Wilhelmsbad

Wilhelmsbad
Kurgebäude

Wilhelmsbad ist eine ehemalige Kuranlage in Hanau, heute im Stadtteil Kesselstadt gelegen und ein Staatspark in der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ehemaliges Kurgebäude - jetzt Puppenmuseum

Nach der Gründungssage fanden zwei Kräuterfrauen 1709 eine Quelle im Wald, der aufgrund ihrer reichhaltigen Mineralisation eine heilende Wirkung zugesprochen wurde.

Die Bade- und Parkanlage wurde ab 1777 auf Geheiß des von 1764 bis 1785 in Hanau residierenden Erbprinzen und regierenden Grafen von Hanau, Wilhelm IX./I. von Hessen-Kassel (1743–1821), errichtet. Architekt war Franz Ludwig Cancrin, der auch den Bau des Karussells (siehe unten) leitete. Nach nur anderthalbjähriger Bauzeit fand am 3. Juni 1779 die feierliche Eröffnung statt. Finanziert wurde der Bau Wilhelmsbads mit seinem weitläufigen Park durch die Vermietung hessischer und Hanauer Soldaten an den britischen König, den Onkel des Erbprinzen.

Als die Quelle um 1860 versiegte, wurde Heilwasser zum Trinken und für Bäder aus Bad Nauheim herangeholt, ein Verfahren, dass sich bald als unwirtschaftlich erwies. Heute finden in Wilhelmsbad schon lange keine Kuren mehr statt. Das Brunnenhäuschen im zeitgenössischen, klassizistischen Stil befindet sich direkt gegenüber der Kurgebäude.

Parkgelände

Der Park der Wilhelmsbader Kuranlage ist als englischer Landschaftspark gestaltet und mit zahlreichen „Sensationen“ ausgestattet: Karussell, Ruine, Comoedienhaus, Felsengänge, Eremitage, Teufelsbrücke, Pyramide, Schneckenberg und Spielgeräten.

Zur modernen Ausstattung von Wilhelmsbad gehört ein benachbarter Golfplatz in der Fasanerie, ein Minigolfplatz, mehrere Restaurants und Cafés.

Karussell

Karussellhaus während der Renovierung

Eine der größten Attraktionen ist das riesige Karussell. Es wurde 1780 auf einem künstlichen Hügel errichtet und war 1780–1830 und nach einer Instandsetzung 1868–1920 in Betrieb. Konstrukteur war Franz Ludwig Cancrin (* 1738; † 1816). Angetrieben wurde es zunächst unterirdisch von Menschen, später von Ochsen und Pferden. Im Frühjahr 1898 erfolgte mit einem Kostenaufwand von 20.000 Mark eine Motorisierung und Instandsetzung mit neu angeschafften Karossen und Pferden durch die Gothaer Firma Fritz Bothmann u. Glück, Maschinen- und Carousselfabrik. Die Zahl der Wagen wurde auf 4, die der Pferde auf insgesamt 16 erhöht. Sie sind bis heute erhalten. Allerdings ist die Anlage nicht mehr funktionsfähig, da sich die Konstruktion abgesenkt hat und nun ein Teil des Bodens, der am Dach aufgehängt ist, den Antrieb blockiert. Nach jahrelangen Bemühungen des Eigentümers und des Fördervereins für das Karussell im Staatspark Hanau-Wilhelmsbad[1], das Karussell zu restaurieren, wurde damit am 14. Februar 2007 begonnen[2]. Geld dazu kommt aus Spenden, aus Patenschaften für einzelne Karussellpferde, durch Zuwendungen der öffentlichen Hand und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.

„Burgruine“

„Burgruine“ in der Kuranlage

Im Turm der künstlichen Ruine versteckt sich ein Lustschlösschen mit elegantem Wohnappartement und prachtvollem Kuppelsaal. Diese privaten Wohnräume des Erbprinzen präsentieren sich heute restauriert in ihrem historischen Zustand.

Pyramide

Pyramide zum Andenken an Prinz Friedrich

Die vierseitige Pyramide steht auf einer Insel im Teich der Parkanlage. Nach jeder Seite öffnet sich ein vergittertes Tor. In der Mitte der Pyramide steht eine Urne aus Marmor. Die Pyramide wurde im Andenken an Prinz Friedrich (1772–1784) errichtet, den ältesten Sohn des Landgrafen Wilhelm IX., der bereits im Alter von knapp 12 Jahren starb. Er ist in der Marienkirche in Hanau bestattet. Bei einer Öffnung des Sarges 1879 fand sich darin auch eine Büchse in Herzform, die wohl das Herz des Prinzen enthielt.[3] Die Legende, dass das Herz in der Urne in der Pyramide bestattet sei ist damit wohl unzutreffend.

Bahnhof

Im 19. Jahrhundert erhielt die Anlage – damals schon beliebtes Ausflugsziel, auch aus dem benachbarten Frankfurt am Main – einen eigenen Bahnhof[4], heute: Hanau-Wilhelmsbad, an der Frankfurt-Hanauer Eisenbahn.

Puppenmuseum

Seit 1983 zeigt in Räumen des Kurgebäudes das Hessische Puppenmuseum[5] seine Sammlung.

Historische Ereignisse in Wilhelmsbad

Wilhelmsbad war im Sommer 1782 Schauplatz des Freimaurerkonvents der Strikten Observanz.

Am 22. Juni 1832 fand in der Nachfolge des Hambacher Festes in Wilhelmsbad ein politisches Volksfest mit 8.000 bis 10.000 Teilnehmern statt. Hauptredner war der Heidelberger Student und Burschenschafter Karl Heinrich Brüggemann, der 1834 in Preußen zum Tode verurteilt, später jedoch zu Festungshaft begnadigt und 1840 amnestiert wurde. Weitere Redner waren die Darmstädter Demokraten Theodor Reh und Friedrich Wilhelm Schulz sowie Georg Fein, Vormärzpolitiker und Redakteur der liberal-demokratischen Zeitung Deutsche Tribüne.[6]

Unter dem Druck der Opposition, die sich in der Landeshauptstadt Kassel gegen die reaktionäre Politik von Kurfürst Friedrich Wilhelm I. und seinen führenden Minister Ludwig Hassenpflug aufgebaut hatte, wichen Landesherr und Regierung 1850 nach Wilhelmsbad aus und erklärten es zur Hauptstadt des Kurfürstentums.[7] Dies dauerte bis Anfang 1851 an.

Einzelnachweise

  1. Karussell Wilhelmsbad
  2. Hanauer Anzeiger. 15. Februar 2007, S. 18.
  3. Suchier, S. 38f.
  4. Vgl. dazu Bott, S. 234f.
  5. Hessisches Puppenmuseum
  6. Vgl. Dieter Lent: Findbuch zum Bestand Nachlaß des Demokraten Georg Fein (1803 – 1869) sowie Familie Fein (1737-) ca. 1772-1924. Niedersächsische Archivverwaltung, Wolfenbüttel 1991, S.80 ISBN 3-927495-02-6
  7. Verordnung vom 17. September 1850. In: Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und sonstigen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen. Lukhardt, Cassel 1850, S.49; Ham, S. 174f.

Literatur

  • Gerhard Bott: Heilübung und Amüsement. Das Wilhelmsbad des Erbprinzen. CoCon-Verlag. Hanau 2007. ISBN 3-937774-36-X
  • Bettina Clausmeyer-Ewers: Staatspark Wilhelmsbad Hanau. Parkpflegewerk. Monographien der Staatlichen Schlösser und Gärten. Bd 6. Regensburg 2002. ISBN 3-7954-1486-5
  • Elke Conert: Wilhelmsbad. Garten der Empfindsamkeit. CoCon-Verlag. Hanau 1997. ISBN 3-928100-44-0
  • W. M. Fraeb: Aus der Entstehungsgeschichte des Wilhelmsbades bei Hanau. In: Hanau Stadt und Land. Ein Heimatbuch für Schule und Haus. Hanau 1954, S. 371-374.
  • Ewald Grothe: Verfassungsgebung und Verfassungskonflikt. Das Kurfürstentum Hessen in der ersten Ära Hassenpflug. Schriften zur Verfassungsgeschichte. Bd. 48. Berlin 1996, S. 209-212. ISBN 3-428-08509-4
  • Rüdiger Ham: Bundesintervention und Verfassungsrevision. Der Deutsche Bund und die kurhessische Verfassungsfrage 1850/52. Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte. Bd 138. Darmstadt/Marburg 2004. ISBN 3-88443-092-0
  • Ludwig Hammerstein: Der Wilhelmsbader Freimaurer-Konvent von 1782. Heidelberg 1980.
  • Werner Kurz: Wilhelmsbad und die Freimaurerei. In: Stadtzeit (1998). Geschichtsmagazin anlässlich des Jubiläums 150 Jahre Revolution und Turnerbewegung Hanau 1848 – 1998, S. 228-230.
  • Bernd Modrow, Claudia Gröschel: Fürstliches Vergnügen. 400 Jahre Gartenkultur in Hessen. Verlag Schnell + Steiner, Regensburg 2002. ISBN 3-7954-1487-3
  • Reinhard Suchier: Die Grabmonumente und Särge der in Hanau bestatteten Personen aus den Häusern Hanau und Hessen. In: Programm des Königlichen Gymnasiums zu Hanau. Hanau 1879, S.1-56.
  • Anja Zeller: Tour de Burg. Die schönsten Burgen, Schlösser und Landsitze zwischen Vogelsberg und Spessart. Ein Kulturführer. CoCon-Verlag, Hanau 2007. ISBN 978-3-937774-36-7
  • Hans Zilch: Das Wilhelmsbader Fest – Ein Palaver?. In: Stadtzeit (1998). Geschichtsmagazin anlässlich des Jubiläums 150 Jahre Revolution und Turnerbewegung Hanau 1848 – 1998, S. 49-53.

Weblinks

 Commons: Wilhelmsbad – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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