Zrinski-Frankopan-Verschwörung

Zrinski-Frankopan-Verschwörung
Exekution von Petar Zrinski und Fran Krsto Frankopan am 30. April 1671 in Wiener Neustadt

Die Magnatenverschwörung oder Wesselényi-Verschwörung (Wesselényische Verschwörung, Verschwörung Wesselényis; ungarisch Wesselényi-összeesküvés; slowakisch: Vešeléniho/Wesselényiho sprisahanie) oder Wesselényi-Zrinyi (Zrinski)-Verschwörung, in Kroatien Zrinski-Frankopan-Verschwörung (kroatisch urota zrinsko-frankopanska) genannt, war 1664/1666 bis 1670/1671 eine Verschwörung bedeutender Adelsfamilien im Königlichen Ungarn gegen ihren Herrscher Kaiser Leopold I. von Habsburg. Der Aufstand wurde aufgedeckt und die Revolte rasch niedergeschlagen. Viele Beteiligte wurden hingerichtet, andere flüchteten und lösten die folgenden Kuruzenaufstände aus.

Inhaltsverzeichnis

Ausgangslage

Auslöser war aus Sicht der Verschwörer das Fehlverhalten des Kaisers nach der gewonnenen Schlacht bei Mogersdorf gegen die Osmanen und die vereinbarten Bedingungen beim Frieden von Eisenburg/Vasvár 1664, der als Schandfrieden von Eisenburg angesehen wurde. Der zu dieser Zeit sehr unerfahrene Kaiser Leopold I. musste den Türken trotz eines Sieges seiner Truppen während des Türkenkrieges von 1663/1664 weite Gebiete des Königlichen Ungarn und Kroatiens überlassen, was viele Adlige gegen den Habsburger aufbrachte. Man hatte durch die Rückeroberung einst an die Türken verlorener Gebiete auch zusätzlichen Einfluss und Reichtum erwartet. Dem Adel wurde in dieser Zeit ohnehin durch den Absolutismus und Zentralismus des Kaisers althergebrachte Rechte genommen, was zu Enttäuschung und Unzufriedenheit führte. Auch hatte die Reformation bei den meisten ungarischen Adeligen und somit deren Leibeigenen Fuß gefasst und man wollte sich vom katholischen Cisleithanien abgrenzen, da von dort aus eine teilweise gewaltsame Rekatholisierung betrieben wurde.

Aus Sicht des Hofes war die Beschränkung des lokalen Adels das einzige Mittel, um gegen die ständige Bedrohung durch das osmanische Reich bestehen zu können. Man war es leid, durch die internen Querelen im Königreich Ungarn die Kampfkraft der Monarchie gefährdet zu sehen. Dazu waren die Finanzen in einem denkbar schlechten Zustand, die osmanische Armee war noch immer der kaiserlichen weit überlegen und zu allem Überfluss drohte auch noch ein Krieg mit Frankreich. Darum war das erste Ziel bei den Friedensverhandlungen einen Waffenstillstand als dringend benötigte Erholungspause zu erreichen.

Die Verschwörung von 1664 wurde von Franz Wesselényi, dem Palatin des Königreichs Ungarn, Nikola Zrinski, dem Ban von Kroatien, (nach dessen Tod von seinem Bruder Petar Zrinski) und Fran Krsto Frankopan angeführt. Sie erhielten Unterstützung von weiteren Angehörigen des Adels wie Ferenc Nádasdy, Franz I. Rákóczi (Ehemann von Helena Zrinski, der Tochter von Petar Zrinski), Stephan Thököly, György Lippay und Hans Erasmus von Tattenbach, einem steirischen Adeligen.

Die Adelsfamilien der Zrinski und der Frankopan waren miteinander durch familiäre Bande verbunden und bildeten die beiden einflussreichsten und mächtigsten Adelsgeschlechter Kroatiens. Zahlreiche Burgen, Schlösser und Ländereien in Kroatien befanden sich in deren Besitz. Mit dem Tod von Nikola Zrinski 1664 begann aber die Enteignung und Entmachtung der beiden kroatischen Adelsgeschlechter durch die Habsburger. Sein Bruder Petar Zrinski wurde zum kroatischen Ban ernannt. Er wollte durch die Revolte den weiteren Prozess der Entmachtung aufhalten und das Verlorene wieder rückgängig machen. Als ein deutscher Offizier namens Spankau in das militärisch nicht gesicherte Schloss der Zrinskis in Čakovec (ung. Csáktornya) einbrach und es plünderte und die Generalschaft Karlovac (Karlstadt) statt Petar Zrinski seinem erbittertsten Gegner, dem Grafen von Herberstein, zugeschlagen wurde, sah dieser die Rebellion gegen den Kaiser als letztes und auch legitimes Mittel zur Wahrung seiner Rechte.

Verschwörung und Verrat

Die Verschwörer führten anfänglich mit Frankreich, der Republik Venedig und gar dem Osmanischen Reich Verhandlungen, um Möglichkeiten eines Widerstandes gegen Wien zu prüfen. Dies erfüllte den Tatbestand des Hochverrates im Königreich Ungarn, besonders da die Region als ständiges Kriegsgebiet mit dem Osmanischen Reich von besonderem strategischem Interesse war. Der Kaiser hatte darum in der Grenzregion Spione, welche 1669 die Verschwörung aufdecken konnten. Zunächst versuchten die Agenten, die Verschwörer durch Gerüchte in den Augen der Bevölkerung in Misskredit zu bringen. Sie gingen so weit, dass behauptet wurde, dass Ana Katarina Frankopan-Zrinski – die Ehefrau von Petar – zum Islam konvertiert sei und dass Zrinski sein Volk unter großem Blutzoll vom katholischen Österreich abspalten wolle. Später kam die Legende auf, dass die Todesfälle der von Nikola Zrinski (Jagdunfall), Lippay und Wesselényi (Krankheit oder Vergiftung) Morde habsburgischer Agenten waren. Da diese aber vor 1669 starben, ist das höchst unwahrscheinlich. Nach sechs Jahren der Vorbereitung wagte man dann, praktisch ohne Unterstützung ausländischer Mächte, die bewaffnete Rebellion. Diese wurde jedoch umgehend niedergeschlagen, man war bestens über alle Schritte der Verschwörer informiert. Dabei starb Thököly in seiner nordslowakischen Festung Arwaburg. Dem kaisertreuen Paul I. Fürst Esterházy wurde später vorgeworfen diese Informationen weitergeleitet zu haben und dafür mit Ländereien der Verschwörer belohnt worden zu sein.

Inhaftierung und Prozess

Schließlich wurden die verbliebenen Verschwörer Nádasdy, Tattenbach, Frankopan und Zrinski an den Hof von Leopold I. zitiert. Die kroatischen Adeligen glaubten der Vermittlung durch Martin Borković, dem Bischof von Zagreb und dem Schreiben des Königs, in welchem ihnen freies Geleit zugesichert wurde. In Wien wurden beide zunächst unter Hausarrest gestellt. Einige Zeit später wurden alle in einen Kerker nach Wiener Neustadt gebracht, wo sie der Folter unterzogen wurden. Den Gefangenen wurden jeweils falsche Beschuldigungen des anderen überbracht, um so alle Mitverschwörer ausforschen zu können.

Für die Anführer der Verschwörung (Nádasdy, Petar Zrinski und Frankopan) wurde ein Sondergericht unter dem Vorsitz von Kanzler Johann Paul Hocher eingerichtet. Sie wurden am 23. April und 25. April 1671 wegen Hochverrates zum Tode verurteilt. In der Urteilsbegründung gegen Petar Zrinski hieß es, dass er

die größten Sünden begangen habe, in seinen Bestrebungen sich zu einem unabhängigen Kroatischen Herrscher krönen lassen zu wollen. Statt einer Krone erwarte ihn ein blutiges Schwert.

Zrinski schrieb an seine Ehefrau Ana Katarina Frankopan-Zrinski:

Heute haben wir uns gegenseitig unsere Sünden vergeben. Aus diesem Grunde schreibe ich auch Dir, um Dich um Vergebung zu bitten. Falls ich dich manchmal falsch behandelt habe, vergib mir. Im Namen unseres Vaters, ich bin bereit zu sterben und habe keine Angst

Frankopan schrieb ebenfalls einen sehr gefühlsbetonten Brief an seine Frau:

Meine liebe Julia, ich müsste lügen mit meiner ganzen Seele, um die letzte Bekundung meiner tiefen Liebe für Dich zu verschweigen. Aber ich bin nackt und elend.

Am 30. April 1671 wurden Zrinski und Frankopan zu ihrer Hinrichtungsstätte geführt. Vor seinem Tod band Zrinski seine Haare mit einem Taschentuch, damit die Axt des Henkers, ohne vom Haar gebremst zu werden, direkt auf seinen Hals treffen könne. Trotzdem trennte der betrunkene Henker erst mit dem zweiten Schwerthieb seinen Kopf ab. Ebenso erging es Frankopan. Nádasdy wurde am selben Tag im alten Rathaus in Wien und Tattenbach am 1. Dezember 1671 in Graz hingerichtet. Die sterblichen Überreste der beiden Kroaten wurden nach dem Ende der Donaumonarchie 1919 in die Kathedrale zu Zagreb umgebettet.

Folgen

Zwei Töchter von Petar Zrinski starben im Kloster, Helena kämpfte noch bis 1688 gegen die Habsburger. Sein Sohn Ivan wurde nach Folter und Einkerkerung wahnsinnig und starb 1703 im Alter von etwa 50 Jahren. Selbiges widerfuhr 1673 auch seiner Ehefrau Ana Katarina Frankopan-Zrinski. Nikolaus' Sohn Adam starb 1691, wahrscheinlich durch das Schwert eines österreichischen Soldaten in der Schlacht bei Slankamen. Frankopans einziger Sohn starb im jugendlichen Alter. Beide Familien blieben somit ohne männliche Nachfolger.

Der Kaiser ließ einen Untersuchungsausschuss in Levoča und anschließend ein Sondergericht in Pressburg (das Judicium delegatum extraordinarium Posoniense, das so genannte Rottal-Gericht) einrichten, das mehr als 200 verdächtige Adelige vorlud. Es kam zu Gefängnisstrafen und Hinrichtungen, Protestanten wurden verfolgt und vertrieben. Viele Adelsfamilien aus dem Gebiet des heutigen Kroatien, der Slowakei und Ungarn flüchteten nach Siebenbürgen und unterwarfen sich der osmanischen Herrschaft. Die Flüchtlinge lösten mit einigen Nachkommen der hingerichteten Adeligen die Kuruzenaufstände aus, die die Osmanen zum Großen Türkenkrieg verleiteten und bis 1711 das Königreich Ungarn erschütterten.

Die beiden mächtigsten alten kroatischen Adelsfamilien der Frankopan und der Zrinski wurden de facto enteignet. Für lange Zeit konnte dem österreichischen Zentralismus, Absolutismus und der Germanisierung kein kroatischer Widerstand mehr entgegengebracht werden.

Quellen


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