Zupfgeigenhansl

Zupfgeigenhansl

Der Zupfgeigenhansl (oder kurz: Der Zupf) ist der Name eines Liederbuchs des Wandervogels und der Jugendbewegung. Die dortigen Lieder prägten den Liedschatz der Jugendbewegung stärker als jedes andere Buch, hatten aber auch wesentlichen Einfluss auf die Jugendmusikbewegung.

Der Name der Liedersammlung bezieht sich auf die „Zupfgeige“, eine scherzhafte oder mundartliche Bezeichnung für die Gitarre oder die unter den Wandervögeln beliebte Gitarrenlaute.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Liederbuch wurde von dem Medizinstudenten und späteren Arzt Hans Breuer herausgegeben, der seit 1904 auf Fahrten Volkslieder gesammelt hatte. Die Erstausgabe erschien (mit der Jahresangabe 1908) im Jahr 1909 in der Druckerei Heinrich Hohmann in Darmstadt.[1]

Ab der vierten Auflage wurde das Buch im Verlag Friedrich Hofmeister in Leipzig verlegt. Mit der 10. Auflage von 1913 erhielt es seine endgültige Form, in der es bis heute erscheint. Daneben wurden in den folgenden Jahren auch Ausgaben mit Gitarren- (1914) und Klavierbegleitung (1916) verlegt. Heute erscheint das Buch im Schott-Verlag, auf den die westdeutschen Verlagsrechte übergegangen waren. Parallel dazu erschienen in den 1980er Jahren in der DDR Ausgaben im Verlag VEB Friedrich Hofmeister, die um ein Nachwort von Eva-Maria Hillmann ergänzt waren. Ein bei Schott erschienener Fortsetzungsband namens Der neue Zupfgeigenhansl bietet einen Querschnitt durch die Folk-Szene der 1970er und 1980er Jahre.

Die Gesamtauflage des Zupfgeigenhansls ist unbekannt, wird aber auf über eine Million Exemplare geschätzt.[2] Schon 1920 betrug sie 500.000 Exemplare, mit der 150. Auflage im Jahr 1927 waren 826.000 Exemplare gedruckt worden.[1]

Der Zupfgeigenhansl war auch das Vorbild für den Namen eines berühmten Folk-Duos der 1980er Jahren namens Zupfgeigenhansel.

Inhalt

Die Sammlung enthält in den späteren Auflagen etwa 260 Lieder und gliedert sich in 16 thematische Bereiche: Abschied – Minnedienst – Liebesklage – BalladenGeistliche Lieder – Am Abend – Freude – Sommerlust – Auf der Landstraße – Auf Schiffen und Rollwägen – Spinnstube – Soldatenlieder – Schlemmlieder – Beim Bauer – Tanz – Schnurren.

Lediglich ein Teil der Lieder wurde direkt auf den Wandervogelfahrten gesammelt, zahlreiche Lieder wurde aus früher erschienenen Volksliedsammlungen übernommen. Hauptquelle war das Altdeutsche Liederbuch von Böhme,[3] daneben wurden auch Herders Stimmen der Völker in Liedern, Zuccalmaglios Deutsche Volkslieder mit ihren Originalweisen, Des Knaben Wunderhorn von Brentano und von Arnim und der Deutschen Liederhort von Erk und Böhme genutzt. Auch aus älteren Liederhandschriften wie den Carmina Burana oder dem Lochamer-Liederbuch flossen Lieder in die Sammlung ein.

Die scherenschnittartigen Illustrationen des Malers Hermann Pfeiffer (1883–1964) waren stilprägend für die Wandervogelpublikationen der 1910er Jahre.

Literatur

Ausgaben

  • Hans Breuer (Hrsg.): Der Zupfgeigenhansl. Heinrich Hohmann, Darmstadt 1909
  • Hans Breuer (Hrsg.): Der Zupfgeigenhansl. Friedrich Hofmeister, 10. Auflage Leipzig 1913 (endgültige Ausgabe, auf der alle späteren Auflagen basieren)
  • Hans Breuer (Hrsg.): Der Zupfgeigenhansl. Melodieausgabe mit Akkorden. Reprint der 10. Ausgabe, Leipzig 1913 (ED 3586). Schott, Mainz 1983, ISBN 3-7957-4002-9
  • Hans Breuer (Hrsg.): Der Zupfgeigenhansl. Mit leichter Gitarrenbegleitung von Heinrich Scherrer (ED 4055). Schott, Mainz 1953.
  • Theodor Salzmann (Hrsg.): Die Lieder des Zupfgeigenhansl: deutsche Volksweisen. Mit Klavierbegleitung. (ED 4650) Schott, Mainz 1974
  • Bertold Marohl (Hrsg.): Der neue Zupfgeigenhansl. Schott, Mainz 1983, ISBN 3-7957-2062-1

Sekundärliteratur

  • Albert Gutfleisch: Volkslied in der Jugendbewegung, betrachtet am Zupfgeigenhansl. Gelnhausen 1934
  • Wolfgang Kaschuba: Volkslied und Volksmythos. Der „Zupfgeigenhansl“ als Lied- und Leitbuch der deutschen Jugendbewegung. In: Jahrbuch für Volksliedforschung, 34. Jahrg., 1989
  • Helmut König: Singen in den Bünden – Der Zupfgeigenhansl und seine Nachfolger. PDF
  • Hans Lißner: Wie der Zupfgeigenhansl entstand. In: Erinnerung und Vermächtnis: ein Gedenkbüchlein um Hans Breuer. Verlag Erich Matthes, Hartenstein 1932
  • Charlotte Ziegler: Die literarischen Quellen des Zupfgeigenhansl: Eine volkskundliche Untersuchung. o.O. 1950

Quellen

  1. a b Alexander Glück: Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht. Der „Zupfgeigenhansl“, das Liederbuch der Jugendbewegung. In: Wiener Zeitung. 2. April 1999. Abgerufen am 20. Juni 2008.
  2. Gisela Probst-Effah: Musikalische Jugendkulturen im 20. Jahrhundert. Abgerufen am 23. Juni 2008.
  3. Horst Traut: Wir bauen alle an einem Turm. Volkslieder von gestern und heute. Bund-Verlag, Köln 1995, ISBN 3-7663-1112-3, S. 20. 

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