Wildunfall

Wildunfall
Schäden an einem Dieseltriebwagen nach einem Wildunfall
Rentiere auf einer finnischen Straße

Ein Wildunfall ist ein Verkehrsunfall, der durch ein Wildtier verursacht wird. Es kann dabei entweder zu einer Kollision eines Fahrzeugs mit einem Wildtier kommen oder es entsteht ein Schaden in Folge eines durch das Tier veranlassten Ausweichmanövers. Kommt ein Tier bei einem Unfall zu Tode, so wird es als Fallwild bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Betroffene Tierarten

Als Wildunfall werden üblicherweise nur solche Unfälle bezeichnet, bei denen ein Schaden am Fahrzeug entsteht. Das Überfahren von kleineren Tieren wie von Igeln und Fröschen oder das Zusammenstoßen mit kleineren Vögeln und mit Haus- oder Nutztieren wie Katzen, Hühner, Kühe oder Schafe zählt somit nicht zu den Wildunfällen. Dem gegenüber bezieht der englische Begriff Roadkill auch alle diese Tierarten mit ein.[1]

Ein Bär in einer gefährlichen Situation

Die betroffenen Tierarten sind in Mitteleuropa vor allem Rehwild, Schwarzwild (Wildschwein), Damwild und Rotwild (Hirsche) sowie der Fuchs, Dachs und der Hase. In anderen Teilen der Welt sind auch Wolf, Bär, Känguru, Elch (siehe Elchtest), Beutelratte (Opossum) und andere Schalenwildarten betroffen.

Statistik

In Deutschland ereignen sich gemäß einer Hochrechnungen des Deutschen Jagdschutz Verbandes pro Jahr über 230.000 Wildunfälle. Betroffen sind davon in etwa 200.800 Rehe, 23.500 Wildschweine, 3.800 Damhirsche und 2.300 Rothirsche[2]. Der ADAC schätzt, dass im Jahr 2006 etwa 220.000 Wildtiere ums Leben kamen, 2.800 Menschen bei einem Wildunfall verletzt wurden und zehn starben[3].

Beim Statistischen Bundesamt werden weniger als 2 % der Wildunfälle registriert. Bagatellunfälle werden nur zahlenmäßig erfasst. Eine Differenzierung nach Merkmalen, z. B. Wildunfall, ist nicht möglich.

Die Zahlen der deutschen Versicherer (GDV) geben auch nur einen Anhaltspunkt wieder. Da einige Kraftfahrzeughalter über keine Kaskoversicherung verfügen, sind deren Unfälle in diesen Zahlen nicht enthalten. Zudem werden bei einigen Versicherern nicht nur Zusammenstöße mit Haarwild im engeren Sinne, sondern auch mit anderen Tieren wie Kühen gezählt. Die gerundeten Zahlen aus der Fahrzeugversicherung (Vollkasko und Teilkasko) sind:

Jahr Schadenanzahl Schadenaufwand
2005 225.000 447 Mio. €
2006 215.000 423 Mio. €
2007 240.000 490 Mio. €
2009 247.000 518 Mio. €

Nach einer anderen Abschätzung sterben auf den europäischen Straßen jährlich zwischen 350.000 und 27 Millionen Vögel[4]

Gefahrenstellen

Verkehrszeichen 142 - Wildwechsel

Das Wild folgt oft bestimmten Pfaden, den Wildwechseln. Wo diese über die Straße führen, ergeben sich besondere Gefahrenstellen, die mit dem Verkehrszeichen 142 Wildwechsel gekennzeichnet werden. Wild kann hier von beiden Seiten auftauchen. Das Bundesamt für Naturschutz geht von 30.000 solcher „Konfliktstellen“ im überregionalen Verkehrsnetz aus.[5]

Wildunfälle können prinzipiell das ganze Jahr und zu jeder Tageszeit passieren. Während der Morgen- und der Abenddämmerung besteht jedoch ein erheblich höheres Unfallrisiko, da die Tiere zu diesen Zeiten besonders aktiv sind und oft ihren Standort wechseln. Auch während der Brunftzeit besteht eine erhöhte Gefahr.

Prävention

Wildschutzzäune verhindern gefährlichen Wildwechsel

Zur Vermeidung von Wildunfällen werden an den bekannten kritischen Straßenabschnitten geeignete Maßnahmen getroffen. Dies sind zum einen Absperrungen durch Wildschutzzäune[6] oder andere Verbauungen. Zum anderen kann das Wild abgeschreckt werden durch Haarsäcklein, CD-Blinker, Duftzaun und Duftschaum-Körbe und -Pfropfen und Wildwarnreflektoren in Form von Reflexionsfolien auf Baumstämmen, Brettern und PET-Flaschen[7]. Die zuletzt genannten passiven Reflektoren und deren Weiterentwicklung mit aktiver Ton- und Lichterzeugung werden als Wildwarner bezeichnet. Wichtig ist bei diesen Maßnahmen die regelmäßige Wartung. Eine effektive und nachhaltige Wirkung dieser Abschreckungsmaßnahmen konnte aber bisher wissenschaftlich haltbar nicht nachgewiesen werden [8].

Eine andere Möglichkeit zur Vermeidung von Wildunfällen ist die Konstruktion von geeigneten Überquerungshilfen wie Grünbrücke oder Amphibientunnel.

Schließlich sind auch alle Autofahrer aufgefordert, durch entsprechend vorsichtige Fahrweise Wildunfälle zu vermeiden. Dazu zählt im Bereich der Warnschilder für Wildwechsel eine gedrosselte Geschwindigkeit und ein aufmerksames Beobachten der Fahrbahnränder, insbesondere in der Dämmerung und nachts. Hat ein Tier die Fahrbahn überquert, so ist mit weiteren Tieren zu rechnen. Sind Tiere auf der Fahrbahn, dann langsam fahren, abblenden und eventuell hupen. Bei Kleinwild wie Hase und Fuchs wird oft geraten, nur zu bremsen, wenn kein Auffahrunfall droht. Naturschützer widersprechen dieser Empfehlung.

Verhalten nach einem Wildunfall

Ein Wildunfall ist unverzüglich beim zuständigen Wildhüter, Jagdaufseher oder Jagdpächter zu melden. Dieses geschieht in der Regel am einfachsten über eine Meldung an die Polizei. Auch geringe Kollisionen mit Wild sind umgehend zu melden. Der Jagdausübungsberechtigte wird das Wild bergen oder ein verletztes Wild mit einer Nachsuche aufspüren. Er oder die Polizei stellt gegebenenfalls eine Bescheinigung über den Unfall zur Schadensregulierung bei der Versicherung aus.

Verletzte Tiere soll man liegen lassen, um sich selbst nicht zu gefährden. Verletzte Wildtiere können sehr aggressiv reagieren, zudem kann Tollwutgefahr bestehen. Verunfalltes Wild gehört dem Jagdausübungsberechtigten. Ein totes Wild darf nicht mitgenommen werden, da dies den Tatbestand der Wilderei erfüllt.

Schadenabwicklung

Der bei einem Wildunfall entstehende Schaden ist im juristischen Sinne kein Wildschaden. Der Schaden am Fahrzeug ist ein Unfallschaden, der bei Haarwild (Reh, Fuchs, Wildschwein oder Hase) im Regelfall in der Teilkasko versichert ist. Schäden, die durch Federwild verursacht werden, sind zumeist nicht versichert.

Schäden, die durch ein Ausweichmanöver am Fahrzeug entstehen, sind nur dann versichert, wenn damit schwerere Beschädigungen am Fahrzeug verhindert wurden. Schäden, die durch Ausweichmanöver gegenüber kleinen Tieren entstehen, fallen nicht in den Versicherungsschutz, auch dann nicht, wenn das Ausweichmanöver aus einer Schreckreaktion oder einem ungesteuerten Reflex heraus erfolgte. Durch das Ausweichen passieren oft schlimmere Unfälle als durch einen Zusammenstoß mit dem Tier, zusätzlich werden andere Verkehrsteilnehmer durch das Ausweichmanöver gefährdet.

Kuriosa

Als Besonderheit erwähnenswert ist das Jagdgewehr, das sich auf allen norwegischen Lokomotiven in einem abschließbaren Schrank befindet, um im Fall eines Wildunfalls (vor allem mit Elchen), das betroffene verletzte Tier erlösen zu können.

Einzelnachweise

  1. Siehe Artikel Roadkill in der englischsprachigen Wikipedia
  2. Wildunfälle April 2007 bis März 2008 Hochrechnungen des Deutschen Jagdschutz Verbandes
  3. Wildunfall: Ausweichen oft gefährlicher als ein Zusammenstoß Artikel der Motorzeitung.de vom 15. April 2008
  4. Erritzoe J., Mazgajski T. D., Rejt L.: 2003. Bird casualties on European roads — a review. Acta Ornithol. 38: 77–93.
  5. ADAC, 2008: Grüne Brücken für Bambi und Co. ADAC Motorwelt. Heft 4. B2706E. S. 76f.
  6. „Jäger fordern Wildzaun an der A 1“, Abendblatt 11. Mai 2006
  7. Weniger Wildunfälle - Luzerner Jäger werden ausgebildet Artikel in „Jagd&Natur“ vom 19. März 2008
  8. Unfallhäufungen mit Wildunfällen Forschungsbericht der Unfallforschung der Versicherer (UDV)

Weblinks

 Commons: Wildunfall – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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