Zeitkosten

Zeitkosten
Zusammenbruch des Verkehrsflusses

Der Begriff Verkehrsstau (kurz Stau) bezeichnet einen stark stockenden oder zum Stillstand gekommenen Verkehrsfluss auf einer Straße. Als einer der Gründe dafür gilt eine zu hohe Anzahl von Fahrzeugen pro Zeiteinheit und Streckenlänge. Die Ursachen für einen Verkehrsstau sind damit allein jedoch nicht erklärbar.

Verkehrsexperten legen Wert darauf, zwischen „Stau” und „stockendem Verkehr” zu unterscheiden. In der Schweiz beispielsweise wird "fachlich" von einem Stau gesprochen, wenn der Verkehr mindestens für eine Minute mit weniger als 10 km/h fließt. Liegt die Geschwindigkeit im Bereich zwischen 10 und 30 km/h, spricht man von stockendem Verkehr.[1]

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

Stau-Ursachen auf deutschen Autobahnen[2]

Typischerweise liegt die Kapazität einer Straße bei 1500 bis 2500 Fahrzeugen pro Stunde und Spur, wenn sich die Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von 80-100 km/h bewegen. Schnelleres und langsameres Fahren verringert die Kapazität. Zur Entstehung eines Staus sind daher zwei Faktoren maßgebend: geringer Durchsatz des Verkehrsweges oder ein erhöhtes Verkehrsaufkommen. Der Stau aus dem Nichts ist ein Stau, dessen Ursachen dem Beobachter verborgen geblieben sind.

Geringerer Durchsatz

Gründe für verringerten Durchsatz:

Höhere Verkehrsstärke

Gründe für erhöhtes Verkehrsaufkommen:

Stau-Erkennung

Visuelle Beobachtung

Über freiwillige Staumelder, Polizeistreifen, Kameras, Hubschrauber werden Straßen und Verkehrsknotenpunkte visuell beobachtet.

Stationäres Erfassungs-System

Verkehrsfluss-Sensor A5

Mittels fest montierter Sensoren an der Autobahn wird der Verkehrsfluss objektiv gemessen. Hierbei wird nur die linke Fahrspur überwacht, da über die Parameter Abstand und Geschwindigkeit auf der linken Spur auf die Verkehrsdichte der anderen Spuren geschlossen werden kann. Auf deutschen Autobahnen befindet sich im Schnitt alle 4 Kilometer ein Sensor, so dass hier insgesamt ca. 4000 Sensoren im Einsatz sind.

Floating Car Data (FCD) / Floating Cellular Data (FCD)

Bei diesem modernen Verfahren werden in Fahrzeugen mitgeführte (Mobiltelefone) oder eingebaute Geräte (i. d. R. mit einem Sender ausgerüstete GPS-Empfänger) zur Messung der Verkehrsgeschwindigkeit und der Reisezeit verwendet. Das Verfahren Floating Cellular Data mit den Mobiltelefonen ist unpräziser als GPS, jedoch um vieles günstiger, da keine zusätzliche Hardware (Mobiltelefone), Infrastruktur (Antennen) oder Netzbelastung (Senden von Daten) notwendig ist und für allgemeine Aussagen genügend präzise.

Die Netzwerk-Betreiber anonymisieren die Signale der Mobiltelefone und lassen sie durch Spezialfirmen auf Geschwindigkeit analysieren. Diese Daten sind nützlich und Basis für die meisten Intelligent Traffic Systems (ITS), wie aktive Verkehrsführung, Notfall- und Evakuationsmanagement, Stau-Umfahrung, Zeitschätzung. Es bietet ein Echtzeit-Bild des aktuellen Verkehrsgeschehens; fortgeschrittene Software wird auf Grund der Echtzeit-Daten auch Verkehrsbelastung und Staus voraussagen (predictive).

FCD-Verfahren mittels Handys haben gegenüber herkömmlichen Systemen (Sensoren, Kameras, etc.) große Vorteile:

  • Kostengünstiger, da keine zusätzlichen Geräte oder Netzwerke erforderlich sind
  • Nicht nur Autobahnen, sondern auch Nebenstraßen werden erfasst
  • Keine Installationen an der Trasse.

Es gibt bezüglich der Nutzung dieser Daten datenschutzrechtliche Bedenken; in den USA wurden das Anonymisierungsverfahren geprüft und als datenschutzrechtlich unbedenklich eingestuft.

Staumeldung

Stauwarnanlage

Zeichen 124 - Staugefahr

Warnung der Verkehrsteilnehmer mit Hilfe von Gefahrzeichen (Z 124) oder durch die Anzeige von Texten. Zusätzlich können Geschwindigkeitsbeschränkungen angeordnet werden. Stauwarnanlagen verfügen meistens über eine automatische Erkennung und kommen an Schilderbrücken in Form von Wechselverkehrszeichen zum Einsatz.

Radio

Staumeldungen werden im Verkehrsfunk vorgelesen und über TMC im nichthörbaren Bereich des UKW-Signals in digitaler Form gesendet. Allerdings ist der TMC-Bereich sehr schmal, so dass sämtliche Meldungen nur etwa alle fünfzehn Minuten übertragen werden. Da es außerdem häufig vorkommt, dass ein Empfänger eine Meldung verpasst, kann der Empfang der TMC-Meldung sich erheblich verzögern. Staumeldungen über TMC können von Navigationssystemen empfangen und verarbeitet werden.

Videotext

Staumeldungen werden von verschiedenen Fernsehsendern im Videotext veröffentlicht.

Internet

Staumeldungen werden von verschiedenen Anbietern im Internet veröffentlicht.

Mobiltelefon

Staumeldungen können individuell über das Mobiltelefon abgefragt werden. Hierzu wird die Position des Anrufers automatisch lokalisiert und weitere Information zur Fahrtroute abgefragt.

Verhalten im Verkehrsstau

Da ein Stau neben Verzögerungen auch Unfallrisiken birgt, gibt es vom ADAC und anderen Interessengruppen Hinweise zum Fahrverhalten.

  • Auf der Autobahn die Warnblinkanlage einschalten und den Verkehr beobachten.
  • Gleitend bremsen, um ein Auffahren des folgenden Fahrzeugs zu vermeiden.
  • Beim "Auffahren" auf den Stau Sicherheitsabstand einhalten.
  • Bei absehbar längeren Wartezeiten Motor abstellen.
  • Bei Annähern und Passieren gesicherter Unfallstellen nicht bremsen.

Auf Autobahnen ist im Stau eine Rettungsgasse in der Mitte der zwei Fahrstreifen freizulassen, bei drei- oder mehrspurigen Fahrbahnen zwischen dem linken äußeren und dem 2. Fahrstreifen von links. Blockiert ein Fahrzeug die Standspur, muss ca. 2 m. vor und hinter dem Hindernis im rechten Fahrstreifen eine Lücke gelassen werden.

Bei noch fließendem Verkehr sollte jegliches Kolonnenspringen unterlassen werden. Die Standspur darf nur auf polizeiliche Anweisung als Fahrstreifen benutzt werden (etwa um zur nächsten Autobahnausfahrt zu gelangen). In Ausnahmefällen (z. B. A99 Ring München) kann durch entsprechende Beschilderung der Standstreifen für den Verkehr freigegeben werden.

Folgen

Für direkt betroffene Stauteilnehmer können bezifferbare Schäden durch den Zeitverlust eintreten. Volkswirtschaftlich rechnt man Stau-Schäden in Milliardenhöhe hoch. Arbeitszeit, staubedingte Unfallkosten, Kraftstoffverbrauch werden dazu abgeschätzt. In Deutschland erreichen solche Schätzwerte bis zu 100 Milliarden Euro. Im Durchschnitt verbringt nach diesen Schätzungen jeder Bundesbürger fünfzig Stunden pro Jahr im Stau.

Psychologische Ansätze in der Stau-Forschung

Gängige Erklärungen von Verkehrs-Lehrstuhlinhaben wie etwa Michael Schreckenberg, Physiker, Universität Duisburg-Essen, oder Martin Treiber, Physik, Universität Dresden)gehen von physikalischen Wirkparametern aus, deren Interpretation darauf hinausläuft, "falsches" Fahrverhalten und hohe Fahrgeschwindigkeit als Stau-Ursache herauszustellen.

Demgegenüber ist seit Jahrzehnten nicht mehr umstritten, dass das Fahrerverhalten wesentlich auf der Wahrnehmung von Fahrbahn und Peripherie beruht. Verhaltensbestimmende Wahrnehmungsinhalte im Blickfeld des Fahrers sind beispielsweise Tiefe und Breite des Blickfeldes. So führen Blickfeldverkürzungen zu spontaner Verlangsamung, während umgekehrt Ausweitung des Blickfeldes zu Beschleunigung führt. Geschwindigkeitsverändernde Parameter sind auch Helligkeits- und Farbkontraste, Dichte und abrupte Wechsel im Blickfeld. Diese Parameter sind nicht nur in Straßenführung und Peripherie nachzugewiesen, sondern werden auch durch das Eintreten richtungsgleicher Fahrzeuge in das Blickfeld erwartet.

Die von Seiten der Physik geforderte Fähigkeit des Fahrers, einen definierten Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einzuhalten, geht schon deswegen ins Leere, weil der Wahrnehmungs- und Reaktionsapparat des Menschen eine solche Fahrleistung nicht vorsieht. Von der Strömungsphysik abgeleitete Verkehrsmodelle kranken durchwegs daran, dass sich der Mensch anders als eine physikalische Strömungseinheit bewegt (siehe schon Leutzbach & Papavasiliou, 1988! sowie Brackstone, 2000).

Superlative

Das Guinness-Buch der Rekorde verzeichnet den längsten Stau der Welt 1980 zwischen Paris und Lyon mit 176 km Länge und einen Stau mit 18 Millionen Autos am 12. April 1990 an der innerdeutschen Grenze.

Normen und Standards

  • Hinweise für umsetzbare Stauwarnanlagen (HUS)

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Staudefinition vom schweizerischen Bundesamt für Strassen
  2. Institut f. Verkehrswesen (Hrsg.): Von den Anfängen bis zur Gegenwart Verkehrstechnik an der Universität Kassel, Kassel University Press, 2005, ISBN 3-8995-8303-5, Seite 15

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