Württemberg (Weinbaugebiet)

Württemberg (Weinbaugebiet)
Daten
Weinbaugebiet: Württemberg
Bundesland: Baden-Württemberg
Weinanbau seit: 2. Jahrhundert
Fläche: 11.511 Hektar (2008) [1]
Weinproduktion: 1.136.368 hl (2008)
Anteil Qualitätswein: ca. 60–85 % AOC
Website: www.wvwue.de
Karte
German wine regions.jpg
Süddeutschland:
Weinbaugebiet Württemberg (braun, Nr. 13)

Im Weinbaugebiet Württemberg wird Wein angebaut, der als Württemberger Wein verkauft wird. Im Jahre 2008 erreichte der „Württemberger“ einen Anteil von 11,4 % an der deutschen Weinerzeugung. Der Wein aus Württemberg ist berühmt für seine Rotweinlagen. Die häufigsten Rebsorten sind Trollinger (rot) und Riesling (weiß). Durch das Weinbaugebiet führt seit Oktober 2004 die Württemberger Weinstraße, die aus der Schwäbischen Weinstraße hervorgegangen ist.

Inhaltsverzeichnis

Geographische Lage und Klima

Das Weinbaugebiet Württemberg liegt im Süden Deutschlands. Es erstreckt sich zwischen dem nördlichen Bereich Kocher-Jagst-Tauber, der an Franken anschließt und für seine spritzigen Weißweine bekannt ist, entlang dem Neckartal über Heilbronn und Stuttgart bis Tübingen. Ein kleiner Bereich am württembergischen Ufer des Bodensees in Kressbronn gehört ebenfalls dazu, und auch die Weinlagen am bayerischen Bodenseeufer bei Lindau sind weingeographisch Württemberg angegliedert.

Das günstige Mikroklima entlang des Neckars und die hitzigen Muschelkalk- und Keuperböden lassen ausdrucksstarke Rotweine gedeihen. Heiße Sommer und sonnige Herbsttage sorgen für hohe Qualität und gute Ernteerträge. Winterfröste im kontinental geprägten Klima führen in manchen Jahren zu Ertragseinbußen.

Im Stuttgarter Raum und in der Esslinger Gegend wachsen an den Steilhängen des Neckartals füllige, charaktervolle Trollinger, rassige und fruchtige Rieslingweine und würzige Kerner. Der Boden und das warme Klima eignen sich ebenso für Müller-Thurgau, Portugieser und Dornfelder.

Brauner Jura und vulkanischer Boden drücken den sortentypischen Weinen im oberen Neckartal und in Metzingen ihren Stempel auf. Zartnervig und fein, so deklariert der Kellermeister die hauptsächlich weißen Tropfen: Silvaner, Kerner, Müller-Thurgau und Spätburgunder.

Geologie im Weinbaugebiet

Weinsberg mit dem Schemelsberg und dem Burgberg

Zur typischen Geologie der Weingebiete am Neckar zählen felsige Hanglagen mit Mauerterrassen aus Muschelkalk-Bruchsteinen mit Fossilien sowie ebenfalls aus Muschelkalk-Brocken zusammengetragenen Lesesteinriegeln. Im Anbaubereich Oberer Neckar und der Großlagen Stromberg/Heuchelberg bilden insbesondere die Schichten des Mittleren Keuper und die daraus hervorgegangenen Böden das Substrat der Rebhänge.

Der Weinbau im Bereich der Großlage Hohenneuffen (Bereich Remstal-Stuttgart) wird von vulkanischen Gesteinen und Sedimentgesteinen des Braunjuras geprägt. Die geologische Grundlage im Bereich Württemberger Bodensee sind überwiegend die Molasse-Sedimente aus dem Tertiär.

Gebietseinteilung (Bereiche, Großlagen)

Innerhalb von Württemberg gibt es sechs Bereiche, 17 Großlagen und über 200 Einzellagen.

Bereich Württembergischer Bodensee

Keine Großlage

Bereich Bayerischer Bodensee

Großlage Lindauer Seegarten

Bereich Kocher-Jagst-Tauber

Großlage Tauberberg

Möckmühl, Ammerlanden

Großlage Kocherberg

Bereich Remstal-Stuttgart

Großlage Weinsteige – siehe Artikel Weinbau in Stuttgart

Esslinger Neckarhalde
Fellbacher Weinberge im Herbst

Großlage Kopf

Großlage Wartbühl

Großlage Sonnenbühl

Großlage Hohenneuffen

Bereich Oberer Neckar

Keine Großlagen

Bereich Württembergisch Unterland

Großlage Staufenberg

Scheuerberg bei Neckarsulm
Blick zum Heilbronner Wartberg

Großlage Lindelberg

Großlage Salzberg

Großlage Schozachtal

Großlage Wunnenstein

  • Beilstein (Ort): Wartberg – Steinberg
  • Beilstein Ortsteil Hohenbeilstein (Ort): Schloßwengert
  • Oberstenfeld (Ort): Forstberg – Lichtenberg – Harzberg
  • Oberstenfeld, Ortsteil Gronau (Ort): Forstberg
  • Ilsfeld (Ort): Lichtenberg
  • Großbottwar (Ort): Lichtenberg – Harzberg
  • Großbottwar Ortsteil Winzerhausen (Ort): Lichtenberg -Harzberg
  • Großbottwar Ortsteile Hof und Lembach (Ort): Lichtenberg – Harzberg
  • Steinheim an der Murr (Ort): Lichtenberg
  • Steinheim-Kleinbottwar (Ort): Lichtenberg – Oberer Berg – Süßmund – Götzenburg
  • Ludwigsburg Ortsteil Hoheneck (Ort): Oberer Berg

Großlage Kirchenweinberg

Großlage Heuchelberg

Burg Neipperg auf rebenbewachsenem Burgberg
Brackenheim

Großlage Stromberg

Großlage Schalkstein

Hessigheimer Felsengarten

Typische Rebsorten

Rebsorte Fläche in ha Anteil in % Rebsorte Fläche in ha Anteil in %
Trollinger 2.597 23,3 Riesling 2.187 19,6
Schwarzriesling 1.896 17,0 Kerner 464 4,2
Lemberger 1.345 12,0 Müller-Thurgau 444 4,0
Spätburgunder 854 7,7 Silvaner 173 1,6
Samtrot 321 2,9 Ruländer 85 0,8
Dornfelder 305 2,8
Blauer Portugieser 206 1,9
Sonstige 127 1,1 Sonstige 129 1,1
Rotgewächse 7.651 68,7 Weißgewächse 3.482 31,3
(Stand: 2003)

Qualitätsstufen

In Württemberg werden alle Qualitätsstufen vom einfachen schwäbischen Landwein bis zur trockenen Auslese oder edelsüßen Trockenbeerenauslese erzeugt. Da die Weine überwiegend im Land selbst konsumiert werden, sind die Weine überregional wenig bekannt. Einige Spitzenerzeuger können sich aber durchaus international mit den besten Gütern messen.

Geschichte

Es wird angenommen, dass schon im 2. Jahrhundert nach Christus in Württemberg Wein angebaut wurde. Durch eine Schenkungsurkunde des Klosters Lorsch im Jahre 766 wurde der Weinbau erstmals urkundlich nachgewiesen.

Mit der Verbreitung des Christentums nahm der Weinanbau zu, vor allem durch die Klöster. Mit der Gründung neuer Klöster um 1100 wurden die Rebflächen bedeutend ausgedehnt. In vielen Orten errichtete man Keltern. Damit entwickelte sich der Weinbau zu einer bedeutenden Sonderkultur, Württemberg wurde zu einem Weinexportland. Im 16. Jahrhundert war der Neckarwein in Mitteleuropa bekannt und verkaufte sich sehr gut, weil man die Weinberge mit hochwertigen Rebsorten wie dem Klevner bepflanzt hatte. Für die geistlichen und weltlichen Landesherren bildete der Wein als Abgabe aus verliehenen Weinbergen sowie als Weinzehnt eine wichtige Einkommensquelle. Sehr häufig gab es aber gegenseitige Verpflichtungen, da der Wein kein Grundnahrungsmittel darstellte. Die Herrschaften beteiligten sich an der Bewirtschaftung der Weinberge, indem sie beispielsweise Dung oder – zum Bau der Stützmauern – Steine lieferten; daneben trugen sie zur Unterhaltung der Keltern durch die Bereitstellung von Holz und anderem Verbrauchsmaterial bei. In einer Herbstordnung von 1607 ließ Herzog Friedrich I. von Württemberg die Vorschriften für den Weinbau zusammenfassen und erließ damit einheitliche Richtlinien für den Weinbau.

Vor dem Dreißigjährigen Krieg wurde die Anbaufläche auf rund 45.000 ha geschätzt. Dieser Krieg beeinträchtigte den Weinbau stark. Als Folge der hohen Bevölkerungsverluste schrumpften die Rebflächen. In der von Kriegen geprägten Zeit zwischen 1618 und dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges 1715 pflanzten die Weingärtner ertragreiche Sorten wie die berüchtigten „Putzscheren“, eine Tokajer-Sorte, die hohe Erträge bringen konnte, aber in Württemberg häufig nicht ausreifte. Darunter litten Qualität und Lagerfähigkeit des Weines. Alle Versuche der herzoglichen Regierung, den Anbau dieser minderwertigen Traubensorten zu verbieten, scheiterten, da die Weingärtner mit der Massenproduktion höhere Einkünfte erzielten als mit dem Qualitätsweinbau. In den Weinbergen pflanzte man außerdem die verschiedenen Traubensorten durcheinander (gemischter Satz).

Erst im frühen 19. Jahrhundert unternahm König Wilhelm I. von Württemberg systematische Anstrengungen zur Verbesserung des Weinbaus. In seinen eigenen Weinbergen wurden neue Bewirtschaftungsmethoden erprobt, daneben bemühte man sich um einer Verbesserung der Traubengärung und Weinbereitung. Aus dem Rheinland wurden Rieslingreben eingeführt, bei G. C. Kessler & Co. in Esslingen am Neckar verarbeitete man hochwertige Trauben zu Schaumweinen. Eine im Jahr 1825 gegründete Weinverbesserungsgesellschaft propagierte den Qualitätsweinbau und verteilte in den Gemeinden hochwertige Reben. Bei den meisten Weingärtnern stießen diese Bemühungen auf geringe Resonanz, da sie zu den minder vermögenden Einwohnern zählten und sich die mit einem jahrelangen Ertragsausfall verbundene Umstellung der Weinberge nicht leisten konnten. Mit der Ablösung der Grundlasten wurden auch die Weinberge freies Eigentum der Weingärtner. Aber in den 1880er Jahren bedrohte die Krankheit Peronospora den Weinbau insgesamt. Nur durch die Anpflanzung von Hybridreben konnte eine Katastrophe verhindert werden. Nun entstanden auch die ersten Weingärtnergenossenschaften.

Seit dem frühen 20. Jahrhundert setzte man Spritzmittel zur Bekämpfung der Rebkrankheiten ein und beschaffte die ersten hydraulischen Traubenpressen. Eine grundlegende Modernisierung vollzog sich allerdings erst in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. In den Keltern ersetzte man die alten Kelterbäume durch moderne Pressen. Da immer mehr Menschen in der Industrie arbeiteten und den Weinbau nicht mehr in der gewohnten althergebrachten Weise betrieben konnten, modernisierte man die Bewirtschaftung durch großflächige Rebflurbereinigungen. Die Württembergische Weingärtner-Zentralgenossenschaft in Möglingen ließ eine neue Großkellerei errichten, wo die Trauben aus zahlreichen Weinbaugemeinden gekeltert wurden. Unter dem Druck der internationalen Konkurrenz setzten Bemühungen ein, die Qualität und den Absatz des württembergischen Weines durch eine Reduzierung der Erträge, den Anbau neuer Sorten und eine moderne Vermarktung zu verbessern.

Württembergische Weinkönigin

Wie in den anderen Weinbaugebieten wird auch in Württemberg eine Weinkönigin gewählt, die Württembergische Weinkönigin, die den württembergischen Weinbau im Rahmen von dessen Öffentlichkeitsarbeit jeweils ein Jahr lang repräsentiert und bei Veranstaltungen rund um den Wein vertritt. Sie ist automatisch Kandidatin bei der Wahl zur Deutschen Weinkönigin, die bisher (Stand: August 2008) dreimal aus Württemberg kam.

Sonstiges

Der erste Bundespräsident Theodor Heuss promovierte 1905 über Weinbau und Weingärtnerstand in Heilbronn.

Zahlreiche Winzer betreiben zur Direktvermarktung ihrer Produkte eine Besenwirtschaft. Am Reisigbesen über der Tür kann man erkennen, ob der „Besen“ geöffnet ist.

Einzelnachweise

  1. Deutsches Weininstitut: Statistik 2009/2010, (PDF Datei). Mainz 2009.

Literatur

  • Eberhard Fritz: Die Verbesserung des Weinbaus in Württemberg unter König Wilhelm I. (1816–1864). Silberburg-Verlag, Tübingen 1994, ISBN 3-87407-179-0
  • Isolde Döbele-Carlesso: Weinbau und Weinhandel in Württemberg in der frühen Neuzeit am Beispiel von Stadt und Amt Brackenheim. Stadt Brackenheim, Brackenheim 1999, ISBN 3-9806667-7-8
  • Natalie Lumpp: Remstal-Stuttgart. Weinlandschaft mit Tradition und Vision. DRW-Verlag Weinbrenner, Leinfelden-Echterdingen 2003, ISBN 3-87181-488-1
  • Christine Krämer: Rebsorten in Württemberg. Herkunft, Einführung, Verbreitung und die Qualität der Weine vom Spätmittelalter bis ins 19. Jahrhundert. Thorbecke, Ostfildern 2006, ISBN 3-7995-5507-2 (Tübinger Bausteine zur Landesgeschichte. Band 7)

Weblinks


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