Wiedereingliederung

Wiedereingliederung
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Rehabilitation oder Rehabilitierung (v. mittellat.: rehabilitatio = „Wiederherstellung“) bezeichnet die Bestrebung oder deren Erfolg, einen Menschen wieder in seinen vormals existierenden körperlichen Zustand zu versetzen (medizinische Rehabilitation, berufliche Rehabilitation vgl. Berufsförderungswerk), beziehungsweise in seine frühere soziale oder juristische Position (z. B. Wiederherstellung der Ehre).

In der Suchttherapie und bei technischen Vorgängen spricht man hingegen von Rekuperation.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsklärung und Differenzierung

Der Begriff Rehabilitation wird in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet:

  • In der Medizin bezeichnet er den Einsatz und die Wirkung von Maßnahmen, die darauf zielen, die körperlichen, psychischen und sozialen Folgen einer Behinderung bzw. Aktivitätseinschränkung (engl. früher: Disability, jetzt: Activity) und Störung der Teilhabe (früher: Handicap, jetzt: Participation) auf ein Minimum zu beschränken.
  • Im Sozial- und Arbeitsleben bedeutet Rehabilitation heute die Wiedereingliederung in den Alltag oder das berufliche Leben.
  • Im politischen Kontext bezeichnet eine Rehabilitation jene Aktionen, die gesetzt werden, um das Ansehen und den Ruf einer Person gezielt oder Personengruppe pauschal wiederherzustellen, nachdem sie durch eine vorhergehende Aktion in Verruf geraten ist. Dazu gibt es beispielsweise in der Parteigerichtsbarkeit der politischen Parteien besondere Verfahrensarten vor den Parteigerichten, die als Schiedsgerichte in Rehabilitationssachen auf Antrag des Betroffenen entscheiden.

Rehabilitation behinderter Menschen

Rehabilitation in der Medizin/im Gesundheitswesen

Die medizinische Rehabilitation versucht, einen die Teilhabe oder Erwerbsfähigkeit bedrohenden oder (z. B. durch Unfall) entstandenen Gesundheitschaden zu beseitigen, zu mildern oder Folgen zu beseitigen. Dazu dienen Reha-Kliniken (früher Kuren) und ambulante Rehamaßnahmen. Medizinische Rehabilitation gibt es aber auch für Menschen, die nicht oder nicht mehr im Erwerbsleben stehen (z. B. Kinder oder alte Menschen) oder für Mütter und Väter (Mutter-/Vater-Kind-Kuren, Mütterkuren).

Berufliche Rehabilitation – Teilhabe am Arbeitsleben

Die berufliche Rehabilitation (gesetzlich: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) folgt dem Grundprinzip „Rehabilitation vor Rente“ und versucht, durch Reha-Maßnahmen die Betroffenen wieder in den beruflichen Alltag zu integrieren (z. B. durch Umschulungen), Weiterbildungen, berufliche Trainingsmaßnahmen, Integrationsprojekte (Integrationsunternehmen), Berufsförderungswerke und Werkstätten für behinderte Menschen.

Soziale Rehabilitation – Teilhabe in der Gemeinschaft

Die soziale Rehabilitation umfasst alle Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§§55–58). Diese können zum Beispiel sein: Wohnungshilfe, Betreutes Wohnen, Haushaltshilfe, Tagesstätten.

Hierzu zählen ebenfalls Heilpädagogische Leistungen (§56), Förderung der Verständigung (§57) und Hilfen am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (§58).

Gesetzliche Grundlagen

Gesetzliche Grundlagen für die Rehabilitation sind das Sozialgesetzbuch:

Es gibt in Deutschland sieben Arten von Rehabilitationsträgern (Leistungsträgern), nämlich die

Leistungen zur beruflichen Rehabilitation (Teilhabe am Arbeitsleben) für schwerbehinderte Menschen werden nachrangig nach Maßgabe des § 102 Abs. 5 SGB IX auch von den Integrationsämtern (früher: Hauptfürsorgestellen) erbracht. Das Integrationsamt ist aber kein Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 SGB IX.

Siehe auch: Behinderung

Der Rehabilitationsantrag

Um eine Rehabilitation zu beantragen, erhält der Patient einen Antragsvordruck vom jeweiligen Rehabilitationsträger (Leistungsträger) – oftmals ist ein Rehaantrag auch online möglich. Jeder Patient hat nach § 9 SGB IX das Recht, einen entsprechenden Wunsch bzgl. der Rehabilitationseinrichtung, in der er gerne behandelt werden möchte, zu äußern, der nicht ohne rechtlichen Grund abgelehnt werden kann. Für den Bereich der Krankenversicherung heißt es z. B. in den §§ 23 und 40 SGB V, dass die Krankenkasse nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Der Antragsteller sollte zumindest darauf achten, dass die Klinik seiner Wahl von unabhängiger Stelle zertifiziert wurde und somit nach hohen, regelmäßig überprüften Qualitätsstandards therapiert. Im Zweifelsfalle sollte er sich im Vorfeld immer vom zuständigen Kostenträger (z. B. der Krankenkasse) beraten lassen.

Zuständigkeiten der Leistungsträger

In den meisten Fällen sind die Gesetzliche Rentenversicherung oder die Gesetzliche Krankenversicherung die zuständigen Leistungsträger der medizinischen Rehabilitation. Nach Antragseingang klären die Leistungsträger untereinander die Zuständigkeit ab. Ist der zuerst angesprochene Leistungsträger nicht zuständig, leitet dieser den Antrag innerhalb einer Frist von 14 Tagen an den Zuständigen weiter (§ 14 SGB IX). Leitet er nicht weiter, ist er kraft Gesetzes zuständig. Für Beamte übernimmt die Beihilfe anteilig Kosten für eine medizinische Rehabilitation; dies geschieht außerhalb des SGB IX.

Rentenversicherung

Die Gesetzliche Rentenversicherung ist in der Regel zuständig, wenn durch eine Rehabilitation Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit abgewendet werden können (z. B. Vermeidung von Frühverrentung). Für z. B. Erwerbstätige, Arbeitssuchende oder Bezieher einer Rente wegen Erwerbsminderung ist die Gesetzliche Rentenversicherung der richtige Ansprechpartner. Möglich ist auch, dass Versicherte, die arbeitsunfähig erkrankt sind und deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, über die Gesetzliche Krankenkasse aufgefordert werden, eine medizinische Rehabilitation zu beantragen. Im Eil-Verfahren werden so auch kurzfristig Heilverfahren von der Gesetzlichen Rentenversicherung genehmigt, so dass der Anspruch auf z. B. Krankengeld vorerst gesichert bleibt.

Krankenversicherung

Die Gesetzliche Krankenversicherung finanziert Rehabilitationsleistungen, um Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen oder ihre Verschlimmerung zu verhüten (§ 11 Abs. 2 SGB V). Sie ist oftmals Ansprechpartner, wenn kein anderer Leistungsträger vorrangig zuständig ist oder wenn Vorsorgeleistungen notwendig sind, z. B. um einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen. Die Gesetzliche Krankenversicherung ist vor allem für Kinder und Jugendliche, nicht berufstätige Erwachsene und Rentner der zuständige Leistungsträger. Darüber hinaus können die Gesetzliche Unfallversicherung, die Kriegsopferfürsorge, die Kinder- und Jugendhilfe oder die Sozialhilfe Leistungsträger sein. Ohne Leistungszuordnung enthält auch das Pflegeversicherungsgesetz den Grundsatz: Rehabilitation geht vor Pflege.

Siehe auch: Ärztlicher Verordnungsschein

Bescheid

Nach sozialmedizinischer Begutachtung und versicherungsrechtlicher Prüfung des Antrages erhält der zu Behandelnde einen Bescheid des Leistungsträgers und hat die Möglichkeit gegen die Entscheidung Widerspruch einzulegen. Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Rehabilitation bestimmt der Leistungsträger. Grundsätzlich haben ambulante und teilstationäre Leistungen Vorrang vor stationärer Rehabilitation. Letztere dauert in der Regel drei Wochen, wenn erforderlich auch länger. Die daraus entstehenden Fehlzeiten gelten als arbeitsunfähig erkrankt.

Zuzahlungen

Für stationäre und ambulante medizinische Rehabilitation werden die Kosten vom Leistungsträger getragen. Bei stationärer Rehabilitation sowie ambulanter Rehabilitation auf Kosten der Krankenkasse muss der zu Behandelnde eine Zuzahlung in Höhe von 10 EUR pro Tag leisten, die bei Anschlussheilbehandlungen der Gesetzlichen Rentenversicherung auf höchstens 14 Tage begrenzt ist. Jedoch gibt es Möglichkeiten, sich teilweise oder vollständig davon befreien zu lassen, z. B. bei einem geringen Einkommen. Darüber hinaus werden Zuzahlungen aufgrund eines vorangegangenen Krankenhausaufenthaltes im selben Kalenderjahr angerechnet. Bei ambulanter Rehabilitation werden keine Zuzahlungen fällig, es sei denn, Kostenträger ist die Krankenkasse (§ 40 V SGB V). Kinder bis einschließlich 18 Jahre sind grundsätzlich zuzahlungsbefreit.

Rehabilitation im politischen Sinn

Mit einer politischen Rehabilitation gehen mehrere Schritte einher. Erstens müssen die in der Vergangenheit getätigten Urteile, Gesetze oder Verfahren aufgehoben werden; der erste Schritt ist eine juristische Rehabilitation, die einen klaren politischen Willen voraussetzt. Im zweiten Schritt ist eine politische und soziale Rehabilitation notwendig, denn „[e]ine Rehabilitierung, von welcher weder die entehrten, bestraften und verfemten Personen wissen, noch das für die Rehabilitation zuständige Bundesministerium (…) und schon gar nicht die Öffentlichkeit, ist keine Rehabilitierung!“[1] Eine zufrieden stellende politische Rehabilitation bedarf eines längeren Prozesses, der in der Öffentlichkeit stattzufinden hat und allen betroffenen staatlichen Stellen mit Weisungen zur Kenntnis gebracht werden muss.

Beispiele

Beispiele für eine solche politische Rehabilitation ist die Rehabilitierung von Deserteuren und generell Opfer der NS-Militärjustiz. Diese begann in Deutschland mit einer schrittweisen juristischen Rehabilitierung 1991 und 1995 und einer politischen 1997 im Bundestag, in Österreich 2005 durch eine gleichzeitig juristische wie politische 2005 im Nationalrat.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Kohlhoher, Reinhard: Vorwort. In: Ders. und Moos, Reinhard (Hg.): Österreichische Opfer der NS-Militärgerichtsbarkeit – Rehabilitierung und Entschädigung. Wien, 2003. S. 9–12, hier S. 10.

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