Berndorfer Stilklassen

Berndorfer Stilklassen
Die Schulen flankieren die Margaretenkirche, gesehen vom Guglzipf

Bei den Berndorfer Schulen handelt es sich um eine Volks- und eine Hauptschule in der niederösterreichischen Stadt Berndorf, in der sich die sog. Berndorfer Stilklassen befinden. Zur Erbauungszeit waren sie als Bubenschule (heutige Hauptschule) und als Mädchenschule (heutige Volksschule) gedacht.

Sie wurden im Jahr nach zweijähriger Bauzeit im Jahr 1909 eröffnet. Das Besondere an den beiden Schulen ist die Einrichtung, die von Arthur Krupp finanziert wurde. Die architektonische Beratung erfolgt durch den Architekten Ludwig Baumann. Dabei ist jedes Klassenzimmer („Lehrzimmer“) in einem anderen Stil errichtet. Krupp wollte damit den Arbeiterkindern geschichtliches Wissen anschaulich vermitteln.

In jeder der beiden Schulen gibt es elf Lehrzimmer, die bestimmten Baustilen nachempfunden sind, in der Volksschule darüber hinaus noch ein zwölftes. Die Baustile sind auch in großen Lettern in den jeweiligen Räumen zu lesen. Ursprünglich gehörten zu jedem Lehrzimmer auch Schülerbänke, ein Lehrertisch und ein Schrank im gleichen Stil, die jedoch nicht mehr alle in Verwendung sind. Die beiden Schulgebäude stehen symmetrisch zu beiden Seiten der ebenfalls von Krupp finanzierten Margaretenkirche, und auch die Stilklassen sind in jeder Schule mehr oder weniger gleich. Kleinere Unterschiede findet man z. B. in der Lage der Tür oder etwa darin, dass beim Ägyptischen Zimmer den Buben kriegerische Motive zugemutet wurden, während die Mädchen Feld- und Hausarbeiten zu sehen bekamen.

Die zwölf Stilklassen wurden den jeweiligen Baustilen nachempfunden. So gibt es

  • das Ägyptische Lehrzimmer: Der Eingang zur Klasse ist der Grabkammer in Emisi nachgebaut. Die Decken und Wandmalereien weisen typische ägyptische Motive auf.
  • das Dorische Lehrzimmer: Das Bronzeportal zeigt das Tor am Turm in Mykenä.
  • das Pompejanische Lehrzimmer: Theophil Hansen hat dafür Entwürfe im Stil von Pompej geliefert.
  • das Maurische Lehrzimmer: Die Tür ist eine Nachbildung der Porta aurea in Córdoba. Die Säulen sind der Alhambra, sowie die Deckenmotive der Universitätskirche in Alkada de Heinares nachgebaut.
  • das Byzantinische Lehrzimmer: Das Vorbild war die Sergiuskirche in Konstantinopel.
  • das Romanische Lehrzimmer: Hier war die Schlosskirche in Třebíč das Vorbild.
  • das Gotische Lehrzimmer: Nach dem Vorbild der Kirche in Steinakirchen am Forst und Pettau.
  • das Lehrzimmer in Römischer Renaissance: mit einer Nachbildung der Decke im Palazzo Massimo in Rom.
  • das Lehrzimmer im Stil Ludwig XIV.: nach Vorbildern aus Versailles.
  • das Lehrzimmer im Barockstil, mit einem Eingang, wie er im Schloss Belvedere in Wien existiert.
  • das Empire Lehrzimmer: nach dem Vorbild des Palais Modena in Wien.
  • nur in der Volksschule befindet sich das Rokokozimmer, das sich den Innenräumen von Schloss Schönbrunn orientiert.

Bei der Errichtung der Schule wurden übrigens kritische Stimmen laut, dass die Kinder zu sehr vom Unterricht abgelenkt würden.

Krupp sorgte dafür, dass in der Schule eine Zentralheizung eingebaut wurde. Außerdem gab es Duschen für die Kinder - zur Erbauungszeit ein ungeheurer Luxus, über den die Arbeiterbevölkerung des Ortes in ihren Häusern nicht verfügte. Außerdem sorgte Krupp für das, was man heute schulärztliche Betreuung nennen würde: In der Mädchenschule gab es einen von Krupp bezahlten Zahnarzt, der regelmäßig die Zähne der Schülerinnen inspizierte und gegebenenfalls auch reparierte.

Heute sind die Schulen neben dem Unterricht nach wie vor eine touristische Attraktion, die in unterrichtsfreien Zeiten besichtigt werden kann.

Da sie in erster Linie dem Gebrauch dienen, können die Schulen frei über die Inneneinrichtung verfügen. Insbesondere in der Volksschule ist heute statt der originalen Einrichtung oder zusätzlich dazu modernes Mobiliar aufgestellt; auch wurden 2008 die originalen, dezenten Lampen durch große moderne Beleuchtungskörper ersetzt.

Literatur

Dieter Lautscham: Arthur, der österreichische Krupp, Berndorf: A. Kral 2005, ISBN 3-902447-12-5 (über Arthur Krupp im Allgemeinen)

Weblinks

47.94277777777816.1022222222227Koordinaten: 47° 56′ 34″ N, 16° 6′ 8″ O


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