Waterboarding

Waterboarding

Als Waterboarding wird eine Foltermethode des simulierten Ertränkens bezeichnet. Beim Opfer wird durch Ausnutzen des Würgereflexes physiologisch der Eindruck unmittelbar drohenden Ertrinkens hervorgerufen, indem die Atmung durch ein Tuch über Mund und Nase, das ständig mit Wasser übergossen wird, stark erschwert wird. Durch das Fixieren des Folteropfers in einer Position, in der sich der Kopf tiefer befindet als der restliche Körper, soll das Eindringen von Wasser in die Lungen und ein darauffolgendes tatsächliches Ertrinken verhindert werden.[1]

Laut Berichten bricht der Widerstand der meisten Opfer in weniger als einer Minute.[2][3] Waterboarding gehört zu den Foltermethoden, die üblicherweise keine körperlichen Spuren hinterlassen (Weiße Folter), aber zu längerdauernden oder bleibenden psychischen Störungen führen können. Nachträgliche Beweise am Gefolterten selbst sind im Fall des Waterboardings daher nur selten zu erbringen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Waterboarding-Gestell im Tuol-Sleng-Museum, Kambodscha

Das zwangsweise Einflößen großer Mengen Wasser in Mund und Nase mit der Gefahr des Eindringens in die Luftröhre und die Lunge mit nachfolgendem Ertrinken ist universell als Hinrichtungs- und Foltermethode nachgewiesen. Waterboarding unterscheidet sich davon zum einen durch das Tuch über Mund und Nase, durch das die Wirkung nicht das Eindringen von Wasser in die Atemorgane, sondern der erhöhte Atemwiderstand und der dadurch ausgelöste Reflex ist, und zum anderen durch das Brett (board), auf dem die betreffende Person mit dem Kopf niedriger als der Rest des Körpers fixiert wird. Diese beiden Merkmale lassen sich durch die Geschichte der justizförmigen und informellen Verhörmethoden verfolgen.

  • Die ältesten Nachweise für die Anwendung eines Tuches über Mund und Nase liegen unter der Bezeichnung tormenta de toca für die Spanische Inquisition vor.[4] Die Spanier sollen die Methode in ihre Kolonien in Süd-Ost-Asien, insbesondere die Philippinen, gebracht haben.
  • Gerichtlich nachgewiesen ist die Verwendung durch japanische Soldaten im Zweiten Weltkrieg. In einem Kriegsverbrecher-Prozess in der Nachfolge der Tokioter Prozesse wurde 1947 ein japanischer Offizier durch ein amerikanisches Kriegsgericht wegen Folter zu 15 Jahren Zuchthaus mit Zwangsarbeit verurteilt. In den Prozessunterlagen wird die Haltung mit erhöhten Füßen dargestellt.[5]
  • Im Algerienkrieg verwendete die Französische Armee die Technik gegen politische Gefangene. Der französische Schriftsteller algerischer Herkunft Henri Alleg berichtete 1958 in seinem Buch La Question von der Methode, der er selbst ausgesetzt war.[6]
  • 1968 erregte ein Bericht der Washington Post Aufsehen: Auf ihrer Titelseite veröffentlichte die Zeitung ein Foto von US-Soldaten im Vietnamkrieg, die einem Kriegsgefangenen Wasser über das mit einem Tuch verhüllte Gesicht gießen.[7] Der abgebildete Soldat wurde vor ein Kriegsgericht gestellt und unehrenhaft aus der Armee entlassen.[8]
  • Routinemäßig wurde die Technik in den 1970er Jahren von den Roten Khmer in Kambodscha eingesetzt. Ihre Folterzentren hatten fest installierte Gestelle für die Fesselung von Gefangenen mit tiefliegendem Kopf.[9]
  • 1983 wurde ein Sheriff in Texas zu vier Jahren Haft verurteilt, weil er einen Verdächtigen durch Waterboarding mit einem Tuch über dem Gesicht zu einer Aussage gezwungen hatte.[4]

Einsatz von Waterboarding durch die USA nach 2001

Protest gegen Waterboarding bei einem Besuch von Condoleezza Rice in Island, Mai 2008.

Die Waterboarding-Methode wurde während der Präsidentschaft George W. Bushs vom US-Geheimdienst CIA und anderen US-amerikanischen Regierungsbehörden bei der Vernehmung von Terrorverdächtigen angewandt.[10] Die Methode wurde aus dem SERE-Training der amerikanischen Armee entnommen, bei dem Soldaten auf Gefangenschaft und Folter vorbereitet werden.

Das Bekanntwerden dieser Praxis heizte die ohnehin laufende öffentliche Debatte weiter an, ob die Regierung unter Bush zur Verhinderung neuer Terroranschläge nach dem 11. September möglicherweise Verstöße gegen Menschenrechte und Genfer Konvention in Kauf nehme. Im Zusammenhang mit Waterboarding erklärte ein Regierungssprecher, die amerikanische Regierung sehe dieses als akzeptable Verhörmethode von Gefangenen an, weil es sich dabei nicht um eine Foltermethode handele.[11][12]

Bereits zuvor hatte die US-Regierung die Gefangenhaltung von Terrorverdächtigen im Gefangenenlager der Guantanamo Bay Naval Base damit gerechtfertigt, dass sie diese nicht als Kriegsgefangene im Sinne der Genfer Konvention betrachte. Joyce Hens Green, Richterin des United States District Court für den District of Columbia, hat in ihrem Urteil vom 31. Januar 2005 diese Praxis jedoch für gesetzwidrig erklärt.[13] Vor diesem Hintergrund erregte im Oktober 2006 Vizepräsident Dick Cheney Aufsehen, indem er sich weiterhin zu Waterboarding bekannte und auf die Frage eines Radioreporters, ob er die Infragestellung von Waterboarding nicht für „ziemlich dumm“ halte „angesichts der Gefahr, der wir gegenüberstehen“, antwortete: „Ja, ich stimme zu.“[14] In Folge öffentlichen Drucks hat die amerikanische Regierung Waterboarding mittlerweile von der Liste der genehmigten Verhörpraktiken gestrichen, die nach dem 11. September 2001 aufgestellt wurde.[15] Anfang Oktober 2007 tauchte jedoch ein geheimes Papier des Justizministeriums bezüglich CIA-Verhörmethoden auf, in dem Waterboarding weiterhin als gesetzeskonform gewertet wird.[16] Eine Gesetzesinitiative zum Verbot umstrittener Verhörmethoden, darunter Waterboarding, stoppten die Republikaner im Senat im Dezember 2007 mit Hinweis auf einen Formfehler.[17] Präsident George W. Bush hatte zuvor angekündigt, im Falle einer Annahme des Gesetzentwurfes sein Veto einzulegen.[17] Nach Annahme des Gesetzesentwurfes durch den Kongress hat Präsident Bush Anfang März 2008 mit der Begründung: „Das mir vom Kongress übermittelte Gesetz nimmt uns eines der nützlichsten Werkzeuge im Kampf gegen den Terror“ sein Veto eingelegt.[18] Der Versuch der Demokraten, das Veto durch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Repräsentantenhaus zu kippen, scheiterte.[19]

Unmittelbar nach Ablauf der Amtszeit George W. Bushs ordnete der folgende US-Präsident Barack Obama am 22. Januar 2009 ein Verbot von Waterboarding und anderen „harschen Verhörmethoden“ an. Seitdem sind auch Mitarbeiter der CIA bei Verhören von mutmaßlichen Terroristen an das im Feldhandbuch der US Army zum Verhör von feindlichen Kriegsgefangenen kodifizierte Kriegsrecht gebunden.[20]

Unabhängig von der Position der amerikanischen Regierung hatte der damalige CIA-Chef Michael Hayden auf Empfehlung seines Stellvertreters Steve Kappes bereits am 15. September 2007 für Angehörige der CIA ein Verbot der Waterboarding-Methode beschlossen.[15] CIA-Videomitschnitte von Verhören aus dem Jahr 2002 waren auf Anweisung von Hayden bereits 2005 vernichtet worden - nach seinen Angaben, um die bei den Verfahren eingesetzten Geheimdienstbeamten vor möglichen Racheakten zu schützen.[3] Bürgerrechtler vermuten dahinter jedoch die Vernichtung von juristisch belastendem Beweismaterial.[3] Inzwischen hat CIA-Chef Hayden öffentlich zugegeben, dass der amerikanische Geheimdienst die umstrittene Verhörmethode des Waterboardings um das Jahr 2003 herum in drei Fällen angewandt hat, nämlich bei Chalid Scheich Mohammed, Abu Subaida und Abdel Rahim el-Nashiri.[21]

US-Justizminister Eric Holder bezeichnete die Methode des Waterboardings Anfang März 2009 in einer Rede in Washington D.C. als Folter: „Waterboarding ist Folter. Mein Ressort wird diese Methode, für deren Anwendung es keine Begründung gibt, weder rechtfertigen noch billigen“.[22]. Holder ließ auch die Rechtsmemoranden der Bush-Regierung veröffentlichen, die - von höchsten Regierungsverantwortlichen verfasst, darunter Dick Cheney, David S. Addington, Jay Bybee[23] sowie John Yoo[24] (Office of Legal Council) - als Rechtsgrundlage für Waterboarding galten.[25] Dennoch entschied US-Präsident Obama, dass die CIA-Mitarbeiter, die diese Foltermethode bei Verhören von Terrorverdächtigen anwandten und „ihre Aufgaben in gutem Glauben an die juristischen Vorgaben des Justizministeriums ausführten, […] nicht zum Gegenstand von Strafverfolgung“ werden.[26][25][27]

Ex-Präsident Bush enthüllte in seinen Memoiren (Titel Decision Points, erschienen am 9. November 2010 auf englisch)[28][29] unter anderem, dass er persönlich im „Krieg gegen den Terror“ Folterpraktiken genehmigt hat. Amnesty International forderte daraufhin Ermittlungen gegen Bush.[30]

Literatur

  • Alfred W. McCoy: Foltern und Foltern lassen: 50 Jahre Folterforschung und -praxis von CIA und US-Militär. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-86150-729-3.

Einzelnachweise

  1. U.S. Department of Justice, Office of the Legal Counsel: Memorandum for John Rizzo, Acting General Counsel of the Central Intelligence Agency, August 1, 2002, S. 3f., 11, 15 (abgerufen am 17. April 2009 von der Webseite der ACLU)
  2. CIA's Harsh Interrogation Techniques Described. ABC News, abgerufen am 18. November 2005 (englisch).
  3. a b c Vom Weißen Haus gebilligt. n-tv, abgerufen am 11. Dezember 2007 (deutsch).
  4. a b NPR: Waterboarding – A Tortured History, 3. November 2007 (abgerufen am 26. Februar 2009)
  5. Washington Post: Waterboarding Historically Controversial, 5. Oktober 2006 (abgerufen: 26. Februar 2009)
  6. The Independent: Waterboarding is torture, 1. November 2007 (abgerufen: 26. Februar 2009)
  7. Das Foto online bei der Washington Post
  8. ABC: History of an Interogation Technique, 29. November 2005 (abgerufen: 26. Februar 1009)
  9. BBC: Washington Diary: Water Torture, 12. Dezember 2007 (abgerufen: 26. Februar 2009)
  10. Folter bei 9/11-Verhören. Bush ordnete Waterboarding persönlich an. Spiegel Online, abgerufen am 4. November 2010 (deutsch).
  11. Soviet-Style “Torture” Becomes “Interrogation”. New York Times, abgerufen am 3. Juni 2007 (englisch).
  12. Weißes Haus segnete „Waterboarding“ ab. NetZeitung, abgerufen am 11. Dezember 2007 (deutsch).
  13. Urteil. U.S. District Court For The District Of Columbia, abgerufen am 31. Januar 2005 (englisch).
  14. Cheney endorses simulated drowning. Financial Times, abgerufen am 26. Oktober 2006 (englisch).
  15. a b US-Geheimdienst CIA verbietet Verhörmethode der „Wasserkur“. AFP, abgerufen am 15. September 2007 (deutsch).
  16. Secret U.S. Endorsement of Severe Interrogations. New York Times, abgerufen am 4. Oktober 2007 (englisch).
  17. a b „Waterboarding“-Verbot im Senat gescheitert. Die Welt, abgerufen am 15. Dezember 2007 (deutsch).
  18. Bush stoppt Anti-Folter-Gesetz. Focus, abgerufen am 8. März 2008 (deutsch).
  19. US-Demokraten scheitern im Repräsentantenhaus: CIA darf weiter „Waterboarding“ anwenden. tagesschau.de, abgerufen am 12. März 2008 (deutsch).
  20. Wahlversprechen eingelöst: Obama ordnet Schließung von Guantánamo an. FAZ, abgerufen am 22. Januar 2009 (deutsch).
  21. CIA gibt Anwendung des Waterboarding zu. Spiegel Online, abgerufen am 5. Februar 2008 (deutsch).
  22. US-Justizminister Holder in Washington. tagesschau.de, abgerufen am 2. März 2009 (deutsch).
  23. New York Times, Marlise Simons, 28. März 2009: Spanish Court Weighs Inquiry on Torture for 6 Bush-Era Officials,
  24. Jane Mayer: The Dark Side: The Inside Story of How the War on Terror Turned Into a War on American Ideals, 2008, Doubleday-Verlag, ISBN 978-0-385-52639-5, gilt als herausragendes Buch über die Vorgänge in Abu Ghoreib und auf Guantanamo[26]
  25. a b Auf der dunklen Seite. Wer ist politisch verantwortlich für die Folter durch CIA-Angehörige? berlinonline.de, abgerufen am 22. April 2009 (deutsch).
  26. Waterboarding bleibt ohne Strafe. tagesschau.de, abgerufen am 16. April 2009 (deutsch).
  27. ICRC Report on the Treatment of Fourteen "High Value Detainees" in CIA Custody. New York Times/International Committee of the Red Cross, abgerufen am 22. April 2009 (englisch).
  28. Bush verteidigt Irak-Krieg in: Focus.de vom 9. November 2010
  29. Denkmal für eine Hassfigur in: Spiegel Online vom 9. November 2010
  30. Schröders Ex-Sprecher lästert über Bushs Intelligenz In: Handelsblatt vom 10. November 2010

Weblinks


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