Sie wurde daraufhin noch an demselben Tag in einem beschleunigten Verfahren zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.[1] Allerdings wurde die Strafe 1969 in vier Monate auf Bewährung umgewandelt. Ihr Anwalt war damals der spätere Neo-Nazi und Holocaust-Leugner Horst Mahler.

1969 trat sie zum Bundestagswahlkampf für die linke Partei ADF als Direktkandidatin im Wahlkreis Waldshut an, der auch der Wahlkreis von Bundeskanzler Kiesinger war.

1971 versuchte sie gemeinsam mit ihrem Mann, den für die Deportation von 76.000 Menschen aus Frankreich verantwortlichen Kurt Lischka gewaltsam aus Deutschland zu entführen und der Justiz in Paris auszuliefern, da eine frühere Verurteilung Lischkas weitere juristische Schritte blockierte. Beate Klarsfeld wurde dafür 1974 zu zwei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die Strafe aber aufgrund internationaler Interventionen und Protesten zur Bewährung ausgesetzt. Der Kriegsverbrecher Lischka dagegen blieb zunächst auf freiem Fuß, erst 1979 wurde er verurteilt.

In den 1970er Jahren wies Beate Klarsfeld wiederholt auf die Verstrickung des FDP-Politikers Ernst Achenbach in die Deportationen jüdischer Opfer aus Frankreich hin. 1976 gelang es ihr, seine politische Tätigkeit u. a. als Lobbyist von NS-Tätern kurz vor seiner geplanten Entsendung nach Brüssel als deutscher Vertreter bei der Europäischen Gemeinschaft zu stoppen.

1984 und 1985 bereiste sie unter Lebensgefahr die Militärdiktaturen Chile und Paraguay, um auf die dort gesuchten NS-Kriegsverbrecher Walter Rauff und Josef Mengele aufmerksam zu machen.

1986 hielt sich Beate Klarsfeld einen Monat lang im libanesischen West-Beirut auf und bot an, im Austausch für israelische Geiseln in Haft zu gehen.

Am 4. Juli 1987 wurde der auf ihre Initiative gefasste Klaus Barbie verurteilt. Diesen Erfolg bewertete Klarsfeld als das „wichtigste Ergebnis“ ihrer Aktionen. Bereits 1972 hatte sie seinen Aufenthaltsort in Bolivien aufgedeckt. Ihrem Engagement ist auch die Gründung der Gedenkstätte Maison d'Izieu zu verdanken, in der an die Opfer der von Barbie begangenen Verbrechen erinnert wird.

1991 kämpfte sie um die Auslieferung des in Syrien lebenden Eichmann-Stellvertreters Alois Brunner, dem die Ermordung von 130.000 Juden in deutschen Konzentrationslagern angelastet werden. Im Jahr 2001 wurde Brunner durch die Bemühungen der Klarsfelds von einem französischen Gericht in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt.

Beate und Serge Klarsfeld gaben u. a. ein Gedenkbuch heraus, in dem die Namen von über 80.000 französischen Opfern der Judenverfolgung durch die Nazis verzeichnet sind. Sie bemühten sich erfolgreich um Fotos von über 11.400 in den Jahren 1942-44 deportierten jüdischen Kindern, um den Opfern ein Gesicht zu geben. Die französische Bahn SNCF begrüßte das Projekt und zeigte drei Jahre lang auf 18 Bahnhöfen eine Wanderausstellung (Enfants juifs déportés de France). Die Deutsche Bahn (DB) − Rechtsnachfolgerin der Deutschen Reichsbahn, über deren Schienennetz diese Kinder deportiert wurden − lehnte die Ausstellung in ihren Bahnhöfen „aus Sicherheitsgründen“ ab und verwies sie ins DB-Museum nach Nürnberg. DB-Chef Hartmut Mehdorn argumentierte, das Thema sei „viel zu ernst, als dass man sich brötchenkauend“ auf Bahnhöfen mit ihm beschäftigen dürfe. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee machte sich für die Position der Klarsfelds stark. Ende 2006 verständigten sich Tiefensee und Mehdorn darauf, eine neue, DB-eigene Ausstellung über die Rolle der Reichsbahn im Zweiten Weltkrieg zu unterstützen.

Als Teil einer von der Deutschen Bahn konzipierten Wanderausstellung „Sonderzüge in den Tod“ ist ein Teil der Dokumente seit 23. Januar 2008 auch auf deutschen Bahnhöfen zu sehen.

Ehrungen

  • 1974 erhielt Beate Klarsfeld in Israel die „Tapferkeitsmedaille der Ghettokämpfer“.
  • 1984 ehrte sie der französische Präsident François Mitterrand als „Ritter der Ehrenlegion“.
  • 2007 wurde sie vom Präsidenten Nicolas Sarkozy zum „Offizier der Ehrenlegion“ ernannt. Ihr Sohn, Arno Klarsfeld, ist persönlicher Berater des französischen Präsidenten.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Ganz hübsch. In: Der Spiegel. 46/1968, S. 30

Literatur (Auswahl)

  • Beate Klarsfeld: Die Geschichte des PG 2 633 930 Kiesinger: Dokumentation. Mit einem Vorwort von Heinrich Böll. Darmstadt: Melzer, 1969
  • Beate Klarsfeld: Wherever they may be!, New York, Vanguard Press 1972, ISBN 0-8149-0748-2 (Übers. d. frz. Originalausgabe: Partout où ils seront, 1972)
  • Serge & Beate Klarsfeld: Die Kinder von Izieu: eine jüdische Tragödie. Übers. Anna Mudry. Mit Beitr. von Johanna Ofori Attah und Manfred Richter. Ed. Hentrich, Berlin 1991 (Reihe deutsche Vergangenheit. Nr. 51) ISBN 3-89468-001-6 (auch auf Frz. und Engl.)

Weblinks


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