Wolfgang Benz

Wolfgang Benz

Wolfgang Benz (* 9. Juni 1941 in Ellwangen) ist ein deutscher Historiker. Er ist emeritierter Hochschullehrer an der Technischen Universität Berlin und war von 1990 bis 2011 Leiter des zur Universität gehörenden Zentrums für Antisemitismusforschung.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wolfgang Benz studierte Geschichte, Politische Wissenschaft und Kunstgeschichte in Frankfurt am Main, Kiel und München. Benz wurde 1968 bei Karl Bosl an der Universität München mit dem Thema „Süddeutschland in der Weimarer Republik (Innenpolitik 1918–1923)“ promoviert. Von 1969 bis 1990 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte in München.

Benz ist seit 1985 Mitbegründer und Herausgeber der Dachauer Hefte und seit 1992 auch Herausgeber des im Metropol Verlag erscheinenden Jahrbuchs für Antisemitismusforschung. 1986 nahm er eine Gastprofessur an der University of New South Wales in Sydney wahr. 1992 erhielt Benz den Geschwister-Scholl-Preis und den Preis Das politische Buch der Friedrich-Ebert-Stiftung. Benz arbeitet öfter mit der Bundeszentrale für politische Bildung zusammen und ist einer der Herausgeber der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft.

Als Benz, der sich schon früher mit dem „Verhältnis von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit“ befasst hatte[1] und dafür von einzelnen Publizisten kritisiert worden war,[2] Anfang 2010 im Zusammenhang mit dem Schweizer Minarettstreit die These vertrat, „Antisemiten des 19. Jahrhunderts und manche ‚Islamkritiker‘ des 21. Jahrhunderts arbeiten mit ähnlichen Mitteln an ihrem Feindbild,“ vor der pauschalen Diskriminierung von Muslimen warnte und sie als „Kampfansage gegen Toleranz und Demokratie“ bezeichnete,[3] erntete er zum Teil scharfen Widerspruch,[4] wohingegen der Erziehungswissenschaftler und frühere Leiter des Frankfurter Fritz-Bauer-Instituts, Micha Brumlik, erklärte, dass Benz, „was die sozialpsychologische Sache angeht, mit seinem Vergleich der heutigen Islamfeindlichkeit und der Judenfeindschaft des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts“ völlig recht habe.[5] Ganz ähnlich wie Brumlik äußerte sich auch der Jenaer Historiker Norbert Frei.[6] Benz ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirates des Jahrbuchs für Islamophobieforschung.[7]

Am 21. Oktober 2010 wurde Wolfgang Benz emeritiert, war jedoch noch bis März 2011 im Amt. Nachfolgerin wurde die Historikerin Stefanie Schüler-Springorum.[8]

Schriften (Auswahl)

Monografien
Beiträge
als Herausgeber
  • Zwischen Antisemitismus und Philosemitismus. Juden in der Bundesrepublik, Metropol Verlag, Berlin 1991
  • Salzgitter. Geschichte und Gegenwart einer deutschen Stadt 1942 - 1992. München 1992.
  • mit Angelika Königseder: Judenfeindschaft als Paradigma, Studien zur Vorurteilsforschung, Berlin 2002.
  • Überleben im Dritten Reich. Juden im Untergrund und ihre Helfer. 349 S. 2003. (auch Judenretter genannt. Rezension Institut für Friedenspädagogik, Tübingen e.V.)
  • Selbstbehauptung und Opposition. Kirche als Ort des Widerstandes gegen staatliche Diktatur, Berlin 2003, ISBN 3-936411-32-8
  • Der Hass gegen die Juden. Dimensionen und Formen des Antisemitismus, Reihe Positionen, Perspektiven, Diagnosen (Band 2), Metropol Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-938690-82-6 oder ISBN 3-938690-82-8
  • mit Angelika Königseder: Das Konzentrationslager Dachau. Geschichte und Wirkung nationalsozialistischer Repression, Metropol Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-940938-10-7
  • Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, de Gruyter/K. G. Saur, Berlin. 7 Bände in ca. 9 Teilbänden (geplant), bisher erschienen:
    • 1. Band: Länder und Regionen, 2008
    • 2. Band: Personen. 1. A–K und 2. L–Z, 2009
    • 3. Band: Begriffe, Theorien, Ideologien, 2010
    • 4. Band: Ereignisse, Dekrete, Kontroversen, 2011
  • Wie wurde man Parteigenosse? Die NSDAP und ihre Mitglieder, Frankfurt/Main 2009, ISBN 978-3596180684.
als Mitherausgeber

Literatur

  • Wolfgang Benz. In: Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 2003. 19. Ausgabe. Band I: A – J. Bio-bibliographisches Verzeichnis deutschsprachiger Wissenschaftler der Gegenwart. K. G. Saur, München 2003, ISBN 3-598-23607-7, S. 199

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Feindbild Muslim – Feindbild Jude. Programm einer Konferenz des Zentrums für Antisemitismusforschung, Berlin, 8. Dezember 2008 (PDF, 84 KB).
  2. Benjamin Weinthal: Dangerous equation. In: Haaretz.com, 26. Dezember 2008. Vgl. Philipp Gessler: Tagung der Berliner Antisemitismusforscher. Judenhasser versus Islamfeinde. In: taz.de, 10. Dezember 2008.
  3. Wolfgang Benz: Antisemiten und Islamfeinde. Hetzer mit Parallelen. In: Süddeutsche Zeitung, 4. Januar 2010.
  4. Julius H. Schoeps: Abwegige Parallelen. In: Die Jüdische, 16. Januar 2010. Ulrich W. Sahm: Ein Hetzer ohne Ahnung. In: Hagalil.com, 18. Januar 2010. Henryk M. Broder: Essay: Sind Muslime die Juden von heute? In: Welt.de, 13. Januar 2010.
  5. Neue Feindschaft - Alte Muster. Micha Brumlik im Gespräch mit Britta Bürger In: Deutschlandradio Kultur, 28. Januar 2010.
  6. Antisemitismusforscher Wolfgang Benz geht in den Ruhestand. Historiker Norbert Frei: Benz hat sich als "öffentlicher Aufklärer" verstanden. In: Deutschlandfunk, Kultur Heute, 21. Oktober 2010, abgerufen am 9. September 2011.
  7. Jahrbuch für Islamophobieforschung, Herausgeber und Wissenschafttlcher Beirat
  8. Torsten Harmsen: Was wird aus der Antisemitismusforschung? Hamburgerin leitet künftig das Zentrum an der TU. In: Berliner Zeitung, 2. Oktober 2010, abgerufen am 9. September 2011.

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