Wilhelm Ludwig Deichmann

Wilhelm Ludwig Deichmann
W. L. Deichmann

Wilhelm Ludwig Deichmann (* 3. August 1798 in Rodenberg/Deister; † 23. November 1876 in Bonn-Mehlem) war ein deutscher Bankier.

Leben

Deichmann, der dritte Sohn eines hessischen Beamten, heiratete am 26. Mai 1830 eine der Töchter des 1824 verstorbenen Kölner Bankiers Abraham Schaaffhausen, Elisabeth Jacobine Eleonore „Lila“ Schaaffhausen. Durch diese Ehe wurde er noch im selben Jahr 1830 Leiter und Teilhaber des in Köln führenden Handels- und Bankhauses A. Schaaffhausen’scher Bankverein. Die Einbindung Deichmanns in die wohlhabende Familie diente nach dem Tod des Schwiegervaters und dem frühzeitigen Rückzug von seinen beiden Söhnen aus dem Geschäftsleben zur schnellen Besetzung der vakanten Positionen im Bankhaus.[1] Die familiären und verwandtschaftlichen Beziehungen insbesondere bei Kölner Banken waren vielschichtig. So wurden in den Jahren zwischen 1821 und 1907 elf direkte eheliche Verbindungen innerhalb der Hauptstämme der Familien Herstatt, Deichmann, Stein und Schnitzler geschlossen.[2] Die Familie Deichmann kaufte 1836 bei Bonn ein barockes Schloss als Sommersitz (heute: Schloss Deichmannsaue), das bald zu einem Treffpunkt der Gesellschaft wurde. So war hier am 1. September 1853 der gerade 20-jährige Johannes Brahms bei Familie Deichmann zu Besuch.[3] Deichmann behielt die Position als Bankier der Schaaffhausen’schen Bank noch nach ihrer Konsolidierung bis zum Herbst 1857 inne.

Eigene Bank

Deichmannhaus Köln

Deichmann ist dann 1857 zusammen mit Adolph vom Rath Mitbegründer des Kölner Bankhauses „Deichmann & Co.“, das in der Trankgasse residierte. Sein Bruder Adolf Deichmann (*1811 †1882) hatte bereits 1842 in Amsterdam ein gleichnamiges Bankhaus errichtet. Die Bank in Köln entwickelt sich stetig durch Einstieg in die Industriefinanzierung und stärkt den Bankplatz Köln. Deichmann & Co. wird 1870 zu einer der Gründungsbanken der heutigen Deutschen Bank AG, denn Mitinhaber Adolph vom Rath ist als Vertreter seines Hauses Mitglied im Gründungskomittee der Deutschen Bank, und gehörte deren Verwaltungsrat an, der am 25. Februar 1870 das Gründungsstatut bei der preußischen Regierung einreichte. Das Bankhaus beteiligte sich - wie alle Kölner Banken - an der Industriefinanzierung und wurde auch international erfolgreich, als es die in finanzielle Schwierigkeiten geratene belgische Waffenfabrik Établissements Pieper S.A. (gehörte dem Westfalen Heinrich Pieper) durch Neugründung zur Sanierung verhalf. Im Jahre 1862 beteiligte es sich maßgeblich am Aufbau des Lokbauers "Oscar Henschel & Sohn".[4] Nach dem Tod des Vaters führten die Söhne Theodor (1837–1895), Otto (1838–1911) und Wilhelm (1841–1919) die Bank weiter. Der älteste Sohn Adolf Deichmann (1831–1907) war Bankier in London und konnte sich um die deutschen Bankgeschäfte nicht kümmern. Im Jahre 1913 wurde in der Trankgasse ein siebengeschossiges Büro- und Geschäftshaus für die Bank – inzwischen in der Hand von Karl-Theodor und Arthur Deichmann – (fortan als „Deichmann-Haus“ bekannt) mit Muschelkalk-Fassade (Architekt: Heinrich Müller-Erkelenz) errichtet. Im Erdgeschoss befinden sich heute mehrere kleine Ladenlokale sowie ein großes Gaffel Kölsch-Brauhaus. 1927 war das Bankhaus im Kreditkonsortium von Klöckner im Rahmen der Industriefinanzierung vertreten. Am 24. September 1931 meldet das Bankhaus durch die allgemeine Weltwirtschaftskrise Konkurs wegen Zahlungsunfähigkeit an.[5]

Einzelnachweise

  1. Dieter Ziegler, Ingo Köhler: Grossbürger und Unternehmer: Die deutsche Wirtschaftselite im 20. Jahrhundert. 2000, ISBN 3-525-35682-X, S. 126, Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche
  2. Dieter Ziegler, Ingo Köhler: Grossbürger und Unternehmer: Die deutsche Wirtschaftselite im 20. Jahrhundert. S. 200 f.
  3. Stadtmuseum Bonn
  4. Helmut Coing, Walter Wilhelm: Wissenschaft und Kodification des Privatrechts im 19. Jahrhundert. 1980, ISBN 3-465-01332-8, S. 102, Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche
  5. HS Merseburg, Meldungen Wirtschaft

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