Wickel

Wickel

Ein Wickel beschreibt ein oder mehrere zirkulär um den Körper (Ganzkörperwickel) oder einen Körperteil (Teilwickel) angelegte Tücher, die mit einer temperierten Flüssigkeit befeuchtet oder mit einer Substanz bestrichen sind. Zu den Wickeln werden in der Regel auch Auflagen, Kompressen oder Umschläge aus Tüchern gezählt, die auf der Haut angebracht werden. Im Bereich professioneller Pflege zählen Wickel und Auflagen zu den alternativpflegerischen Methoden, eine gesonderte Fortbildung zum Fachmann/frau für Wickelanwendungen ist in Deutschland und der Schweiz möglich. Wickel werden jedoch auch in der nichtberuflichen Pflege als Hausmittel eingesetzt. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der Wadenwickel. Im Unterschied zu Verbänden und Heilpflastern werden Wickel nur kurzzeitig angelegt und sie werden vor allem zur Applikation von Wirkstoffen oder zum Erreichen physikalischer Wirkungen eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau und Unterscheidung

Wickel sind aus mehreren Lagen zusammengesetzt. Dabei wird das am Körper anliegende Innentuch aus mehreren Stofflagen gebildet und um den Körper beziehungsweise den Körperteil gewickelt. Danach folgt eine Umwicklung des Innentuchs mit einem trockenen und substanzfreien Aussentuch. Bei Auflagen ist das Innentuch auf einen bestimmten Körperteil, beispielsweise die Brust, begrenzt. Das Innentuch wird in der Regel ebenfalls mit einem Aussentuch befestigt, das um das betreffende Körperteil gewickelt wird. Wickel und Auflagen lassen sich zudem noch in der Größe der Fläche oder ihrer Anwendung unterscheiden. So werden Wickel, bei denen mindestens die Hälfte des Körpers von mehreren Tuchschichten eingewickelt sind, als Packung und Brei- oder Pastenumschläge als Kataplasmen bezeichnet. Der Begriff Peloid beschreibt Pastenumschläge aus Moor-, Heil- oder Lehmerde, beispielsweise Fangopackungen. Kaltwasserwickel werden auch als Prießnitzwickel beschrieben, während Kneippwickel sowohl kalt, warm oder mit Substanzen angelegt werden können, aber einem bestimmten Aufbau mit drei Tüchern aus Leinen, Flanell und Wolle folgen.[1]

Zweck und Einsatzgebiete

Wickel und Auflagen können aus verschiedenen Gründen eingesetzt werden. Warme und kalte Wickel dienen beispielsweise in der physikalische Therapie dazu, einen Reiz zu setzen um die Durchblutung der Haut anzuregen und dadurch das Stoffwechselgeschenen an der betroffenen Stelle zu beeinflussen. Einige Wickel sollen über einen peripheren Reiz an anderer Stelle Spannungen ableiten, beispielsweise werden Fußsohlenauflagen bei Kopfschmerzen eingesetzt. Mit Substanzen wie Lehm, Tonerde, Heilkräuter oder Öle bestrichene Wickel und Auflagen sollen je nach spezifischer Wirkung der Substanz entsprechende Wirkstoffe über die Haut in den Körper einbringen. Neben diesen Wirkungsweise haben Wickel allgemein einen psychogene Effekt; der Betroffene erhält Aufmerksamkeit, fühlt sich geborgen und kommt zur Ruhe.[2]

Arten

Feucht-heiße Wickel

Feucht-heiße Wickel bewirken durch intensive Wärmeeinwirkung eine lokale Gefäßerweiterung und Durchblutungssteigerung und werden vorrangig zur Entkrampfung und Entspannung eingesetzt. Sie werden bei chronisch-entzündlichen Prozessen, Muskelverspannungen und bei schmerzbedingtem Kälteempfinden zur Steigerung des Wohlbefindens eingesetzt. Kontraindiziert ist die Anwendung vor allem bei akuten Entzündungen und Traumen, Durchblutungsstörungen, Krampfadern und bei Patienten, die subjektiv eine Kühlung als schmerzlindernd empfinden. Feucht-heiße Wickel können bei nicht fachgerechter Anwendung zu Verbrühungen und Kreislaufproblemen führen; die Anwendung bei Menschen, deren Artikulations- oder Reaktionsvermögen eingeschränkt ist wie Kleinkindern, Hochbetagten oder Bewußtlosen, bedarf deshalb besonderer Vorsichtsmaßnahmen. Feucht-heiße Wickel werden als Gelenkwickel, Dampfkompresse, Brust-, Bauch- und Nierenauflage angewandt. Kartoffelauflagen, Heublumensäckchen und Leinsamenkompressen werden ebenfalls feucht-heiß aufgebracht.[3]

Temperierte Wickel

Die maximal körperwarm temperierten Wickel dienen in der Regel dazu einen Wirkstoff in die Haut einzubringen, für eine milde Durchwärmung zu sorgen und wirken entspannend. Ätherische Öle können zugesetzt werden um das Wohlbefinden des Patienten zu steigern. Die Wickel und Auflagen werden je nach Indikation mit Substanzen bestrichen. Kontraindikationen beziehen sich hierbei vor allem auf die eingesetzten Substanzen, neben Allergien und Unverträglichkeiten können die Wirkstoffe eine allopathische oder homöopathische Therapie negativ beeinflussen. Zu den temperierten Wickeln gehören beispielsweise Ohrenwickel mit Zwiebeln, Lavendelbrustwickel, Blasenkompressen mit Eukalyptusöl, Kamillenkompressen und Salbenauflagen mit Ringelblumen-, Arnika-, Engelwurz- oder Kupfersalbe. Niedrig temperierte Wickel können auch ohne Wirkstoffe eingesetzt werden, beispielsweise bei sehr hohem Fieber vor Anbringung eines kalten Wickels um den Patienten auf die Kälteeinwirkung vorzubereiten. [4]

Anwendungen mit hautreizenden Substanzen

Auflagen mit hautreizenden Substanzen bewirken durch Reizung der Haut eine reaktive Hyperämie, die Haut wird durch die Substanz gereizt, die Blutgefäße werden als Reaktion darauf weitgestellt und es findet eine deutlich stärkere Durchblutung des Gewebes statt. Eingesetzt werden diese Auflagen zur Linderung chronischer Erkrankungen wie Asthma oder bei Entzündungen im Bereich der Niere, Blase, Lunge, Stirn- und Kieferhöhle. Diese Art von Wickeln kann zu Hautschädigungen führen und belasten zum Teil sehr stark den Kreislauf. Sie sollten nur von fachkundigen Personen und nach ärztlicher Abklärung möglicher Risiken angewandt werden. Die Anwendungen und werden häufig als unangenehm empfunden. Eingesetzte Substanzen sind Ingwer, Senfkörner und Meerrettich in Form von Kompressen oder kleineren Auflagen.[5]

Kalte Wickel

Kalte und kühlende Wickel werden angebracht, um durch eine Vasokonstriktion eine Blutung zu reduzieren und eine Abschwellung zu erreichen, einen Reiz zu setzen, Wärme bei entzündlichen Vorgängen abzuleiten und die Schmerzempfindung herabzusetzen. Um den kühlenden Effekt zu verstärken, können Substanzen zugefügt werden, die Wärme besser ableiten oder schneller verdunsten als Wasser und so den kühlenden Verdunstungseffekt verstärken. Eingesetzt werden kalte Wickel bei Schmerzen durch entzündliche Vorgänge, bei Schwellungen nach akuten Traumen, zur Fiebersenkung, bei Verbrennungen und zur Blutstillung. Kühlende Wickel sind bei erschöpften und hochbetagten Menschen kontraindiziert, ebenso bei Patienten mit Empfindungs- und Durchblutungsstörungen sowie gelähmten Körperteilen. Unterschieden werden können dabei intensiv kältefordernde Wickel wie tiefgekühlte Salzwasserkompressen, Eis- oder Gelbeutel und mild kaltefördernde Wickel. Letztere sind beispielsweise Essigsocken, Waden-, Alkohol-, Zitronen- und Quarkwickel.[6]

Literatur

  • Sandra Bachmann, Alfred Längler: Hausmittel in der modernen Medizin: Tees, Wickel, Bäder & Co, Elsevier,Urban&FischerVerlag, 2005, ISBN 3437569406, S. 59–79
  • Rudolf Likar, Günther Bernatzky, Dieter Märkert, Wilfried Ilias: Schmerztherapie in der Pflege: Schulmedizinische und komplementäre Methoden. Springer, 2009, ISBN 3211720863
  • Annegret Sonn: Wickel und Auflagen. Georg Thieme Verlag, 2004, ISBN 3131119128

Einzelnachweise

  1. Annegret Sonn: Wickel und Auflagen. Georg Thieme Verlag, 2004, ISBN 3131119128, S. 7
  2. Annegret Sonn: Wickel und Auflagen. Georg Thieme Verlag, 2004, ISBN 3131119128, S. 7–8
  3. Rudolf Likar, Günther Bernatzky, Dieter Märkert, Wilfried Ilias: Schmerztherapie in der Pflege: Schulmedizinische und komplementäre Methoden. Springer, 2009, ISBN 3211720863, S. 415–416
  4. Rudolf Likar, Günther Bernatzky, Dieter Märkert, Wilfried Ilias: Schmerztherapie in der Pflege: Schulmedizinische und komplementäre Methoden. Springer, 2009, ISBN 3211720863, S. 419-422
  5. Rudolf Likar, Günther Bernatzky, Dieter Märkert, Wilfried Ilias: Schmerztherapie in der Pflege: Schulmedizinische und komplementäre Methoden. Springer, 2009, ISBN 3211720863, Seite 422
  6. Rudolf Likar, Günther Bernatzky, Dieter Märkert, Wilfried Ilias: Schmerztherapie in der Pflege: Schulmedizinische und komplementäre Methoden. Springer, 2009, ISBN 3211720863, S. 419
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