Benchmarking in der Wirtschaft

Benchmarking in der Wirtschaft
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Benchmarking ist eine Methode, mit der ein Unternehmen Best Practices identifizieren, verstehen, auf die eigene Situation anpassen und implementieren kann. Best Practices existieren auf verschiedenen Betrachtungsebenen und treten in folgenden Formen auf:

  • Konzepte: Im Sinne der Effektivität geht es darum, die richtigen Dinge zu tun,
  • Detail- oder Prozessebene: Im Sinne der Effizienz darum, die Dinge richtig zu tun.

Auf der obersten Betrachtungsebene werden Konzepte in Frage gestellt. Es geht darum, die „richtigen Dinge zu tun“. Auf der untersten Betrachtungsebene der Detailprozesse wird der Prozess in Frage gestellt. Hier geht es darum, die „Dinge richtig zu tun“ - also die Prozesseffizienz zu verbessern.

Ein häufiger Fehler beim Benchmarking besteht darin, die Betrachtungsebenen im Vorfeld nicht klar zu definieren. Erfahrungen zeigen, dass ein Benchmarking auf Konzeptebene sich kaum mit einem auf Detailprozessebene kombinieren lässt. Die für ein Benchmarking benötigten Ansprechpartner für die beiden Ebenen sind allzu verschieden und die Methoden zur Identifikation geeigneter Benchmarking-Partner unterscheidet sich je nach Betrachtungsebene.

Es gibt bisher keine Beispiele international genormter (ISO) Benchmarks, industrielle Standards werden beispielsweise durch SPEC gesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Ursprünge des Benchmarking

Das Benchmarking ist in der Praxis entstanden und ist auf die US-amerikanische Firma Xerox Corporation zurückzuführen: Der Kopiererhersteller befand sich Ende der 70er Jahre in einer schwierigen Wettbewerbsposition bedingt durch Qualitäts- und Kostenprobleme. Der Konkurrent Canon aus Japan brachte einen Kopierer zu einem Verkaufspreis auf den Markt, der wesentlich unter den Herstellkosten für vergleichbare Geräte bei Xerox lag. Die Marktanteile von Xerox fielen auf dem Kopierermarkt steil ab. Aus diesem Grund wandte Xerox 1979 zum ersten Mal ein Benchmarking an: Es wurde ein Kopierer der Konkurrenz gekauft, zerlegt und die einzelnen Komponenten mit jenen der eigenen Kopierer verglichen. So konnten die niedrigeren Herstellungskosten von Canon zu einem großen Teil erklärt werden. In einem nächsten Schritt wurden die Aktivitäten der einzelnen Wertschöpfungsketten im Unternehmen analysiert, mit dem Ergebnis, dass erhebliche Probleme in den Logistik- und Vertriebsprozessen aufgedeckt werden konnten. Aufgrund dieser ersten Erfolge wurde Benchmarking bald zu einer Hauptsäule der Xerox-Strategie.

Die Veröffentlichungen von Dr. Robert Camp haben der Benchmarking-Idee zum Durchbruch verholfen. Bei Xerox war er in den Achtzigerjahren in die ersten Benchmarking-Projekte involviert. Für Camp steht die Identifikation und Implementation von Best Practices im Mittelpunkt. Dem quantitativen Benchmarking, d. h. dem Vergleich von Kennzahlen, spricht er nur in Verbindung mit einer vertieften Analyse der Praktiken einen Nutzen zu.

Seither hat sich das Benchmarking über mehrere Generationen weiterentwickelt und zu unterschiedlichen Erscheinungsformen geführt. Benchmarking ist einer der effektivsten Wege, externes Wissen rasch in das eigene Unternehmen einzubringen. Das in einem Benchmarking-Projekt erarbeitete Wissen ist in höchstem Maße praxisorientiert - denn es stammt aus der Praxis und hat sich im Alltag bewährt.

In der Europäischen Union wird das Benchmarking seit Ende 1996 als eine Methode angewandt, um die Leistungskraft der einzelnen Arbeitsmärkte der EU-Länder zu vergleichen. Dabei sollen Schwächen einzelner Mitgliedstaaten offen gelegt und die jeweiligen Regierungen in die Lage versetzt werden, dringend benötigte Reformen durchzuführen. Entsprechende Vergleichsmethoden sind auf den nationalen Ebenen der Politik bisher eher unüblich, der Drang nationaler oder regionaler Politik zu mehr Transparenz ist steigerungsfähig.

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es im Bereich der öffentlichen Verwaltungen und Organisationen zum einen gesetzliche Vorschriften für das Benchmarking (z.B. Krankenhäuser, Rentenversicherung), zum anderen auch freiwillige Aktivitäten in sogenannten Benchmarking-Clubs. So sind beispielsweise die gesetzlichen Unfallversicherungsträger mit wissenschaftlicher Begleitung dabei ein Prozessbenchmarking durchzuführen und weiter zu entwickeln, das sowohl qualitative, als auch quantitative Ziele und Wirkungen berücksichtigt.

Best Practices oder Successful Practices

Der im Benchmarking häufig verwendete Begriff der Best Practices ist nur dann korrekt, wenn ein Benchmarking eine vollständige, weltweite Analyse beinhaltet. Dies ist nur in den wenigsten Fällen praktikabel. Ein Beispiel wäre der Herstellungsprozess von Mikrochips für hoch integrierte Prozessoren. Hier sind alle "Global Players" bekannt und könnten in ein Benchmarking einbezogen werden.

In der Regel ist eine globale Analyse aus Zeit- und Kostengründen allerdings kaum möglich oder sinnvoll. Der Anspruch des Benchmarking besteht in den meisten Fällen nicht darin, die besten Praktiken zu finden, sondern erfolgreiche (wobei die Kriterien für den Erfolgsnachweis im Vorfeld definiert werden müssen). Die Literatur spricht hier von Successful Practices.

Benchmarking-Grundtypen

Benchmarking-Methoden unterscheiden sich meist nur im Detaillierungsgrad und in den Bezeichnungen. Das Grundschema bleibt in etwa gleich: Vergleiche zeigen Unterschiede zwischen der eigenen Organisation und den Benchmarking-Partnern. Daraus lassen sich Folgerungen für die eigene Organisation ableiten: Ein Lernprozess beginnt.

Aus praktischer Sicht hat sich eine Einteilung von Benchmarking in vier Grundtypen bewährt. Die Klassifizierung erfolgt auf Grund der Eigenschaften der Benchmarking-Partner. Diese können in der eigenen oder in einer fremden Branche gefunden werden und sie gehören entweder zur eigenen oder zu einer fremden Organisation.

Typ 1: Internes Benchmarking

Internes Benchmarking findet innerhalb der eigenen Organisation und Branche statt. Ein Beispiel ist ein internationaler Zementhersteller, der den Produktionsprozess aller seiner Werke periodisch miteinander vergleicht.

Der große Vorteil dieses Benchmarking-Typs ist es, dass erstens die Daten gut erhältlich und zweitens Vergleiche auf Kennzahlenebene möglich sind. Ein möglicher Nachteil kann mangelnde Akzeptanz sein, die auf das Phänomen zurückgeht, dass "der Prophet im eigenen Land oft nichts gilt".

Typ 2: Konzern-Benchmarking

Als Konzern-Benchmarking zählen Benchmarking-Anstrengungen innerhalb von Konzernen, Holdings oder Konglomeraten. Das oben beschriebene interne Benchmarking bildet einen Spezialfall des Konzern-Benchmarkings, nämlich die Beschränkung auf die gleiche Branche.

Der Vorteil von Konzern-Benchmarking ist wie beim internen Benchmarking die gute Verfügbarkeit von Informationen. Abhängig von der Betrachtungsebene ist kennzahlenorientiertes Benchmarking allerdings nur noch beschränkt möglich, da die beteiligten Unternehmenseinheiten anderen Branchen angehören. Spielt sich das Benchmarking auf der Konzeptebene ab, sind Successful Practices oft nicht mehr 1:1 übertragbar.

Typ 3: Branchenübergreifendes Benchmarking

Hier erfolgt der Vergleich mit Unternehmen, die weder der eigenen Branche noch dem eigenen Konzern angehören. Es ist die universelle Art des Benchmarkings.

Es bietet das höchste Lernpotenzial, da es am meisten neue Ideen und Anregungen bietet. Dieses Potenzial kann insbesondere bei Benchmarking auf Konzeptebene voll ausgeschöpft werden.

Das branchenübergreifende Benchmarking lässt sich in zwei Untergruppen aufteilen, das funktionale und das generische Benchmarking. Beim funktionalen Benchmarking vergleicht das Unternehmen den Organisationsbereich bezüglich seiner Funktion, wie beispielsweise die interne Logistikabteilung mit einem Versandunternehmen.

Beim generischen Benchmarking wird ein Vergleich zwischen unverwandten Unternehmen angestrebt. So soll eine Fluggesellschaft ihre Be- und Entladung mit Boxenstops bei Autorennen verglichen haben.

Typ 4: Konkurrenz-Benchmarking

Die Benchmarking-Partner sind Unternehmen aus der gleichen Branche. Die Benchmarking-Partner können den gleichen oder andere Märkte bearbeiten. In beiden Fällen gilt das Hauptinteresse oft dem Vergleich von Kennzahlen, der allerdings aus Wettbewerbsgründen nur eingeschränkt möglich ist.

Konkurrenz-Benchmarking bedingt eine besonders gute Vorbereitung und eine sehr offene Kommunikation. Jeder Teilnehmer muss die Sicherheit erhalten, dass die abgegebenen und erhaltenen Informationen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Dies lässt sich kaum mehr realisieren, sobald einer der Wettbewerber die Federführung übernimmt und für "sein" Projekt Partner sucht.

Der Vorteil dieses Benchmarking-Typs ist die klare Positionierung des eigenen Unternehmens im Wettbewerb. Dem stehen zwei Nachteile gegenüber: Erstens ist es schwierig, Kennzahlen oder sogar Prozesse mit der direkten Konkurrenz zu benchmarken. Zweitens zeigt die Erfahrung des Transferzentrums für Technologiemanagement der Universität St. Gallen http://www.tectem.ch, dass die Erkenntnisse aus Konkurrenz-Benchmarking einen geringen Neuigkeitsgrad haben. Mit anderen Worten: Man lernt nur "mehr vom Gleichen". Wirklich innovative Konzepte liefert vor allem aber branchenübergreifendes Benchmarking.

Phasen des Benchmarking

1. Zielsetzungs-/Vorbereitungsphase:

  • Festlegung des Benchmarking-Objektes
  • Interne Analyse
  • Nominierung des Benchmarking-Teams
  • Suche und Auswahl des Benchmarking-Partners

2. Vergleichsphase:

  • Festlegung von Messdaten zur Leistungsermittlung
  • Festlegung von Metriken zur Beurteilung erhobener Daten
  • Ermittlung und Analyse der Leistungslücke

3. Umsetzungsphase:

  • Definition von Zielen und Strategien zur Lückenschließung
  • Festlegung von Aktionsplänen zur Umsetzung

4. Kontrollphase:

  • Ergebnis- und Fortschrittskontrolle

Benchmarking in Volkswirtschaftslehre

Hier geht es um die Wettbewerbsfähigkeit von:

  • Regionen (z. B. Bundesländern)
  • Branchen
  • Staaten (z. B. nationale Arbeitsmärkte in der EU s. o.)

Benchmarking-Ergebnisse werden u. a. im Global Competitiveness Report des World Economic Forum veröffentlicht.

Sinnverwandte Begriffe

Literatur

  • F. Fahrni, R. Völker, Ch. Bodmer (2002): Erfolgreiches Benchmarking - in Forschung, Entwicklung, Beschaffung und Logistik, Carl Hanser Verlag München Wien, ISBN 3-446-21790-8
  • Straub, Rolf: Benchmarking: eine Darstellung des Benchmarking als modernes Instrument zur Leistungsverbesserung, 1997
  • Böhnert, Arndt-Alexander: Benchmarking: Charakteristik eines aktuellen Managementinstruments, Hamburg: Kovač, 1999, ISBN 3-86064-901-9
  • Gunnar Siebert, Stefan Kempf: Benchmarking, Hanser Wirtschaft, München 2002, ISBN ISBN 3-446-21850-5.
  • Kohl, Holger (2004): Process Benchmarking at the German Fraunhofer Information Centre Benchmarking (ICB), in: NPC Best Practice Digest, June 2004. Artikel online unter Best Practice Digest
  • James G. Patterson: Grundlagen des Benchmarking, die Suche nach der besten Lösung, Wien 1996, ISBN 3-7064-0251-3.
  • Xerox Corporation: Leadership through quality: Implementing competitive benchmarking, Stamford CT, 1987.
  • Camp, Robert; Andersen, Bjorn (2004): Current Position and Future Development of Benchmarking. Artikel online unter Survey Results

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