Wieczorek-Zeul

Wieczorek-Zeul
Heidemarie Wieczorek-Zeul (2004)

Heidemarie Wieczorek-Zeul [ˈviːtʃoʁɛkˈtsɔɪ̯l] (* 21. November 1942 in Frankfurt am Main als Heidemarie Zeul) ist eine deutsche Politikerin (SPD). Seit 1998 ist sie Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Beruf

Heidemarie Zeul absolvierte von 1961 bis 1965 ein Studium für das Lehramt an Haupt- und Realschulen für die Fächer Englisch und Geschichte in Frankfurt am Main. Von 1965 bis 1974 war sie als Lehrerin an der Friedrich-Ebert-Schule und von 1977 bis 1978 an der Georg-Büchner-Schule in Rüsselsheim tätig. Von 1965 bis 1979 war sie mit dem SPD-Politiker Norbert Wieczorek verheiratet. Nach der Scheidung behielt sie den Nachnamen Wieczorek-Zeul.

Politische Karriere

Partei

Heidemarie Wieczorek-Zeul, 1976
Wieczorek-Zeul 1988

Seit 1965 ist Wieczorek-Zeul Mitglied der SPD. Von 1974 bis 1977 war sie Bundesvorsitzende der Jungsozialisten, die erste Frau in dieser Position. In dieser Zeit erwarb sie sich den Ruf als „Rote Heidi“ bzw. „Rote Heide“. Seit 1984 ist sie Mitglied im SPD-Bundesvorstand. Von 1987 bis 1999 war sie Vorsitzende des SPD-Bezirksverbandes Hessen-Süd. Bei der Urabstimmung der Mitglieder 1993 über einen neuen SPD-Bundesvorsitzenden kandidierte sie erfolglos gegen Rudolf Scharping und Gerhard Schröder. Von 1993 bis 2005 war sie stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD.

Abgeordnete

Von 1968 bis 1972 war Wieczorek-Zeul Stadtverordnete in Rüsselsheim und 1972 war sie Mitglied des Kreistages in Groß-Gerau. Von 1977 bis 1979 hatte sie das Amt der Vorsitzenden des „Europäischen Koordinierungsbüro der internationalen Jugendverbände“ inne.

1979 wurde sie bei der ersten Direktwahl in das Europäische Parlament gewählt, dem sie bis zu ihrer Wahl in den 11. Deutschen Bundestag 1987 angehörte. Seit 1987 ist sie Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier war sie von 1987 bis 1998 europapolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Heidemarie Wieczorek-Zeul gehört der Parlamentarischen Linken der SPD-Bundestagsfraktion an.

Sie ist mit 44,1 % der Stimmen direkt gewählte Abgeordnete des Wahlkreises 180 (Wiesbaden).

Öffentliche Ämter

Am 27. Oktober 1998 wurde sie als Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in die von Bundeskanzler Gerhard Schröder geführte Bundesregierung berufen. Dieses Amt behält sie auch in der seit dem 22. November 2005 von Bundeskanzlerin Angela Merkel geführten Großen Koalition. Sie ist damit das einzige Regierungsmitglied der Bundesregierungen während der sozialdemokratischen Regierungszeit seit 1998, das die ganze Zeit in der Bundesregierung war. Aus diesem Grund ist sie auch laut Paragraf 22 der Geschäftsordnung der Bundesregierung die Vertreterin des Stellvertretenden Bundeskanzlers.

Politische Positionen

Wieczorek-Zeul sprach im Sommer 2004 im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg von einem Verbrechen. Nach Angaben ihres Ministeriums hatte Wieczorek-Zeul bei der Eröffnung einer Ausstellung gesagt: „Der Irakkrieg hat entsetzliches menschliches Leid und zahlreiche Opfer bei der Zivilbevölkerung, aber auch bei den Soldaten mit sich gebracht. Das ist ein wirkliches Verbrechen.“[1] [2][3]

Wieczorek-Zeul nannte den israelischen Angriff auf den Libanon im Juli 2006 „völkerrechtlich völlig inakzeptabel“ und erntete dafür harte öffentliche Kritik, unter anderem von der Jungen Union, der FDP und den Grünen. Seitens des Zentralrates der Juden in Deutschland wurde daraufhin die Frage gestellt, „ob eine solche Entwicklungshilfeministerin im Namen der Sozialdemokraten noch tragbar“ sei.[4][5]

Im Rahmen der deutschen Beziehungen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde bemüht sich Wieczorek-Zeul um eine Anerkennung der Anfang 2007 gewählten Einheitsregierung aus Hamas und Al-Fatah. Darüber hinaus dürften nach ihrer Ansicht Gewaltverzicht und Anerkennung des Existenzrecht Israels (u.a. Teile der sogenannten Roadmap) sowie die Anerkennung der noch von der PLO geschlossenen Verträge nicht Vorbedingungen für Gespräche sein.[6]

Kritik

Heidemarie Wieczorek-Zeul wird maßgeblich mit der Kampagne für Andrea Nahles in Verbindung gebracht, die sich am 31. Oktober 2005 im Parteivorstand der Sozialdemokratischen Partei in einer Kampfabstimmung um die Nominierung zur Generalsekretärin gegen den vom damaligen Parteichef Franz Müntefering vorgeschlagenen Kajo Wasserhövel durchsetzte. Müntefering kündigte daraufhin an, nicht mehr für den Parteivorsitz kandidieren zu wollen. Er löste damit eine große parteiinterne Führungskrise aus, in dessen Folge Heidemarie Wieczorek-Zeul teils massiv kritisiert wurde. Sie beugte sich schließlich dem öffentlichen Druck zum Verzicht auf ihr Führungsamt als SPD-Vize. [7][8][9]

2006 während des Libanonkrieges warf der Zentralrat der Juden in Deutschland Heidemarie Wieczorek-Zeul vor antisemitisch zu sein, da sie einseitig Israel kritisiere.[10]

Ehrenamtliches Engagement

Wieczorek-Zeul ist Mitglied im Beirat der Humanistischen Union und gehörte der Synode der Evangelischen Kirche von Hessen-Nassau an.

Sie ist Schirmherrin von Work for Peace, dem Schüleraktionstag für Afrika, der seit 2005 vom Weltfriedensdienst e.V. durchgeführt wird.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nach Irak-Äußerungen Union: Kanzler soll Entwicklungsministerin maßregeln FAZ vom 3. September 2004
  2. Elefant im diplomatischen Porzellanladen: Politiker fordert Maulkorb für Bundesministerin NZ Netzeitung vom 3. September 2004
  3. Äußerung zu Israel: Wieczorek-Zeul unter Druck SPIEGEL ONLINE vom 18. Juli 2006.
  4. Presseerklärung: Zentralrat kritisiert Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul (SPD) Zentralrat vom 16. Juli 2006.
  5. Im Kreuzfeuer der Kritik: Wieczorek-Zeul nennt Israels Angriffe „völkerrechtlich völlig inakzeptabel.“ RP Online vom 18. Juli 2006.
  6. Wieczorek-Zeul trifft am Freitag neuen Palästinenser-Minister“, Gespräch mit der Allgemeinen Zeitung vom 21. März 2007.
  7. SPD-Vorstand: Die „Königsmörder“ müssen gehen Handelsblatt vom 1. November 2005
  8. SPD-Vize: Wieczorek-Zeul kandidiert nicht mehr SPIEGEL ONLINE vom 1. November 2005
  9. Sozialdemokraten: SPD-Chef will Wasserhövel ZEIT vom 24. Oktober 2005.
  10. http://www.focus.de/politik/deutschland/antisemitismus_aid_114619.html.

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