Weisse Flotte Potsdam

Weisse Flotte Potsdam

Die Weiße Flotte des Fahrgastschifffahrtsunternehmens Weisse Flotte Potsdam GmbH hat ihren Sitz in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam.

Inhaltsverzeichnis

Schreibweise des Namens

Ungewöhnlich ist die Schreibweise des Eigennamens. Entstanden ist sie durch die Übernahme aus der üblichen Namensschreibung ’’WEISSE FLOTTE’’ in Großbuchstaben. Ein ’’ß’’ ist bei den Großbuchstaben nicht vorhanden. Es hat sich folglich auch in der Kleinschreibung Weisse Flotte eingebürgert.

Vorgeschichte

Das offizielle Gründungsdatum des Unternehmens war der 1. Januar 1959. Der eigentliche Wiederbeginn der Fahrgastschifffahrt in Potsdam geht jedoch zurück in die unmittelbare Nachkriegszeit. 1945 wagten einige mutige Männer den Neuanfang. Als erstes Schiff wurde das Motorschiff Karo As in Fahrt gebracht. Es gehörte damals der Reederei Schmidt. Weitere Dampf- und Motorschiffe nahmen bis 1947 den Betrieb auf. Die Jahre 1948 und 1949 brachten einschneidende Veränderungen mit der Währungsreform und der Gründung der Bundesrepublik und der DDR. Die Potsdamer Havelgewässer, das traditionelle Fahrtgebiet, gehörten jetzt zur DDR. Die Betriebe gerieten in die Zwänge einer staatlich verordneten Verkehrs- und Wirtschaftspolitik. Bereits 1946 entstand in der damaligen sowjetischen Besatzungszone eine Arbeitsgemeinschaft Binnenschifffahrt. Aus dieser Arbeitsgemeinschaft ging 1949 die DSU, die Deutsche Schiffahrts- und Umschlagszentrale[1], hervor. Sie wurde im Zuge der Enteignung privater Schifffahrtstreibender als volkseigenes Verwaltungsorgan geschaffen. Der DSU gehörten damals die eigenständigen Fahrgastschifffahrtsunternehmen von Berlin, Stralsund und Dresden an. Im Jahre 1952 wurde der Dresdner Betrieb ausgegliedert. Der Berliner folgte 1957 mit der Außenstelle Potsdam. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass es 1954 auf den märkischen Wasserstraßen trotz aller Probleme noch 102 private Fahrgastschiffe gab. Der damalige VEB (K) Verkehrsbetrieb Potsdam hatte auf Weisung des Verkehrsministeriums die in Potsdam stationierten Schiffe mit dem 1. Januar 1959 als eigenständigen Betrieb zu übernehmen. Mit dem 13. August 1961 kam es durch den Bau der Grenzanlagen zu einer Trennung der traditionellen Fahrtrouten auf der Havel zwischen Potsdam und Berlin.

Die damalige Flotte

Als Grundstock dienten 1959 die vorhandenen Schiffe der ehemaligen Außenstelle der Weißen Flotte Berlin, Fahrzeuge, deren früherer Besitzer die damalige Stern und Kreisschiffahrt war. Das waren der Dampfer Potsdam (Baujahr 1889), der Dampfer Berlin (1895), der Dampfer Friedensbote (1895), und der Dampfer Professor Rud. Virchow (1909). Diese betagten Dampfschiffe wurden ergänzt durch die nicht viel jüngeren Motorschiffe Concordia (1889), Nedlitz (1910) und Libelle (1930). Weiterhin wurden zur Erhöhung der Platzkapazität Schiffe dazugekauft. 1959 der Dampfer Caputh (ehemals Anna II) (1886), 1962 die MS Werder (ehemals Havelland) und 1965 und als letzter Altbau MS Berlin (ehemals Emden) (1917). Mit der Bildung der Weißen Flotte in Potsdam wurden die älteren Fahrzeuge rekonstruiert und moderneren Bedingungen angepasst. Als letztes Schiff wurde die Seebad Templin (ehemals Prof. Virchow) zum Motorschiff umgebaut. Die Zeit der Dampfschiffe in Potsdam war damit vorbei.

Nach und nach wurden ältere Schiffe außer Dienst gestellt. Im Jahre 1962 wurde als erster Neubau MS Sanssouci übernommen. Im Jahr darauf folgte MS Cecilienhof. Sie wurden in einer Werft in Rothensee bei Magdeburg gebaut. Sie verfügten über je 654 Plätze, davon über 300 Innenplätze. Gegenüber den Veteranen wirkten diese Schiffe in ihrer Gestaltung wie wahre Luxusschiffe. 1965 kam als weiterer Neubau MS Potsdam dazu, gebaut in der Yachtwerft Berlin - Köpenick. Anfänglich ging das Fahrtgebiet der Potsdamer Schifffahrt noch rund um die Insel Potsdam. Durch den Bau der Berliner Mauer war dies so nicht mehr möglich. Es blieb nur die Möglichkeit der Fahrtroute die Havel abwärts über deren seenartigen Erweiterungen in Richtung Werder an der Havel und Brandenburg an der Havel. Traditionell umfasste das Programm den Linienverkehr ab Potsdam nach Caputh, Petzow, Ferch und Werder. In der Saison 1963 wurden bereits 1,1 Millionen Fahrgäste befördert.

Flottenparade Sonntag 5.Mai 1968

1969 wurde das MS Strandbad Ferch in Dienst gestellt. Es entstand aus dem stillgelegten ehemaligen Dampfer Potsdam. Das alte Schiff wurde dabei völlig neu aufgebaut und in der äußeren Form völlig verändert. Übrig blieben vom alten Schiff nur zwei Bodenplatten. Mit diesem Trick wurde, ganz DDR-typisch, ein langwieriges und möglicherweise erfolgloses Genehmigungsverfahren für einen Neubau umgangen. Realisiert wurde dieser Bau in der Werft Genthin am Elbe-Havel-Kanal. Das Schiff war als erstes in der DDR mit einem so genannten Z-Antrieb ausgerüstet. Ein weiterer Neubau folgte 1971 mit MS Berlin , ebenfalls in der Werft Genthin. Erst sechs Jahre später gab es zwei weitere Neubauten. MS Kiewitt und MS Nedlitz komplettierten den Flottenbestand. MS Kiewitt wurde jedoch von der SED-Staatspartei in Potsdam als Renommierobjekt unter Beschlag genommen und musste von der Weißen Flotte unterhalten werden.
Mitte der 1970er Jahre wurden alle Schiffe mit UKW-Sprechfunk ausgerüstet. Für die damalige Zeit, auf Grund der übertriebenen Sicherheitsdoktrin im grenznahen Fahrtbereich zu West-Berlin nicht ganz selbstverständlich. In den 1980er Jahren, auch nicht ganz selbstverständlich, erhielten einige Fahrzeuge Radargeräte. Dadurch sollte bei plötzlich auftretendem unsichtigem Wetter besonders im Frühjahr und Herbst ein sicheres Manövrieren ermöglicht werden. Im Jahre 1986 wurde die MS Belvedere als weiterer Neubau mit etwa einhundert Plätzen in Fahrt gebracht. Entstanden ist das Schiff in der Yachtwerft Berlin - Köpenick. Mit diesem Schiff, als ausgesprochenes Luxusschiff konzipiert, sollte in erster Linie devisenbringenden Westtouristen exklusiv die schöne Havellandschaft nahe gebracht werden. 1990 wurden zwei weitere Schiffe in den Flottenbestand eingereiht. Die Schiffe Paretz (ehemals Sputnik) und Sacrow (ehemals Lunik) kamen von der Elbe nach Potsdam. Sie hatten zusammen etwa sechshundert Fahrgastplätze. Die damalige MS Potsdam wurde um zehn Meter verlängert und in MS Charlottenhof umbenannt. Am 1. Mai 1991 wurde die MS Stadt Potsdam als vorerst letzter Neubau in Betrieb genommen. MS Sacrow wurde zwischenzeitlich wieder verkauft.


Liste der Fahrgastschiffe nach 1959

Präfix[2] Name

bei der Weissen Flotte

Baujahr/Ort ehem. Namen Bemerkungen / verschrottet / umgebaut / verkauft / Verbleib
DS[3] Caputh 1886/1887 Grabow/Polen DS Gerhard bis 1941,
DS Anna II bis 1960,
1960 Umbau und Modernisierung, 1966 Umbau zum Motorschiff, 1986 unter Denkmalschutz, 1997 verkauft, Einsatz im Senegal und auf den Kanaren
DS Friedensbote 1895 1965 a. D.
DS Potsdam 1898 1963 a. D. 1969 Neuaufbau als Strandbad Ferch
MS[4] Concordia 1895 wurde 1952 zum Motorschiff umgebaut
DS Berlin 1895 1965 a. D. verschrottet
DS Seebad Templin 1904/Stettin Prof. R. von Virchow gebaut in Oderwerke Stettin, 1960 Umbau zum Motorschiff in Placke-Werft Aken, Umbenennung in Seebad Templin, ab 1993 MS Nicole B.Arno Harms Personenschifffahrt
MS Nedlitz 1910 1965 a. D.
MS Werder 1917 1914/19 Cöpenick, 1919/1952 Alfred,
1952/57 Havelland II,
ab 1957 Werder
1989 verkauft an Yachtcharter Ringel[5] Töplitz (Werder/Havel)
MS Berlin 1917 Emden seit 1965 bei Weiße Flotte Potsdam
MS Libelle 1930
MS Möve 1989 nach Nienburg/Saale verpachtet, Ende 1990er Rheinsberg Marina Wolfbruch[8]
MS Sanssouci 1962/Magdeburg 1. Neubau seit 1945, 1994 verkauft, bis 1998 Eventschiff in Berlin, 1998 Adler Queen

Reederei S. Paulsen auf der Oder, ab 2005 Classic Queen Hamburg S.P.M.S. GmbH

MS Cecilienhof 1963/Magdeburg
MS Potsdam 1966/Berlin Gebaut in Yachtwerft Berlin, 1990 Umbau und Verlängerung, umbenannt in Charlottenhof
MS Strandbad Ferch 1969 DS Potsdam von 1898 aus 1963 außerdienstgestelltem DS Potsdam, Neuaufbau

(siehe Text) 2003 Modernisierung, Umbenennung in Königswald

MS Berlin 1971 2006 verkauft nach Havelberg
MS Nedlitz 1976/Berlin Gebaut Yachtwerft Berlin, Typ III, 2003 verkauft nach Prag (Tschechien), MS Klara für Aquavia S.R.O.
MS Kiewitt 1977 1996 verkauft, MS Pannonia nach Zeuthen
MS Belvedere 1986/Berlin Yachtwerft Berlin-Köpenick, Typ III verlängerte Variante, 2005 verkauft nach Berlin an Wassersport- und Service GmbH Köpenick (weiter als Belvedere) [9]
MS Charlottenhof 1965 Potsdam hervorgegangen nach Verlängerung, Umbau und Modernisierung aus MS Potsdam von 1965
MS Sacrow 1964 Sputnik bis 1991 bei VEB Kraftverkehr Wittenberg, 1991/93 Weisse Flotte Potsdam, 1993/98 MS Insel Usedom Peene-Reederei, 1998/03 MS Stadt Barth Hanse-Reederei, 2003/06 MS Visurgis Duna Weser Kft Bremen, seit 2007 MS Rubin Budapest (Ungarn)
MS Paretz 1964Berlin Lunik gebaut in Yachtwerft Berlin, bis 1991 bei Kraftverkehr Wittenberg,
MS Hermannswerder 1969Genthin ursprünglicher Einsatz als Personenfähre Insel Hermannswerder-Kiewitt in Potsdam, angetrieben von Elektromotor, 1997 umgebaut in DIW Berlin
MS Stadt Potsdam 1991/Berlin Yachtwerft Berlin, Typ III verlängerte Variante
MS Königswald 1889/1969 hervorgegangen aus DS Potsdam von 1889 und MS Strandbad Ferch nach Umbau und Modernisierung (Schiffswerft Bolle GmbH)
MS Belvedere 2006/Derben 1. Neubau nach der Privatisierung, Schiffswerft Bolle GmbH Neuderben / Sachsen-Anhalt

Entwicklung nach 1989

Das Jahr 1989 brachte auch für die Weiße Flotte entscheidende Veränderungen. Kurz nach den verordneten Feiern zum 40. Jahrestag der DDR brach das System zusammen und für den Fahrgastschifffahrtsbetrieb in Potsdam begann ein neues Kapitel in seiner Geschichte. Es verging jedoch noch einige Zeit, bis endlich am 3. März 1990, das erste Schiff aus Potsdam in Berlin-Wannsee, damals noch West-Berlin, anlegen konnte. Die Routen der traditionellen Fahrtgebiete auf der Havel zwischen Potsdam und Berlin konnten wieder befahren werden. Zu den ersten Touren gehörten die Fahrt rund um Potsdam auf der Havel und dem Sacrow-Paretzer Kanal und die Fahrtziele Glienicker Brücke und Pfaueninsel. Ziele wie Spandau, Tegel, das Schiffshebewerk Niederfinow und Neuruppin konnten wieder angesteuert werden. Eine kleine Sensation war das Anlegen eines Fahrgastschiffes aus Potsdam nach dreitägiger Fahrt an den Hamburger Landungsbrücken. Mit der Auflösung der Volkseigenen Betriebe auf dem Gebiet der ehemaligen DDR stellte sich für den Magistrat der Stadt Potsdam die Frage eines Verkaufes der Schiffe. Die Schiffe gehörten damals zu den Potsdamer Verkehrsbetrieben, einem Stadtbetrieb.


Hafen


Privatisierung

Die Weiße Flotte wurde im Jahre 2000 zum Verkauf ausgeschrieben. Es gab mehrere Bewerber für das Unternehmen. Dazu gehörten unter anderem Finanzkonsortien aus Hamburg und München. Das wohl beste Konzept legten zwei Jungunternehmer aus der Region vor. Sie erhielten Anfang 2000 den Zuschlag. In Ihrem Besitz befanden sich bereits das Salonschiff Fridericus Rex und das Dampfschiff Gustav. Das Unternehmen Haveldampfschiffahrt blieb eigenständig. Gemeinsam mit der Weißen Flotte Potsdam firmieren sie unter dem Oberbegriff Schiffahrt in Potsdam.

Hafen an der Langen Brücke




Die Flotte nach 2000

Mit der Privatisierung im Jahr 2000 wurde mit einer grundlegenden Rekonstruktion und Modernisierung einiger Schiffe begonnen. Wirtschaftliche Zwänge führten 2003 zum Verkauf des kleinen Fahrgastschiffes MS Nedlitz. Auch das ehemalige Luxusschiff MS Belvedere wurde 2005 verkauft. Grund war unter anderem die geringe Platzkapazität und die hohen Wartungskosten. Nach erfolgter Konsolidierung am Markt konnte erstmals wieder über einen Neubau für die Weiße Flotte nachgedacht werden. Die Schiffe der Weißen Flotte beförderten 2005 erstmals nach der Privatisierung mehr als zweihunderttausend Fahrgäste im Jahr. Im Herbst 2005 wurde dann der erste Neubau[6] nach 15 Jahren auf Kiel[7] gelegt. Das Schiff wurde am 21. Mai 2006 in Potsdam auf den Namen Belvedere getauft.
Inzwischen wurden für besondere Kundenwünsche mehrere Kleinfahrzeuge dazugekauft. Dazu gehören auch die Wassertaxen und das Charterboot Luise.



An Potsdam angrenzende traditionelle Fahrtgebiete im Berliner Raum



Fahrtgebiete

Traditionell werden Rundfahrten auf den Havelgewässern rund um Potsdam mit Zielen bis Brandenburg an der Havel und Berlin angeboten. Es werden aber auch Tagesfahrten nach Berlin, Havelberg und Magdeburg durchgeführt. Alle Schiffe können auch gechartert werden.

Flottenbestand (aktuell)

  • MS Cecilienhof
  • MS Charlottenhof
  • MS Königswald
  • MS Paretz
  • MS Stadt Potsdam
  • MS Belvedere
  • MS Fridericus Rex
  • DS Gustav
  • Charterboot Luise
  • Wassertaxi 1
  • Wassertaxi 2

Schiffsbilder

Einzelnachweise

  1. Deutsche Schiffahrts-und Umschlagszentrale[1]
  2. Präfixe von Schiffsnamen[2]
  3. Dampfschiff[3]
  4. Motorschiff[4]
  5. Yachthafen Ringel[5]
  6. Märkische Allgemeine Zeitung[6]
  7. Kiellegung[7]

Literatur

  • Segler und Dampfer auf Havel und Spree Paepke, Rook Brandenburgisches Verlagshaus / ISBN 3894880325
  • Jahrbuch der Schiffahrt div. Jahrgänge transpress VEB Verlag für Verkehrswesen Berlin
  • Deutsche Binnenfahrgastschiffe Illustriertes Schiffsregister Dieter Schubert Uwe Welz Verlag Berlin 2000 / ISBN 3-933177-10-3

Weblinks


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