Wilhelmine Buchholz

Wilhelmine Buchholz
Porträt Julius Stinde, Zeitgenössische Fotografie

Julius Ernst Wilhelm Stinde (* 28. August 1841 in Kirchnüchel bei Eutin; † 5. August 1905 in Olsberg im Sauerland) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Er hat als Autor die folgenden Pseudonyme benutzt: Theophil Ballheim, Dr. Böhm, Wilhelmine Buchholz, Julius Ernst, David Hersch, Homo, Monacensis, Julius Neuland, D. Quidam, J. Steinmann, Dr. Julius Stöhr, Alfred de Valmy, Richard E. Ward.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Julius Ernst Wilhelm Stinde wurde in Kirchnüchel in Holstein als zweites Kind des Pfarrers Conrad Georg Stinde (1805–1881) und Holdy Anna Constantine geb. Gardthausen (1811–1848) geboren. 1844 erhielt Stindes Vater die Pfarrstelle in Lensahn. Julius Stinde besuchte das Gymnasium in Eutin und begann eine Apothekerlehre in der Löwenapotheke in Lübeck (1858-1860), die er aus Gesundheitsgründen aufgab. Er studierte darauf Chemie und andere Naturwissenschaften in Kiel und Gießen und erwarb in Jena 1863 den Doktortitel. Während seines Studiums wurde er Mitglied des Corps Teutonia Gießen.

Von 1864 an arbeitete Julius Stinde als Chemiker und Werksführer bei der Firma Grabe & Co in Hamburg. Vermutlich ab 1865 lieferte er Beiträge zu Zeitungen: Hamburger Gewerbeblatt, Spener'sche Zeitung, Jahreszeiten, Hamburger Novellenzeitung, Münchner Fliegende Blätter u. a. Daneben stellte er mikroskopische Präparate für das Rodigsche Institut her, gab Unterricht an einer höheren Knabenschule und hielt Vorträge im Gewerbeverein und im Arbeiterbildungsverein.

Der Familie Buchholz Zweiter Theil, Umschlagillustration

Seine erste selbstständige Veröffentlichung erschien 1865: Kurzer Katechismus der mikroskopischen Untersuchung des Schweine- und Menschenfleischs auf Trichinen. (Hamburg, J. F. Richter). Seit 1866 betrieb er den Journalismus als Hauptberuf. In plattdeutscher Mundart verfasste er Schwänke und ernste Theaterstücke, die mit großem und anhaltendem Erfolg vom Hamburger Carl-Schultze-Theater auf die Bühne gebracht wurden. Sehr erfolgreich waren Tante Lotte und Hamburger Leiden. Stinde führte den Erfolg auf die Kunst der plattdeutschen Schauspieler Lotte Mende, Heinrich Kinder, Karl Schultze u. a. zurück.

1876 verließ Stinde Hamburg und zog um nach Berlin. Hier knüpfte er im Verein Berliner Presse und im Verein Berliner Künstler hilfreiche Verbindungen an, fand Freunde und lernte den Verleger Carl Freund kennen, der im Laufe der folgenden Jahre zwanzig Bücher Stindes herausbrachte.

Größter Beliebtheit erfreuten sich Stindes realistisch-satirische Geschichten um die Berliner Kleinbürgerfamilie Buchholz, die seit 1878 als Zeitschriftenartikel und ab 1883 in sieben Bänden erschienen, die alle hohe Verkaufszahlen erlebten.

Er war mit Johannes Trojan, Julius Stettenheim, Heinrich Seidel, Emil Jacobsen, Ernst von Wildenbruch und anderen befreundet.

In dem von Emil Jacobsen gegründeten "Allgemeinen Deutschen Reimverein" war Stinde als "Direktor Theophil Ballheim" Betreiber einer fiktiven "Dicht-Lehranstalt für Erwachsene", aus der ergötzliche Texte hervorgegangen sind, die in den Publikationen des Vereins, der "Äolsharfe", dem "Äolsharfenkalender" und dem "Äolsharfenalmanach" erschienen sind.

Stinde starb 1905 während eines Ferienaufenthaltes in Olsberg im Sauerland durch Herzschlag. Er wurde in seinem Heimatort Lensahn, wo er zu seinen Lebzeiten alljährlich mehrere Wochen verbrachte, beigesetzt.

Künstlerisches Schaffen

Hotel Buchholz von Julius Stinde, 1897

Stindes schriftstellerisches Lebenswerk umfasste Romane, Erzählungen, Theaterstücke, Gedichte, Satiren, Parodien, Übersetzungen und eine Vielzahl von naturwissenschaftlichen und kulturhistorischen Zeitschriftenaufsätzen, von denen nur ein kleiner Teil zu Büchern verarbeitet worden ist. Die Zeitschriftenaufsätze der letzten Jahre lassen erkennen, dass sie als Grundmaterial für Bücher geschrieben worden sind, die dann nicht mehr erscheinen konnten. Seine satirischen Artikel zu kritikwürdigen Tendenzen der damaligen Naturwissenschaft, die als Buch unter dem Titel Die Opfer der Wissenschaft zuerst 1878 erschienen sind (mit witzigen Zeichnungen von Franz Skarbina), sind im Zeitalter der Gentechnik und des Klonens ganz aktuell.

Satirische und parodistische Texte bilden einen hohen Anteil in Stindes Werk. In der frühen Hamburger Zeit schrieb er eine Wagner-Parodie mit dem Titel Lohengrün oder Elsche von Veerlann, deren Text verloren ist. Sein letztes Buch war der parodistische Kolportageroman Emma, das geheimnisvolle Hausmädchen. Dieser Roman hat seinen Ursprung in den Gesindebällen der Schauspieler und Theaterleute. Die ersten Emma-Kapitel wurden in Gestalt von Koportageheften auf diesen Bällen verkauft, und der Erlös ging an Wilhelm Raabe.

"Am Brandenburger Tor", Zeichnung aus dem Zyklus "Spreeathener" (1889) von Christian Wilhelm Allers. Auf dem Bild dargestellt ist der damals sehr populäre Berliner Schriftsteller Julius Stinde im fiktiven Gespräch mit zweien seiner Romanfiguren.

Nachlass

Grabstätte Stindes auf dem Friedhof in Lensahn

Stindes Nachlass ist in mehreren Teilsammlungen überliefert. Im Jahr 1930 gab Adolph Nissen, der mit Conradine Stinde bis zu deren Tode (1925) zusammengelebt hat, Teile des Nachlasses an das Märkische Museum. Anlass war eine Ausstellung unter dem Titel „Alt-Berlin“, bei der auch eine Stinde-Koje eingerichtet wurde. Buchmanuskripte, Briefe und Fotos blieben bei der Literaturabteilung des Märkischen Museums. Die in der damaligen Ausstellung gezeigten Bücher gelangten in die Bibliothek des Märkischen Museums und sind heute in der Hauptbibliothek der Stiftung Stadtmuseum Berlin aufgestellt. Der übrige Nachlass wurde nach Nissens Tode im Jahre 1957 an die Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin abgegeben. Von hier ist dieser Nachlassteil 1979 an die Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin abgegeben worden. Er erhielt die Nummer 138 und wird in 8 Kästen aufbewahrt. Einige Bücher sind bei der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin verblieben, u. a. Stindes Handexemplar seines Buches Ut'n Knick. Die Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek hat seit den zwanziger Jahren auf Handschriften-Auktionen und aus Antiquariaten Stinde-Briefe und -Manuskripte erworben. Weitere Briefe Stindes befinden sich verstreut in deutschen Bibliotheken und Archiven. Die Gemeinde Lensahn besitzt eine kleine Sammlung von Erinnerungsstücken an Julius Stinde und seine Familie: Porträts, Fotos, die silbernen Tauf-Becher der Stinde-Kinder und Weiteres.

Werke (Auswahl)

  • Wasser und Seife oder allgemeines Wäschebuch. (1866)
  • Blicke durch das Mikroskop. (1868)
  • In eiserner Faust. Ein Polizeiroman aus der neuesten Zeit. (1872)
  • Alltagsmärchen. Novelletten. 2 Bände, (1873)
  • Naturwissenschaftliche Plaudereien (1873)
  • Die Opfer der Wissenschaft oder Die Folgen der angewandten Naturphilosophie (1878)
  • Aus der Werkstatt der Natur! Streifzüge durch Feld und Flur, Haushalt und Leben. 3 Bände (1880)
  • Das Dekamerone der Verkannten (1881)
  • Waldnovellen. (1881)
  • Buchholzens in Italien (1883)
  • Die Familie Buchholz (1884)
  • Berliner Kunstkritik mit Randglossen von Quidam (1884)
  • Der Familie Buchholz zweiter Theil (1885)
  • Der Familie Buchholz dritter Theil. Frau Wilhelmine (1886)
  • Die Perlenschnur (1887)
  • Frau Buchholz im Orient (1888)
  • Pienchens Brautfahrt (1891)
  • Humoresken (1892)
  • Der Liedermacher (1893)
  • Das Torfmoor (1893)
  • Ut'n Knick. Plattdeutsches (1894)
  • Wilhelmine Buchholz' Memoiren (1895)
  • Hotel Buchholz (1897)
  • Martinhagen (1900)
  • Emma, das geheimnisvolle Hausmädchen oder der Sieg der Tugend über die Schönheit (1904) (nimmt bezug auf den Gesindeball)
  • Heinz Treulieb und allerlei Anderes. (1906)

Literatur

  • Ulrich Goerdten: Bibliographie Julius Stinde. Bielefeld: Aisthesis 2001. (= Bibliographien zur deutschen Literaturgeschichte; 10) ISBN 3-89528-330-4
  • Julius Stinde 1841-1905. Jubiläumsschrift zum 150. Geburtstag. Autobiographisches, Nachrufe, Bibliographie, hrsg. v. Ulrich Goerdten. Lensahn in Holstein 1991. ISBN 3-928767-00-3

Weblinks


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