Westerland

Westerland
Westerland
Gemeinde Sylt
Wappen der ehemaligen Stadt Westerland
Koordinaten: 54° 55′ N, 8° 18′ O54.918.30755Koordinaten: 54° 54′ 36″ N, 8° 18′ 27″ O
Höhe: 5 m
Fläche: 10,45 km²
Einwohner: 9.032 (31. Dez. 2007)
Eingemeindung: 1. Jan. 2009
Postleitzahl: 25980
Vorwahl: 04651
Karte

Lage der ehemaligen Stadt im Kreis Nordfriesland

Westerland (dänisch: Vesterland, friesisch: Wäästerlön oder Weesterlön) ist ein Ortsteil der Gemeinde Sylt im Kreis Nordfriesland in Schleswig-Holstein und ist Hauptort der Nordseeinsel Sylt. Von 1905 bis 2008 besaß Westerland das Stadtrecht. Westerland liegt ca. 74 km westlich von Flensburg, 134 km nordwestlich von Kiel und 186 km nordwestlich von Hamburg.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Dorfstraße in Westerland, Postkarte (um 1900)
Strand von Westerland
Musikmuschel auf der Strandpromenade
Rathaus und Casino

Die ehemals selbstständige Stadt Westerland ist nach Hörnum der jüngste Ort auf Sylt. Nachdem bei der Allerheiligenflut am 1. November 1436 der Ort Eidum vollständig zerstört wurde, gründeten die Überlebenden auf den Heideflächen nordöstlich der alten Siedlung einen neuen Ort. Der Name Westerland leitet sich wohl von einer alten Tinnumer Flurbezeichnung ab, auf der diese neue Siedlung entstand: Es handelte sich um das Land westlich des Dorfes, also das Wester-Land. Das heutige Alt-Westerland wurde 1462 erstmals urkundlich erwähnt.

Nachdem die ehemaligen Eidumer noch 200 Jahre lang ihre zwischen den Dünen stehende Kirche benutzt hatten, die noch 1648 auf Johannes Mejers Karte eingezeichnet ist, begannen sie 1635 am Ostrand ihres neuen Dorfes mit dem Bau einer eigenen Kirche, der heutigen Dorfkirche St. Niels, die wie die Eidumer Kirche Nikolaus von Myra, dem Heiligen der Seefahrer, geweiht war. Das Inventar und die Glocke stammen aus der alten Eidumer Kirche.

1778 bestand Westerland nur aus 124 Häusern und war so arm, dass kein einziger Landbesitzer sich von seinem Land ernähren konnte, weil das fruchtbare Marschland entweder von der See weggespült wurde oder von den Dünen versandete, wie das Kirchenkollegium an den Herzog schrieb, verbunden mit der Bitte, eine Kollekte zur Renovierung der inzwischen baufälligen Kirche zu genehmigen.[1]

1855 wurde der Ort zum Seebad. Die etwa 500 Einwohner beherbergten in der ersten Saison 98 Gäste. Bald galt Westerland als das fortschrittlichste Bad, da im sogenannten Familienbad Männer und Frauen gemeinsam baden durften. Das erste neu erbaute Hotel des Ortes war die im Jahr 1858 eröffnete Dünenhalle, später Hotel Union an der Deckerstraße. Dieses Haus überlebte die Zeiten, bis es im Jahr 2002 abgerissen wurde. Hauptort der Insel wurde Westerland erst mit der Anerkennung als Seebad; bis dahin war über Jahrhunderte Keitum der Hauptort Sylts; dort befand sich zum Beispiel noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts die einzige Apotheke der Insel. Durch seine zentrale Lage am Schnittpunkt aller Verkehrsachsen und aufgrund seiner Strandnähe festigte sich in den vergangenen 150 Jahren Westerlands insulare Vormachtstellung. 1905 erhielt Westerland schließlich das Stadtrecht.

Durch die vielen katholischen Kurgäste sah man sich veranlasst, 1896 ein katholisches Gotteshaus, die Herz-Jesu-Kirche, zu bauen. Diesem folgte 1957 ein größerer Bau, die Christophoruskirche. Die alte Kirche wurde daraufhin von der Stadt Westerland abgerissen. Wegen mangelhafter Bauqualität wurde jedoch schon in den 90er Jahren entschieden, diese abzureißen und an gleicher Stelle durch einen Neubau zu ersetzen, der am Palmsonntag des Jahres 1999 eingeweiht wurde.[2]

1908, als die kleine Dorfkirche St. Niels für die schnell wachsende Bevölkerung und die vielen Gäste nicht mehr ausreichte, errichtete man zusätzlich die Stadtkirche St. Nikolai.

Hauptartikel: St. Nicolai (Westerland)

In den 1920er-Jahren war Westerland auf dem Weg, ein mondänes Seebad zu werden. In der Zeit des Nationalsozialismus gehörte Westerland, das bis dahin als judenfreundlich gegolten hatte, zu den Strandbädern, die 1934 Juden die Aufnahme und Beherbergung verweigerten. Damit verlor es einen Großteil seines vorherigen Publikums.

1949 folgte schließlich die Anerkennung als Seeheilbad. Dem Bauboom, der die Stadt in den 1960er-Jahren erfasste, fielen viele alte Villen und Logierhäuser neuen Appartementbauten zum Opfer. Zwischen 1951 und 1964 war mit dem SS-Gruppenführer Heinz Reinefarth einer der Befehlshaber bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes Bürgermeister von Westerland.[3]

Per Bürgerentscheid wurde am 25. Mai 2008 der Zusammenschluss mit der Gemeinde Sylt-Ost zum 1. Januar 2009 beschlossen.[4] Seit dem 1. Januar 2009 bilden diese beiden Gemeinden gemeinsam mit Rantum die neue Gemeinde Sylt.[5]

Bevölkerungsentwicklung

  • 1755: 00 490 Einwohner
  • 1804: 00 437 Einwohner
  • 1905: 02.292 Einwohner
  • 1934: 03.614 Einwohner
  • 1939: 06.209 Einwohner
  • 1946: 10.957 Einwohner
  • 1961: 08.507 Einwohner
  • 1968: 11.020 Einwohner (hier wurden noch alle Zweitwohnungsbesitzer mit erfasst)
  • 1979: 09.525 Einwohner (ab hier ohne Zweitwohnungsbesitzer)
  • 2006: 08.973 Einwohner
  • 2007: 09.072 Einwohner [6]

Politik

Bürgermeister (1905–2008)

  • 1905–1908 Bürgermeister Kindler
  • 1908–1915 Bürgermeister Dr. Frommhold
  • 1915–1920 verwaltet Stadtsekretär Kapp das Amt des Bürgermeisters
  • 1920–1933 Kapp
  • 1933–1934 Bürgermeister Dr. Findeisen
  • 1934–1938 Bürgermeister und Kurdirektor Dr. Schuldt
  • 1938–1939 Komm. Bürgermeister Ortsgruppenleiter Jacobsen
  • 1939–1940 Bürgermeister Fiedler
  • 1940–1942 Bürgermeister Freiherr v. Heintze
  • 1942–1943 Bürgermeister Bergmann
  • 1943–1944 Komm. Bürgermeister Oberinspektor Schmidt
  • 1944 Komm. Bürgermeister Böhm
  • 1944 Komm. Bürgermeister Ortsgruppenleiter Jacobsen
  • 1945 Bürgermeister Kapp
  • 1945 Komm. Bürgermeister Momsen
  • 1946–1951 Bürgermeister Andreas Nielsen
  • 1951: Bürgermeister Lobsien
  • 1951–1964: Heinz Reinefarth, GB/BHE
  • 1964–1976: Ernst Schilling CDU
  • 1976–1991: Volker Hoppe, CDU
  • 1991–2008: Petra Reiber, parteilos

Wappen

Blasonierung: „In Silber über blau-silbernen Wellen ein roter Leuchtturm mit goldener Laterne, von dem nach rechts und links drei rote, goldschimmernde Strahlenbündel ausgehen. Das Mauerwerk unterhalb der Laterne ist belegt mit einem geteilten Schild: oben Silber ohne Bild, unten Blau, darin ein silberner Hering.“[7]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Allgemeines

Westerland hat mit der „Heimat für Heimatlose“ einen besonderen Friedhof für die namenlos angetriebenen toten Seeleute mit einem zentralen Mal, einem mächtigen Findling mit einem Gedicht des Kirchenlieddichters Rudolf Kögel. Bekannt ist Westerland auch für seine lange Promenade entlang des Weststrandes: sie ist über sechs Kilometer lang und besteht seit über 100 Jahren. Auf dieser Promenade finden in der Saison abends regelmäßig Kurkonzerte in der sogenannten „Musikmuschel“ statt. Das im Jahr 2004 eröffnete Sylt Aquarium bietet den Besuchern Einblicke in die Unterwasserwelt der Meere.

Historische Bauwerke

  • Kirche St. Niels von 1635
Die alte Dorfkirche von Westerland birgt eine Reihe wertvoller Kunstwerke. Der Turm entstand 1875.
Der Bau der neuromanischen Stadtkirche wurde notwendig, weil die alte Dorfkirche St. Niels zu klein geworden war.
  • Kurhaus von 1897
Nach Ende des Ersten Weltkriegs wurden dort Vergnügungsstätten, Bars und Spielsäle eingerichtet. Heute beherbergt das Bauwerk das Rathaus und das Spielkasino.
Die 1999 errichtete Kirche ist ein bemerkenswerter Bau der Postmoderne.

Wirtschaft und Infrastruktur

Die Wirtschaft Westerlands ist sehr stark auf den Tourismus der Insel ausgerichtet. Im Jahr 2002 war Westerland hinter Sankt Peter-Ording zweitwichtigster Ort für den Tourismus in Schleswig-Holstein: 96.120 Gäste, davon 271 (0,28 %) aus dem Ausland, buchten 819.935 Übernachtungen. Die Stadt verfügte über 9.159 Gästebetten. Im Süden der Stadt befindet sich ein Campingplatz.

Für die Insel Sylt bildet Westerland ein Zentrum für die Versorgung; Einzelhandel und Dienstleister versorgen Einwohner und Gäste der gesamten Insel.

Die Reederei Adler-Schiffe hat ihren Sitz in Westerland.

Verkehr

In Westerland ist wie auf allen nordfriesischen Inseln Autoverkehr gestattet. Es gibt in Westerland ein gut ausgebautes Straßennetz und genügend (z. T. gebührenpflichtige) Parkplätze. In den 1970er- und 1980er-Jahren wurde in Westerland ein Nachtfahrverbot in einigen Straßen des „Kurzentrums“ eingeführt, für dessen Umsetzung nachts einige Straßen ab 22:00 Uhr mit einer Schranke verschlossen wurden, sodass kein Autoverkehr mehr möglich war. Da diese Maßnahme jedoch mehr behindert als genützt hat, wurde das Nachtfahrverbot 1998 wieder aufgehoben und die Schranken abgebaut.

Schienenverkehr

Sylt und damit auch Westerland ist nicht über eine Straßenverbindung zu erreichen. Stattdessen besteht eine Verbindung mit dem Sylt-Shuttle genannten Autozug zwischen Niebüll und Westerland (Sylt). Die auch als Marschbahn bezeichnete Eisenbahnstrecke führt über den 11,3 km langen Hindenburgdamm durch das Wattenmeer. Der Personenverkehr wird von der Deutschen Bahn mit InterCity-Zügen und von der Nord-Ostsee-Bahn mit Nahverkehrszügen durchgeführt.

ÖPNV

Auf Sylt liegt Westerland zentral. Neben dem Bahnhof mit Verbindungen in östlicher Richtung nach Keitum und Morsum gibt es Buslinien der Sylter Verkehrsgesellschaft Richtung Süden nach Hörnum und Richtung Norden nach List. Diese Linien sowie die Linie Westerland–Munkmarsch stellen das frühere Netz der Sylter Inselbahn dar, deren Betrieb 1970 eingestellt wurde. In Westerland fahren zwei Linien der Stadtbusse, von denen eine durch den Norden der Stadt bis zur Nordseeklinik führt und die andere durch den Süden der Stadt fährt. Durch diese Buslinie sollen die mittlerweile verstreut liegenden Wohngebiete der Stadt besser an die Innenstadt angeschlossen werden.

Flugverkehr

Westerland ist weiterhin über den ca. drei Kilometer östlich des Stadtzentrums gelegenen Flughafen Sylt im Linien- und Charterverkehr zu erreichen.

Schiffsverkehr

Westerland selbst hat keinen Hafen, es gibt aber von den Häfen in Hörnum und List Fährverbindungen zu den Nachbarinseln. Sylt ist per Autofähre der Rømø-Sylt-Linie von der dänischen Nachbarinsel Römø aus zu erreichen. Außerdem gibt es eine Linie im Fährverkehr – ohne Kfz-Beförderung – von Nordstrand über Amrum nach Hörnum.

Bildung

Westerland hat zwei Grundschulen, eine Gemeinschaftsschule und ein Gymnasium (Gymnasium Sylt). Des Weiteren gibt es eine dänische Grund- und Hauptschule (Vesterland-Kejtum Danske Skole) sowie eine Förderschule. Die Beruflichen Schulen des Kreises Nordfriesland haben eine Außenstelle in Westerland.

Für den Bereich der Erwachsenenbildung steht die Volkshochschule Sylt.

Sendeanlage

Sender Westerland

Persönlichkeiten

siehe dazu auch die Liste der Sylter Persönlichkeiten

  • Die rumänische Königin und Dichterin Carmen Sylva besuchte Westerland in der Anfangszeit des Bades regelmäßig und machte das Bad damit auch in Adelskreisen „hoffähig“.
  • Der Schauspieler Uwe Dallmeier (* 27. August 1923 in Dithmarschen) verstarb hier in seinem Wohnsitz am 19. November 1985.
  • Der Sylter Chronist Harald Voigt machte sich mit zahlreichen Publikationen und Veröffentlichungen um die Geschichte Sylts verdient.

Weblinks

 Commons: Westerland – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. in: Peter Schmidt-Eppendorfer: Sylt. Memoiren einer Insel. Dokumente, Chroniken, Berichte aus 1001 Jahren, Husum 1977, S. 74−75
  2. Katholische Kirche - Dekanat Flensburg
  3. Rundfunk Berlin-Brandenburg: Deutsche und Polen: Heinz Reinefarth, Der Henker von Warschau
  4. http://www.shz.de/lokales/sylter-rundschau/artikeldetails/article/789/westerland-und-sylt-ost-fusionieren-1.html
  5. StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2009, 1. Liste
  6. http://www.daeb.de/schleswig-holstein/nordsee/nordfriesland.php
  7. Kommunale Wappenrolle Schleswig-Holstein

Literatur

  • Herbert Bruns: SYLT – Natur, Erholung, Forschung, Lehre, Umweltbelastung, Inselplanung und Bürgerinitiative. Dokumentation vom Kampf gegen 'Atlantis' und für Sylt. Band 4 (Nr. 37-52) in der Reihe BIOLOGISCHE ABHANDLUNGEN, Biologie-Verlag, Wiesbaden 1975.
  • Manfred Wedemeyer und Harald Voigt: Westerland. Bad und Stadt im Wandel der Zeit. Stadt Westerland, Westerland 1980.

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