Wilhelm Weber (Historiker)

Wilhelm Weber (Historiker)

Wilhelm Weber (* 28. Dezember 1882 in Heidelberg; † 21. November 1948 in Berlin) war ein deutscher Althistoriker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Weber studierte die Altertumswissenschaften ab 1901 an der Universität Heidelberg, wo seine Lehrer unter anderem Alfred von Domaszewski, Friedrich von Duhn, Albrecht Dieterich und Franz Boll waren. Nach seiner Promotion 1906 über Hadrian war er Lehrer am Gymnasium in Heidelberg, ehe er 1908/1909 im Rahmen eines Stipendiums des Deutschen Archäologischen Instituts eine Reise durch die Mittelmeerländer unternahm. 1911 habilitierte sich Weber in Heidelberg mit einer religionsgeschichtlichen Arbeit und folgte noch im selben Jahr einem Ruf an die Reichsuniversität Groningen, wo er zum ordentlichen Professor der Geschichte ernannt wurde. 1916 wechselte er nach Frankfurt am Main, 1918 nach Tübingen. Einen Ruf an die Universität Göttingen lehnte er ab.

1925 wechselte Weber nach Halle an der Saale und wurde einer der sechzehn Herausgeber der neu gegründeten Zeitschrift Gnomon. Einen Ruf an die Universität Bonn lehnte er ab. 1931 wechselte er nach Berlin. Auch wenn Weber, wie die meisten anderen Mitherausgeber, 1933 der Herausgeberschaft der Zeitschrift Gnomon enthoben wurde, passte er sich an die nationalsozialistische Herrschaft an und gilt als „überzeugter Nationalsozialist“[1] und „überzeugte[r] Anhänger Hitlers“[2] unter den deutschen Althistorikern. Er kooperierte mit dem Amt Rosenberg und beeinflusste durch Gutachten die Berufungspolitik in der Alten Geschichte; so verhinderte er die Habilitation von Hans Ulrich Instinsky in Berlin.[3]

1945 verlor Weber seinen Lehrstuhl. Noch während er sich bemühte, wieder in den Lehrbetrieb einzutreten, starb er unerwartet am 21. November 1948 an einem Herzschlag.

Leistungen

Webers Forschung war von der Verbindung „analytischer Untersuchung mit dem Wagemut der Synthese“[4] geprägt. Seine mitunter originellen Wertungen stießen auf geteilte Zustimmung.

Nach Arbeiten zur Religionsgeschichte und zu antiken Terrakotten, aber auch zur griechischen Geschichte, beschäftigte sich Weber seit den 1920er Jahren hauptsächlich mit der Geschichte der römischen Kaiserzeit sowie mit der Staatsform Monarchie. Hier setzte er sich insbesondere mit Eduard Norden auseinander. Von einer geplanten großen Studie über Augustus (Princeps) erschien nur der erste Band (1936), der vor allem die Res Gestae Divi Augusti behandelte. Seine These, in ihnen die Begründung eines Mythos vom „neuen Gott Augustus“ zu sehen, wurde von der Fachwelt abgelehnt, und Weber verzichtete auf die Fortsetzung des Werks.

Weber verfasste in der Folgezeit vor allem populäre Beiträge, so bereits 1935 für Knaurs Weltgeschichte über das römische Kaiserreich. Die Monographie Rom, Herrschertum und Reich im zweiten Jahrhundert (1937) zeichnete ein pathetisch-rhetorisch überhöhtes Bild der Kaiserzeit. Ein 1940 erschienener Abriss der römischen Geschichte für Die Neue Propyläen-Weltgeschichte vertrat die nationalsozialistische Geschichtsdeutung mit der Betonung von Begriffen wie „Sippe“, “Blut“ und „Volksgemeinschaft“. Webers Werke gelten als „in Inhalt wie Form der repräsentative Ausdruck“[5] der deutschen Althistorie zur Zeit des Nationalsozialismus.

Zu Webers Schülern gehörten in Tübingen Victor Ehrenberg, Fritz Taeger und Joseph Vogt. Spätere Schüler – Paul L. Strack, Waldemar Wruck und Clemens Bosch – bearbeiteten auf seine Anregung große Münzcorpora. Zuletzt gab Weber seinen Schülern vor allem spätantike Themen; zu ihnen gehörten Alexander Schenk Graf von Stauffenberg, Johannes Straub, Karl Friedrich Stroheker, Berthold Rubin und (als Habilitand) Siegfried Lauffer.

Schriften (Auswahl)

  • Untersuchungen zur Geschichte des Kaisers Hadrianus. 1907.
  • Ein Hermestempel des Kaisers Marcus. 1910.
  • Die ägyptisch-griechischen Terrakotten. 1914.
  • Eine Gerichtsverhandlung vor Kaiser Traian. In: Hermes 50 (1915), S. 47–92.
  • Zur Geschichte der Monarchie. Antrittsrede Tübingen 1919.
  • Josephus und Vespasian. 1921.
  • Der Prophet und sein Gott. 1925.
  • Princeps. Studien zur Geschichte des Augustus. 1936.
  • Rom, Herrschertum und Reich im zweiten Jahrhundert. 1937.

Literatur

Weblinks

Anmerkungen

  1. Stefan Rebenich: Zwischen Anpassung und Widerstand? Die Berliner Akademie der Wissenschaften von 1933 bis 1945. In: Beat Näf (Hrsg.): Antike und Altertumswissenschaft in der Zeit von Faschismus und Nationalsozialismus. Ed. Cicero, Mandelbachtal 2001, ISBN 3-934285-46-5, S. 203–244, Zitat S. 213 (online).
  2. Karl Christ, Klios Wandlungen (2006), S. 72.
  3. Rebenich, Zwischen Anpassung und Widerstand?, S. 221.
  4. Vogt: Gnomon 21, S. 177.
  5. Christ, Klios Wandlungen, S. 72.

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