Wilddieb

Wilddieb
"Die Wilddiebe", Lithografie von ca. 1830

Als Wilderer, Wilddieb oder Wildschütz bezeichnet man Personen, die entgegen jagdrechtlichen und fischereirechtichen Bestimmungen auf die Jagd oder auf Fischfang gehen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ursprünglich hatten alle freien Germanen das Recht zu jagen. Dieses wurde auch noch bis weit ins Mittelalter nicht angegriffen, und so durfte jeder freie Bürger, vornehmlich die Bauern, jagen, um entweder ihren Viehbestand oder ihren Grund vor Wildschaden zu verteidigen, oder um sich Nahrung zu verschaffen. Doch mit der immer weiter steigenden Abhängigkeit der Bauern von ihren Landesherren einerseits, sowie der steigenden Besitzergreifung von freien Ländereien seitens des Adels wurde dieses Recht mehr und mehr ausgehöhlt.

Als der Adel damit begann, die Jagd als eine sportliche Herausforderung und als vergnüglichen Zeitvertreib zu verstehen, wurde den Bürgern schließlich das Recht zur Hohen Jagd entzogen und unter Strafe gestellt.

Gleichzeitig übernahmen sogenannte Forstbeamte oder durch den Landesherren legitimierte Personen den Schutz, die Pflege sowie die Überwachung des Jagdreviers. Alle illegalen Jäger wurden fortan als Wilderer bezeichnet und als Verbrecher angesehen und verfolgt, weil sie das Eigentum des Landesherren antasteten.

Zwar wurde mit der Revolution 1848 auch das Jagdprivileg des Adels abgeschafft, doch werden Wilderer auch noch heute als Straftäter verfolgt.

Es darf trotz aller verklärender Wildererromantik nicht verkannt werden, dass Wilderer oft auch Verbrecher waren, denen ein Menschenleben wenig bedeutete. Davon zeugen die vielen aktenkundigen Fälle von ermordeten Förstern und Jagdaufsehern. Andererseits hatte mancher Wild-„dieb“ keine andere Möglichkeit mehr, um sich und seine Familie vor dem Hungertod zu bewahren.

Auch heute ist das Wildern in den meisten Ländern eine Straftat. Die Wilderei, in diesem Zusammenhang „Jagdwilderei“, ist in Deutschland nach § 292 des StGB eine „Straftat gegen das Vermögen und gegen Gemeinschaftswerte“. Wegen Wilderei wird derjenige bestraft, der den Jagdausübungsberechtigten aus seiner Stellung verdrängt und als Nichtberechtigter Wild erlegt.

Heute gefährdet gewerbsmäßige weltweite Wilddieberei den Bestand vieler Tierarten. So sind die Bestände von Elefant (Elfenbein) und Tiger (chinesische Medizin) durch gewerbsmäßige Wildererbanden schwer gefährdet.

Ansehen

Die Wilderer wurden von der armen Landesbevölkerung oft zu Helden verklärt. Zum einen weil sie den Landesherren oft ein Schnippchen schlagen konnten, zum anderen weil das erbeutete Wild eine Möglichkeit darstellte die Familie zu ernähren oder es gewinnbringend zu verkaufen. So hatte der Spessarter Erzwilderer Johann Adam Hasenstab einen florierenden Wildbrethandel bis Frankfurt. Besonders die Wilderer aus feudalen Jagdgebieten (z. B. Spessart) wurden schon recht früh durch die ansässige Bevölkerung als Helden verehrt. Dies nahm zur französischen Besatzungszeit unter Napoleon noch zu. In den Alpen entstand im 19. Jahrhundert eine buchstäbliche Wildererromantik, da wie das Jagen auch das Wildern in den gefährlichen Bergregionen nicht nur extrem gute Ortskenntnisse, sondern auch besondere Kühnheit und Naturverständnis voraussetzte. Die Gebirgs-Jäger und -Wilderer zeichneten sich daher bereits im frühen 19. Jahrhundert, in dem Bergsteigen noch völlig fremd war, durch hohe bergsteigerische Fähigkeiten aus, und vielfach lassen sich auch heute noch manche Gebirgswanderwege auf ursprünglich durch Jäger angelegte Pfade zurückführen. Speziell im bayerisch-österreichischen Grenzraum waren aber Wilderer meist auch Schmuggler. Bei diesen sogenannten Wildererpfaden handelte es sich oftmals um ausgetretene Wechsel des Wildes durch das Unterholz (Wildpfade, Wildwechsel). Im Zuge der Romantik Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Gebirgs-Wildschützen schließlich in Verbindung mit den Alpen-Motiven auch in Kunst und Literatur immer häufiger als „natürliche Helden“ dargestellt und verehrt.

Während waidgerecht mit der Büchse jagende Wilderer, denen oft eine unstillbare Jagdleidenschaft angedichtet wurde, im öffentlichen Ansehen entschuldigt wurden und selbst noch in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts in Heimatfilmen verklärt wurden, darf nicht verkannt werden, dass diese Art der Wilderei die Ausnahme war. Die Regel waren Schlingensteller und Aasjäger, die sich nicht um das Leiden des Wildes kümmerten. Weder suchten sie nach, wenn das beschossene Wild nicht sofort zusammenbrach, noch scherte sie das Leiden des geschlingten Wildes, das oft tagelang in der Schlinge litt.

Strafen

Die Strafen für Wilderei nahmen schnell schwere Ausmaße an und konnten bei Wiederholungstätern auch bis zur Galeere oder zur Todesstrafe reichen. Der Adel wollte durch die drakonischen Maßnahmen die Wilderei von Anfang an im Keim ersticken.

Nicht selten wurden die Wilderer durch die Forstbeamten des Landesherren gejagt und noch vor dem eigentlichen Ergreifen getötet.

Anfangs wurden die Wilderer noch mit dem Aufsetzen eines „Hirschgeweihs“ entehrt, das sie für mehrere Tage tragen mussten. Schließlich kamen als Strafmaß auch „am Pranger stehen“ oder schwere Arbeitsdienste hinzu. Eine weitere Form der Demütigung war die sogenannte „Wildererkappe“, eine eiserne Kopfbedeckung, die unter schweren Schmerzen am Kopf des Verurteilten festgenietet wurde und die dieser dann für einen längeren Zeitraum zu tragen hatte. Wurden die Wilderer durch den Strang hingerichtet, so wurde auch als Zeichen ihrer Straftat sowie zur Abschreckung oftmals ein Geweih oder Fell über dem Galgen angebracht.

Berühmte Wilderer

Literatur

  • Bußdorf: Wilddieberei und Förstermorde; Neuauflage 1962; Verlag Gersbach & Sohn; München
  • Roland Girtler: Wilderer – Soziale Rebellen in den Bergen, Wien 1998 ISBN 3-20598-823-X

Siehe auch


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