Wolen Siderow

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Wolen Nikolow Siderow (bulgarisch Волен Николов Сидеров, wiss. Transliteration Volen Siderov; * 19. April 1956 in Jambol, Bulgarien) ist Vorsitzender der nationalistischen bulgarischen Partei Ataka. Er ist bekannt für Angriffe auf korrupte Politiker und xenophobe[1] Meinungskundgaben gegen ethnische Minderheiten.

Inhaltsverzeichnis

Lebenslauf

Siderow studierte Fotografie in Sofia und arbeitete vor dem Fall des Kommunismus (1989) als Fotograf für das Nationale Literaturmuseum.

Journalistische Tätigkeit

Nach dem Fall des Kommunismus wurde Siderow Mitglied einer frisch gegründeten Bewegung für Menschenrechte. Mitte 1990 wurde er Chefredakteur von Demokratia. Zu dieser Zeit war Demokratia politisch der Demokratischen Partei Bulgariens nahe. Unter Siderow wurde die Zeitung zur offiziellen Publikation der Mitte-Rechts-Partei.

1992 wurde Siderow bei Demokratia entlassen und beendete sämtliche Beziehungen zu seinen politischen Partnern. Daraufhin wurde er stellvertretender Chefredakteur von Monitor, einer Zeitung, die politisch nationalistisch und konservativ einzuordnen ist.

Im Jahr 2000 wurde Siderow mit dem Preis der Bulgarischen Journalistenvereinigung ausgezeichnet. Nachdem er auch Monitor verlassen musste, wurde er Moderator von Ataka, einer Talkshow des bulgarischen Fernsehsenders SKAT. Dort thematisierte er vor allem die politische Korruption und Probleme mit ethnischen Minderheiten.

2002 wurde Siderow zu einer Antiglobalisierungskonferenz in Moskau eingeladen, an der unter anderem der schwedische Rechtspublizist Ahmed Rami sowie David Duke teilnahmen.[2] Im Laufe der Konferenz trat Siderow mit einem Vortrag auf, wo er für „den kommunistischen Pogrom gegen Russland“ „eine Clique von radikalen Juden, die von anderen Juden-Kapitalisten aus den USA und Westeuropa finanziert wurden“, für verantwortlich hielt[3].

Politischer Aufstieg

2003 wurde Siderow Bürgermeisterkandidat für die Partei BZNS in Sofia. Er bekam 1 728 Stimmen beziehungsweise 0,45 Prozent. Dieser Vorgang fand in der Öffentlichkeit wenig Beachtung.

Zu den Parlamentswahlen im Juni 2005 gründete Siderow die nationalistische Vereinigung Ataka, die er nach seiner mittlerweile sehr populären Talkshow benannte. Überraschenderweise bekam die Partei 296 848 Stimmen, bzw. 8,14 Prozent. Damit wurde Ataka zur viertgrößten Partei im Parlament. Anschließend gründete Siderow die gleichnamige Partei.

Siderow kandidierte 2006 bei der Präsidentenwahl. Im ersten Wahlgang bekam er 21 Prozent der Stimmen und qualifizierte sich für die nächste Runde gegen den amtierenden Präsidenten Georgi Parwanow, der 65 Prozent der Stimmen bekommen hatte. Parwanow war nicht als Gewinner aus dem ersten Wahlgang hervorgegangen, denn die Wahlbeteiligung war mit unter 50 Prozent zu gering für ein rechtskräftiges Ergebnis.

Die anderen Rechtsparteien weigerten sich, für den zweiten Wahlgang eine Kandidaten-Empfehlung auszusprechen. Die Zentrumspartei unterstützte hingegen Parwanow. Das hatte zur Folge, das Siderow im zweiten Wahlgang 25 Prozent seiner Stimmen einbüßte und somit nicht Präsident wurde.

Im Dezember 2008 wurde Siderow auf dem Parteitag von Ataka als dessen Vorsitzenden mit absoluter Mehrheit der Stimmen bestätigt.

Er ist der Kandidat der Partei Ataka bei der Präsidentschaftswahl in Bulgarien, die am 23. Oktober 2011 stattfindet.

Politische Standpunkte

Seitdem Siderow politisch aktiv ist, kritisiert er, dass renommierte bulgarische Parteien mit dem organisierten Verbrechen kooperieren. Zudem gehen seiner Ansicht nach große Gefahren von Minderheiten und (illegalen) Immigranten aus.

An der ersten Sitzung des 41. Narodno Sabranie, in der Ataka über 21 Abgeordnete verfügt, hat Wolen Siderow den Entwurf für eine "Resolution zur Verurteilung des Genozides an den Bulgaren im Osmanischen Reich im Zeitraum von 1396 bis 1913" eingereicht.[4] Dieser Resolutionsentwurf sieht vor, dass das Narodno Sabranie es zur "unstrittigen historischen Wahrheit" erklären möge, dass während der fünf Jahrhunderte der osmanischen Herrschaft an den Bulgaren ein Genozid verübt worden sei, der "die folgenden historischen Verbrechen" umfasst habe: "Änderung der Religion, des Wertesystems, beziehunsgweise der ethnischen Zugehörigkeit der Bulgaren, Schwächung des Genofonds der Bulgaren durch den so genannten Blutzoll, physische Vernichtung, Massenmorde an Bulgaren." Der Resolutionsentwurf sieht vor, den 17. Mai, den Tag des Massakers von Batak, zum "Tag des Gedenkens an die Opfer des Genozides an den Bulgaren im Osmanischen Reich" zu erklären, und beauftragt die Regierung mit dem Bau einer Gedenkstätte in Sofia.[5] Der neugewählte Premierminister Bojko Borissow hat bei einem Interview die Idee eines Tages des Genozids unterstützt. Der Gedenktag wurde schon drei Monate zuvor von der Gemeindeversammlung in Burgas, wo GERB und Ataka eine Mehrheit genießen, befürwortet[6]. Das bulgarische Parlament stimmte über die Resolution am 9. März 2011 ab. Sie wurde mit 39 Stimmen für, 26 gegen und 50 Enthaltungen abgelehnt[7].

Im November 2010 gab Wolen Siderow zu, dass Todor Schiwkow als ein Staatsmann, dem kein Benehmen fehlte, vieles für Bulgarien gemacht habe und dass das auch von Dissidenten (wie ihm selbst) in Betracht gezogen werden müsse. Nach Siderows Worten sei vieles zu seiner Zeit in den Bereichen Gesundheitswesen und Bildung erreicht worden und das hätte nicht zunichte gemacht werden dürfen, sondern hätte verbessert werden müssen[8].

Wolen Siderow befürwortet wichtige energetische Projekte wie Südstrom und das Kernkraftwerk Belene. Nach Siderows Worten, wenn Bulgarien die Chance zum Aufbau neuer Kernkraftwerke versäume, werde sich die Türkei mit diesem Aufbau befassen und fragte rhetorisch, ob man von der Türkei energetisch abhängen will[8].

Skandale

Siderow ist in mehrere Skandale verwickelt. Unter anderem geht es um einen Autounfall, den er als einen Anschlag auf seine Person darstellte. Dabei behauptete der vermeintliche Täter, dass Siderows Kollege Pawel Tschernew seinen Wagen manipuliert habe. Zunächst bezeugte Tschernew Siderows Aussage. Später bestätigte er jedoch, dass Siderow ihn zur Falschaussage bewegt habe. Anschließend verließ Tschernew Ataka und gründete eine eigene nationalistische Organisation.

Am 23. Februar 2007 drang Siderow mit 50 Mitgliedern und Unterstützern von Ataka in die Räume der Zeitung 168 Tschasa (168 Stunden) ein. 100 weitere Personen warteten auf Abruf vor dem Gebäude. Hintergrund dieses Angriffs war ein Artikel, demzufolge Ataka in eine Spendenaffäre verwickelt sei. Siderow und sein Stellvertreter Pawel Schopow verlangten mit dieser Drohgebärde vom Chefredakteur Nikolai Pentschew, dass dieser den Autor des Artikels nennen sollte.

In einem Interview für 168 Tschasa im Mai 2010 hat der israelische Botschafter Gendrel Siderow als einen Menschen mit antisemitischen Ansichten bezeichnet,[9] weil er als Vorsitzender der parlamentarischen Kommission zur Kontrolle des Staatlichen Nationalsicherheitsdienstes (DANS) Information über die mutmaßlichen Beziehungen des wegen krimineller Tätigkeiten inhaftierten und angeklagten Alexej Petrow (ehemaliger Angestellter des DANS) mit Personen aus der isrelischen Botschaft im Bereich der Prostitution veröffentlichte.[10] Die von ihm enthüllte Information bezeichnete Siderow selbst als wahrheitsgetreu und erklärte, dass sie von General Atanasow im Laufe seiner Befragung vor der Kommission erzählt worden sei.[10]

Drohung

Am 12. Mai übergab Wolen Siderow dem Botschafter der USA eine Sammlung von Dokumenten, in denen der Betrag für die in Bulgarien stationierten Militärbasen auf 2 Milliarden USD von Experten der Partei Ataka geschätzt wird. Das geschah in einem Lokal, wo Wolen Siderow James Warlick auffand, nachdem ihm ein Gespräch mit dem Botschafter in der Botschaft verweigert worden war. Dabei habe Warlick gerufen: Ich werde dich zerstören. (eng. I will destroy you.) und die Frage Siderows Sie werden mich zerstören? beantwortete Warlick mit Die USA werden dich zerstören.[11] (eng. The United States will destroy you.)[12] Am 16. Mai richtete Siderow einen Brief an den Außenminister der Vereinigten Staaten Hillary Clinton, in dem er zur Abberufung des Botschafters aufrief[11].

Werke

Wolen Siderow ist Autor einiger Bücher, darunter Der Bumerang des Bösen (bulgarisch Бумерангът на злото, 2002), Die Macht des Mammons (bulgarisch Властта на мамона, 2004), Bulgarophobie (bulgarisch Българофобия, 2003). Im Vorwort zum Buch Der Bumerang des Bösen nennt er Jürgen Graf meinen Kollegen und einen persönlichen Bekannten von mir[13]. 2010 erschien die vierte Ausgabe von Der Bumerang des Bösen.

Einzelnachweise

  1. Vgl. z.B. Das Weltbild eines Wolen Siderow oder “Sind Sie bulgarophob?” (Deutsch). Neues aus Stolipinovo (Blog) (2007). Abgerufen am 31. Dezember 2007.; Mitschrift der Parlamentssitzung vom 11. Juli 2005 (Bulgarisch). Bulgarische Volksversammlung (2005). Abgerufen am 31. Dezember 2007.; http://www.europa.bg/de/htmls/page.php?id=5989&category=223
  2. The history of a photograph (English). Bulgarian Helsinki Committee (2006). Abgerufen am 15. November 2007.
  3. Die Globalisierung - der letzte Versuch der Kolonisation des Orthodoxen Ostens - Siderows Vortrag im Laufe der Konferenz.
  4. Stenogramm der zweiten Plenarsitzung vom 22. Juli 2009, wo die Einreichung des Entwurfes in der ersten Sitzung am 14. Juli 2009 vermerkt ist.
  5. Wolen Siderow: Новото управление трябва да спре турцизирането на България bulgarisch:
  6. Bojko Borisows Stellung in Sega geschildert
  7. Tagung des Bulgarischen Parlaments vom 9. März 2011 (bulgarisch)
  8. a b Сидеров: Живков направи много неща за България, Siderow: Schiwkow hat vieles für Bulgarien getan
  9. в-к 168 часа, 14-20 май 2010, година XXI, брой 20, стр.7
  10. a b Волен: Атанасов да каже за Израел и проститутките
  11. a b Волен Сидеров поиска Държавният департамент да отзове Уорлик, Wolen Siderow verlangte Warlicks Abberufung vom Außenministerium der USA
  12. Джеймс Уорлик към Волен Сидеров: Ще те унищожа!, James Warlick zu Wolen Siderow: Ich werde dich zerstören!
  13. Бумерангът на злото, 2010 (четвърто издание), стр. 10, изд-во Бумеранг БГ

Weblinks

 Commons: Wolen Siderow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur von und über Wolen Siderow im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek


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