Wohnungsdurchsuchung

Wohnungsdurchsuchung
Körperliche Durchsuchung durch die Polizei

Die Durchsuchung im Rechtssinne ist das Absuchen einer Person oder einer Sache nach Gegenständen oder zum Auffinden von Personen. Sie ist ein wichtiges Instrument der Strafverfolgung, der -vollstreckung sowie der Gefahrenabwehr.

Die Durchsuchung von Personen ist abzugrenzen von der Untersuchung von Personen; bei der Durchsuchung werden die Kleidung der Person sowie die Körperoberfläche und die problemlos zugänglichen Körperöffnungen abgesucht (z. B. Mund, Nase und Ohren). Eine Untersuchung hingegen bezieht sich auf das Körperinnere (Mageninhalt o. ä.) sowie den Genitalbereich. Eine Untersuchung ist im Vergleich zur Durchsuchung nur unter stark eingeschränkten Voraussetzungen möglich, da sie deutlich stärker in die Rechte des Betroffenen eingreift.

Bei der Hausdurchsuchung greifen besondere Vorschriften, insbesondere weil hier Artikel 13 des deutschen Grundgesetzes über die Unverletzlichkeit der Wohnung berührt wird.

Inhaltsverzeichnis

Strafprozessuale Durchsuchung

Im Rahmen der Strafverfolgung ist die Durchsuchung in den §§ 102-110 der Strafprozessordnung (StPO) normiert.

Die Durchsuchung dient folgenden Zwecken:

  1. der Ergreifung eines Täters oder Teilnehmers einer Straftat
  2. der Auffindung von Spuren oder Beweismitteln
  3. der Beschlagnahme von Verfalls- oder Einziehungsgegenständen (vgl. § 111 b Abs. 4 StPO)

Das Ergreifen bezeichnet dabei jede zulässige Festnahme, gleich aufgrund welcher Rechtsgrundlage (z. B. §§ 81, 112, 127, 230 Abs. 2 oder 457 StPO).

Aufgefundene Beweismittel können nach den §§ 94 ff. StPO sichergestellt oder beschlagnahmt werden; Gleiches gilt für Verfalls- und Einziehungsgegenstände.

Die Durchsuchung kann sowohl beim Verdächtigen (§ 102 StPO), als auch bei anderen Personen stattfinden (§ 103 StPO).

Voraussetzung für eine Durchsuchung beim Verdächtigen sind zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, dass eine bestimmte Straftat verübt wurde und aufgrund kriminalistischer Erfahrung die Vermutung besteht, dass der Zweck der Durchsuchung (s. o.) erreicht werden kann. Objekt der Durchsuchung können die Wohnung oder andere Räumlichkeiten (z. B. Arbeits- oder Geschäftsräume) des Verdächtigen sein. Eine vorübergehende Nutzung (z. B. bei Hotelzimmern) ist ausreichend. Außerdem kann der Verdächtige selbst durchsucht werden; dies schließt eine Durchsuchung der getragenen Kleidung, wie auch der Körperoberfläche oder natürliche Körperöffnungen (z. B. die Mundhöhle) mit ein. Ebenso können sonstige Sachen des Verdächtigen (z. B. Handtasche oder Fahrzeug) Gegenstand der Durchsuchung sein.

Eine Durchsuchung bei anderen Personen kann nur bei Vorliegen strengerer Voraussetzungen erfolgen. Erforderlich ist, dass aufgrund von bewiesenen Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Durchsuchung zum Auffinden des Beschuldigten oder der gesuchten Spur bzw. bestimmter Beweismittel führen wird. Eine bloße Vermutung ist – anders als bei einer Durchsuchung beim Verdächtigen (s. o.) – nicht ausreichend.

Mögliche Durchsuchungsobjekte sind jedoch identisch (Wohnung, andere Räume und sonstige Sachen der anderen Person sowie diese selbst).

Gemäß § 103 Abs. 1 Satz 2 StPO ist eine Durchsuchung von Wohnungen und anderen Räumen auch dann zulässig, wenn sich diese in einem Gebäude befinden, von dem auf Grund von Tatsachen anzunehmen ist, dass sich der Beschuldigte, der wegen der Bildung einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung (§§ 129 bzw. 129 a StGB) dringend tatverdächtig ist, in ihm aufhält.

Hält sich der Beschuldigte zum Zeitpunkt der Ergreifung in den Räumen des § 103 Abs. 1 Satz 1 StPO auf oder betritt er diese bei seiner Verfolgung, so geltend die Beschränkungen dieser Norm nicht (§ 103 Abs. 2 StPO).

Die Anordnung der Durchsuchung wird durch den zuständigen Ermittlungsrichter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft oder – beim Beschuldigten – durch ihre Ermittlungspersonen vorgenommen (§§ 105 Abs. 1, 165 StPO). Diese Anordnung kann mündlich, telefonisch oder schriftlich ergehen. Der Richter sollte sie jedoch schriftlich abfassen. Wegen des Eingriffs in die Privatsphäre der Betroffenen legt das Bundesverfassungsgericht hohe Maßstäbe an den Inhalt der Durchsuchungsanordnung. Sie muss die Straftat bezeichnen, deren Begehung Anlass für die Durchsuchung gibt. Bei Wohnungsdurchsuchungen sind darüber hinaus tatsächliche Angaben über den Tatvorwurf zu machen, soweit nicht dadurch der Untersuchungszweck gefährdet würde. Weiterhin sind der Zweck, das Ziel und das Ausmaß der Durchsuchung zu benennen. Dient die Durchsuchung dem Auffinden von Beweismitteln, so sind diese soweit möglich, ggfs. annährungsweise, zu bezeichnen.

Durchsuchungen zur Ergreifung des Verdächtigen bzw. Verurteilten sind in dessen Räumlichkeiten stets und ohne besondere Durchsuchungsanordnung aufgrund des Haft-, Vorführungs- oder Unterbringungsbefehls zulässig; bei Flucht ist keine neue Ausfertigung notwendig.

Die Durchsuchungsanordnung wird von der Staatsanwaltschaft bzw. meistens von ihren Ermittlungspersonen (gem. § 152 GVG ) vollstreckt (§ 36 Abs. 2 Satz 1 StPO).

Hausdurchsuchung

Zu einer Durchsuchung einer Wohnung, von Geschäftsräumen oder befriedeten Besitztums sind ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde als Zeugen hinzuzuziehen, wenn nicht der Richter oder Staatsanwalt selbst an der Durchsuchung teilnimmt (§ 105 Abs. 2 StPO). Auf dieses Recht kann der Betroffene verzichten, wenngleich die Zeugen auch die durchsuchenden Beamten vor ungerechtfertigten Beschuldigungen schützen soll. Die Durchsuchung dieser Räumlichkeiten ist zur Nachtzeit (21:00 bis 4:00 bzw. 6:00 Uhr, vgl. § 104 Abs. 3 StPO) unzulässig, es sei denn der Beschuldigte wird auf frischer Tat verfolgt, es besteht Gefahr im Verzug oder die Durchsuchung dient der Wiederergreifung eines entwichenen Gefangenen (§ 104 Abs. 1 StPO). Ein Verstoß gegen die Bestimmungen über die Hinzuziehung von Zeugen, wie auch gegen die zur Durchsuchungszeit, macht die Durchsuchung rechtswidrig, führt aber nicht zu einem Verwertungsverbot.

Die Maßnahmen der Beamten sind von den Betroffenen zu dulden und können ggf. auch zwangsweise durchgesetzt werden. Eine vorübergehende Festnahme des Störers für die Dauer der Maßnahme ist gemäß § 164 StPO zulässig.

Der Inhaber der zu durchsuchenden Räumlichkeiten hat ein Anwesenheitsrecht nach § 106 Abs. 1 Satz 1 StPO. Gemäß Satz 2 soll im Falle seiner Abwesenheit ein Vertreter hinzugezogen werden.

Die Durchsicht von bei der Durchsuchung aufgefundenen Papieren ist dem Staatsanwalt vorbehalten, der diese Aufgabe jedoch auf seine Ermittlungspersonen übertragen kann (§ 110 Abs. 1 StPO).

Nach Beendigung der Maßnahme ist dem Betroffenen auf Verlangen eine schriftliche Mitteilung über den Grund der Durchsuchung zu machen und ein Verzeichnis über die beschlagnahmten Gegenständen zu übergeben (§ 107 StPO). Die erfolgt in der Regel auch ohne ausdrückliches Verlangen durch Übergabe einer Ausfertigung der Durchsuchungsanordnung, soweit diese schriftlich vorliegt und einer Durchschrift der Niederschrift, in der die beschlagnahmten Gegenstände aufgeführt werden.

Zufallsfunde, die auf andere Straftaten hinweisen als der Genehmigung der Durchsuchung zugrund lagen, können gemäß § 108 StPO beschlagnahmt werden.


Durchsuchung im Gefahrenabwehrrecht

Von der Zuständigkeit der Bundespolizei abgesehen bestimmt sich die Rechtmäßigkeit gefahrenabwehrrechtlicher Durchsuchungen nach Landesrecht. Die Regelungen unterscheiden sich im Detail, weisen aber übereinstimmend folgende Merkmale auf:

  • Durchsuchungen bedürfen grundsätzlich eines konkreten Anlasses in Form einer Gefahr
  • Durchsuchungen von Personen sind grundsätzlich von Amtspersonen gleichen Geschlechts vorzunehmen
  • Durchsuchungen sind auf das notwendige Maß zu beschränken
  • Untersuchungen sind nur bei Gefahr für Leib oder Leben zulässig

Rechtsbehelfe

Die Durchsuchungsanordnung des Richters – und für die Staatsanwaltschaft auch die Nichtanordnung – kann mit der Beschwerde nach § 304 StPO angefochten werden. Gegen Durchsuchungsanordnungen der Staatsanwaltschaft und ihrer Ermittlungspersonen ist eine richterliche Entscheidung analog § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO möglich; diese wird nach Abschluss der Maßnahme auf die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit gerichtet.

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