Wilhelm von Kardorff

Wilhelm von Kardorff

Wilhelm von Kardorff (* 8. Januar 1828 in Neustrelitz; † 21. Juli 1907 auf Gut Nieder-Wabnitz, Landkreis Oels, Niederschlesien; vollständiger Name: Wilhelm Carl Friedrich August Hellmuth Ludwig von Kardorff) war ein preußischer Politiker und Unternehmer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wilhelm von Kardorff stammt aus dem alten mecklenburgischen Adelsgeschlecht von Kardorff und wurde als Sohn des in dänischen Diensten stehenden Kammerjunkers und Amtmannes Wilhelm von Kardorff (1792–1827) geboren, der allerdings kurz zuvor verstorben war. Nach einem Jurastudium in Berlin, Halle und Heidelberg wurde er als Referendar in den preußischen Staatsdienst übernommen, nahm aber als Regierungsassessor in Stralsund bereits 1853 seinen Abschied und wurde Rittergutsbesitzer zu Wabnitz (heute pol. Wabienice) im Kreis Oels in Schlesien. Hier übernahm er auch das Amt des königlich preußischen Landrats.

1866 wurde Kardorff in das preußische Abgeordnetenhaus gewählt, dem er bis 1876 und von 1888 bis 1907 angehörte. Als konservativer Anhänger von Bismarcks Politik gehörte er zu den Mitbegründern der Freikonservativen Partei. Seit 1867 war er Mitglied des norddeutschen, dann des deutschen Reichstags; in erstem gehörte er zur freikonservativen Fraktion. Auf der Reichsebene nannte sich diese Partei "Deutsche Reichspartei". Kardorff pflegte enge Beziehungen zu Gerson Bleichröder und war während der Gründerzeit Aufsichtsratsvorsitzender der Vereinigten Königs- und Laurahütte AG und Verwaltungsratsmitglied weiterer Industrieunternehmen.

Nach der schweren Wirtschaftskrise ab 1873 (Gründerkrach) wurde er zu einem der Wortführer, die eine Aufgabe des freihändlerischen Kurses forderten. Seine Argumente schrieb und publizierte er 1875 in einer Broschüre mit dem Titel „Gegen den Strom“. 1876 gründete er den Centralverband deutscher Industrieller, einen der einflussreichsten Unternehmerverbände dieser Zeit. Auch der Verband setzte sich für die Einführung von Schutzzöllen ein.

Im Kartellreichstag von 1887 gehörte er, dank der engen Zusammenarbeit mit Bismarck, faktisch zur Führung des parlamentarischen Regierungsblocks. Nach der Absetzung Bismarcks entzog er dessen Nachfolger Leo von Caprivi die Unterstützung. Zu einer Zusammenarbeit mit der Regierung kam es erst wieder unter dem Reichskanzler Bernhard von Bülow. Das Zustandekommen des Zolltarifes vom Dezember 1902, es wurde eine weitere Erhöhung der Schutzzölle beschlossen, geht im Wesentlichen auf seine Initiative zurück.

Kardorff heiratete am 16. Juli 1856 auf Gut Möllenbeck Sophie von Borck (* 11. November 1836 auf Gut Möllenbeck; † 21. Mai 1914 in Oels), die Tochter des großherzoglich mecklenburg-strelitzschen Kammerherrn Karl August von Borck, Gutsherr auf Möllenbeck und Klosterhauptmann von Malchow, und der Karoline von Behr-Negendanck (Haus Torgelow). Sohn Siegfried (1873–1945) wurde ebenfalls Landrat und später Vizepräsident des deutschen Reichstags, Sohn Konrad (1877–1945) wurde Maler und Professor der Künste, Sohn Jürgen (?–1943) fiel als Oberleutnant einer Aufklärungsabteilung in Südrussland.

Wilhelm von Kardorff war Ehrenritter des Johanniterordens und Mitglied der Corps Saxo-Borussia (1847) und Marchia Halle (1848).[1]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Kösener Korps-Listen 1910, 99, 178; 120, 343

Weblinks



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