Bevölkerungszuwachs

Bevölkerungszuwachs
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Das Bevölkerungswachstum bezeichnet die Zunahme der Zahl der Menschen (Einwohner) auf einer bestimmten Fläche. Sie ergibt sich aus der Differenz zwischen Geburtenrate und Sterberate (natürliche Bevölkerungsentwicklung). Betrachtet man nur ein bestimmtes geographisches Gebiet, muss zudem das Migrationssaldo, das heißt die Differenz zwischen Zu- und Abwanderungen über die Gebietsgrenze, mitberücksichtigt werden. Der neutralere Begriff lautet Bevölkerungsentwicklung, der auch die Möglichkeit eines Bevölkerungsrückganges einschließt; sie ist eines der zentralen Untersuchungsgebiete der Demografie.

Kennzeichnend für die Bevölkerungsentwicklung der Welt insbesondere der letzten 200 Jahre war und ist ein starkes hyperexponentielles Wachstum (über-exponentielles Wachstum), weshalb man auch von Bevölkerungsexplosion spricht.

Bedingt durch seinen negativen Einfluss auf die begrenzte Tragfähigkeit der Erde (siehe auch Ökologischer Fußabdruck) sowie seine Multiplikatorfunktion aller der nachhaltigen Entwicklung entgegenstehenden Aktivitäten des Menschen, ist das Bevölkerungswachstum eines der zentralen globalen Probleme und mitverantwortlich für die Globale Erwärmung.

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Demographische Grundgleichung

Wie bereits eingangs erläutert, ergibt sich die Bevölkerungsentwicklung auf einer geographischen Fläche aus

  1. der natürlichen Bevölkerungsentwicklung, das heißt der Veränderungen aufgrund der Zahl der Geburten und Sterbefälle (Geburtenrate und Sterberate) und
  2. aus dem Migrationssaldo, also die Differenz zwischen Zu- und Abwanderungen (Immigration und Emigration) über die Gebietsgrenzen hinweg.

Diese Werte werden meist über den Zeitraum eines Jahres erhoben und mit dem jeweiligen Vorjahreswert verglichen.

Wachstumsraten und Verdoppelungszeitraum

Das Ausmaß des Bevölkerungswachstums wird als Wachstumsrate in Prozent (meist bezogen auf ein Jahr) ausgedrückt. Bei einem Wachstum von 1,14 Prozent pro Jahr – entsprechend der geschätzten globalen Wachstumsrate im Jahr 2006 – dauert es etwa 61 Jahre, bis sich die Bevölkerung verdoppelt hat — vorausgesetzt, das Wachstum bleibt die ganze Zeit über konstant auf diesem Niveau. Beträgt die jährliche Wachstumsrate 2%, verkürzt sich die Verdoppelungszeit auf 35 Jahre. Bei einer Rate von 3,5%, die in einigen Ländern erreicht bzw. überschritten wird, beträgt die Verdoppelungszeit nur noch 20 Jahre (siehe auch 72er-Regel).

Verlauf des Bevölkerungswachstums

Historische Entwicklung

Abb. 2: Die Bevölkerungsentwicklung der Welt

Zur Zeit Christi Geburt gab es etwa 300 Millionen Menschen auf der Welt, im Jahre 1650 waren es rund eine halbe Milliarde. Das Wachstum betrug damals 0,3 %, was einer Verdoppelungszeit von etwa 240 Jahren entspricht. Nach den starken Zuwachsraten während der Industriellen Revolution hatte sich die Bevölkerungszahl bis zum Jahr 1900 mit 1,6 Milliarden bereits mehr als verdreifacht. Damals nahm sie um 0,7 bis 0,8 % jährlich zu, was einer Verdoppelungszeit von etwa 100 Jahren entspricht. Die Verdoppelung war jedoch bereits im Jahr 1965 mehr als erreicht (Bevölkerung: 3,3 Milliarden, Wachstumsrate: 2 %, Verdoppelungszeitraum: 36 Jahre). Damit verlief die Bevölkerungsentwicklung nicht nur exponentiell, sondern, dadurch, dass sich sogar die Wachstumsrate erhöhte, superexponentiell. Grund für diesen Verlauf war vor allem das starke Sinken der Sterberate bei einem nur langsamen Sinken der Geburtenrate. Ermöglicht wurde diese Entwicklung primär durch den großindustiellen Einsatz von Stickstoffdünger seit dem Zweiten Weltkrieg. Seit 1965 bis zum Jahr 2000 stieg die Bevölkerungszahl von 3,3 Milliarden auf 6 Milliarden weiter an. Auffallend seit den 1950er Jahren ist dabei jedoch das starke Fallen der Geburtenrate (in den 1950er Jahren gebar eine Frau im Schnitt noch 5 Kinder, in den 1990er Jahren waren es nur noch 2,7). Das Sinken der Geburtenrate verursachte ein Sinken der Wachstumsrate der Weltbevölkerung von 2,0 % auf 1,2 %. Der absolute Zuwachs der Weltbevölkerung blieb dadurch seit den 1970er Jahren annähernd konstant, wie Tabelle 1 zeigt.[1][2]

Diese problematische Entwicklung wird auch Überbevölkerung genannt.

Tab. 1: Weltbevölkerung, Wachstumsrate und Zuwachs 1970 bis 2000
Jahr Bevölkerung in Milliarden Wachstumsrate (v. H. pro Jahr) Zuwachs (Millionen pro Jahr)
1970 3,69 1,93 71
1980 4,43 1,70 75
1990 5,25 1,49 78
2000 6,06 1,23 75

Quelle: Meadows et al. (2006), Tab. 2-3, S. 30; UN

Charakteristika

Demographischer Übergang

Abb. 3: 5-Phasen-Modell des Demographischen Übergangs

Beim Verlauf der Weltbevölkerung wie auch beim Verlauf der Bevölkerungszahlen einzelner Länder zeigt sich ein typischer Verlauf der Veränderung von Geburten- und Sterbeziffern und dem sich daraus ergebenden Wachstumsverlauf. Dieses Modell wird Demographischer Übergang genannt und verläuft in fünf Phasen, wie Abbildung 3 verdeutlicht:

  1. Phase: In der Anfangsphase ist die Geburten-, wie die Sterberate hoch, die Wachstumsrate der Bevölkerung ist dabei relativ niedrig und konstant.
  2. Phase: Verbessern sich Ernährung und medizinische Versorgung, fällt zunächst die Sterberate. Die Geburtenrate ist jedoch noch ein oder zwei Generationen weiterhin konstant hoch, wodurch die Spanne zwischen Geburten- und Sterberate stark zunimmt, was wiederum insgesamt zu einer starken Zunahme der Wachstumsrate führt.
  3. Phase: Durch die Verbesserung der Lebensweise und Änderung der Lebensgewohnheiten fallen schließlich die Geburtenraten, wie dies typischerweise in Industriegesellschaften der Fall ist. Dadurch wird die Spanne wieder kleiner, und das Bevölkerungswachstum verlangsamt sich.
  4. Phase: Die Sterberate hat ein konstant niedriges Niveau erreicht und lässt sich kaum noch senken. Währenddessen sinkt die Geburtenrate weiter, was zu einem weiteren Sinken der Wachstumsrate führt.
  5. Phase: Geburten- und Sterberate haben sich auf einem konstant niedrigen Niveau eingependelt, die Wachstumsrate ist wieder so konstant wie in Phase 1.[3]

Wichtig ist hierbei, nicht zu vergessen, dass ein Sinken der Wachstumsrate nicht gleichbedeutend mit einem Sinken der Gesamtbevölkerung ist; Sinken der Wachstumsrate bedeutet nur ein weniger starkes Ansteigen der Gesamtbevölkerung.

Regionale Unterschiede

Abb. 4: Wachstumsraten der Bevölkerung in den einzelnen Staaten der Welt (Schätzung für das Jahr 2007)
Abb. 5: Übersicht über die Staaten der Welt und ihre Bevölkerungszahlen
Abb. 6: Zum Vergleich: die ärmsten Staaten der Welt

Das Bevölkerungswachstum in der Welt weist bedeutende Unterschiede auf (vgl. Abbildung 4). Insbesondere muss man unterscheiden zwischen den Entwicklungs- und den Industrieländern. Die folgenden Tabellen 2 und 3 zeigen die Zahlenwerte der 10 einwohnerstärksten Entwicklungsländer und der vier einwohnerstärksten Industrieländer. Die absoluten Zuwachszahlen der Entwicklungsländer pro Jahr sind enorm. So wächst die Bevölkerung Indiens um mehr als 15 Millionen pro Jahr, das ist mehr als doppelt so viel, wie die vier größten deutschen Städte Berlin, Hamburg, München und Köln zusammen Einwohner haben. Vergleicht man die Abbildungen 4 und 6 miteinander, erkennt man, dass die ärmsten Staaten der Welt auch die höchsten Wachstumsraten haben. Dies betrifft in erster Linie Afrika südlich der Sahara, Indien, Pakistan, Bangladesch, Indonesien und die Philippinen. Die fünf letztgenannten gehören gleichzeitig schon heute zu den 10 einwohnerstärksten Ländern der Welt, wie Tabelle 2 zeigt. China bildet als bevölkerungsreichstes Land der Erde aufgrund seiner Ein-Kind-Politik einen Sonderfall. Die Wachstumsrate liegt deswegen für ein Entwicklungsland relativ niedrig, das absolute Wachstum beträgt jedoch immer noch knapp 10 Millionen pro Jahr.

Tab. 2: Bevölkerungszahlen der 10 größten Entwicklungs- und Schwellenländer
Staat
(Name)
Bevölkerungszahl
(in Tausend)
Wachstumsrate
(in %)
Fruchtbarkeit
(Geburten pro Frau)
Zuwachs
(Tausend pro Jahr)
BangladeshBangladesh Bangladesch 133.405 2,02 3,6 2.695
BrazilBrazil Brasilien 172.564 1,24 2,2 2.140
ChinaChina China 1.279.200 0,73 1,8 9.338
IndiaIndia Indien 1.033.390 1,51 3,1 15.604
IndonesiaIndonesia Indonesien 213.638 1,26 2,4 2.692
MexicoMexico Mexiko 99.415 1,45 2,6 1.442
NigeriaNigeria Nigeria 129.881 2,53 5,6 3.286
PakistanPakistan Pakistan 141.450 2,44 5,2 3.451
the Philippinesthe Philippines Philippinen 77.015 2,36 3,4 1.818
VietnamVietnam Vietnam 79.527 1,35 2,3 1.074

Quelle: Spiegel (2004), S. 38 ff., Zahlen aus 2003


Tab. 3: Bevölkerungszahlen der vier größten Industrieländer
Staat
(Name)
Bevölkerungszahl
(in Tausend)
Wachstumsrate
(in %)
Fruchtbarkeit
(Geburten pro Frau)
Zuwachs
(Tausend pro Jahr)
GermanyGermany Deutschland 82.537 0,07 1,4 58
JapanJapan Japan 127.100 0,14 1,4 178
RussiaRussia Russland 145.500 -0,57 1,2 -829
the United Statesthe United States USA 287.676 1,03 2,0 2.963

Quelle: Spiegel (2004), S. 38 ff., Zahlen aus 2003

Urbanisierung

Abb. 7: Bebauung von São Paulo, Brasilien

Die Weltbevölkerung wächst vorwiegend in den Städten der Entwicklungsländer. 1975 lebten etwa 37 % in Städten, im Jahr 2008 werden es erstmals mit 3,3 Milliarden mehr als 50 % sein. Bis 2030 wird sich diese Zahl voraussichtlich auf 5 Milliarden erhöhen. In Asien, Afrika und Lateinamerika wird sich die städtische Bevölkerung dann innerhalb von 30 Jahren verdoppelt haben: in Asien von 1,36 auf 2,64 Milliarden, in Afrika von 294 auf 742 Millionen und in Lateinamerika und der Karibik von 394 auf 609 Millionen.[4]

Ein Merkmal ist dabei das Entstehen von Megastädten mit mehr als 10 Millionen Einwohnern. Waren es im Jahr 1975 nur fünf an der Zahl, werden es im Jahr 2015 voraussichtlich 26 sein, davon die überwiegende Mehrzahl in Asien und Lateinamerika. Insgesamt wächst die städtische Bevölkerung derzeit um etwa 60 Millionen jährlich. [5]

Nachfolgende Tabelle 4 zeigt die Einwohnerentwicklung heutiger Megastädte zwischen 1955 und 2005. Besonders extrem ist dabei die Entwicklung von Städten in Entwicklungsländern wie São Paulo (Brasilien), Mumbai, Delhi und Kalkutta (Indien), Jakarta (Indonesien), Karatschi (Pakistan), Dhaka (Bangladesch) und Lagos (Nigeria), deren Einwohnerzahlen sich in 50 Jahren mindestens verfünffachten, zum Teil sogar verzwanzigfachten.

Abb. 8: Verteilung der Megastädte in der Welt
Tab. 4: Einwohnerentwicklung heutiger Megastädte (> 10 Mio.)
Stadt Land 1955 1965 1975 1985 1995 2005
Tokio JapanJapan Japan 13,7 20,2 26,6 30,3 33,6 35,3
Mexiko-Stadt MexicoMexico Mexiko 3,8 6,6 10,7 14,1 16,8 19,0
New York City the United Statesthe United States USA 13,2 15,1 15,9 15,8 16,9 18,5
Mumbai (Bombay) IndiaIndia Indien 3,5 5,0 7,3 10,3 14,1 18,3
São Paulo BrazilBrazil Brasilien 3,0 5,5 9,6 13,4 15,9 18,3
Delhi IndiaIndia Indien 1,5 2,6 4,4 6,8 10,0 15,3
Kalkutta IndiaIndia Indien 4,9 6,1 7,9 9,9 11,9 14,3
Buenos Aires ArgentinaArgentina Argentinien 5,8 7,6 9,1 10,5 11,9 13,3
Jakarta IndonesiaIndonesia Indonesien 2,3 3,3 4,8 6,8 9,1 13,2
Shanghai ChinaChina China 6,9 10,9 11,4 12,4 13,1 12,7
Dhaka BangladeshBangladesh Bangladesch 0,4 0,6 1,6 4,0 8,2 12,6
Karatschi PakistanPakistan Pakistan 1,0 1,9 4,0 6,0 8,5 11,8
Kairo EgyptEgypt Ägypten 3,0 4,8 6,4 8,3 9,7 11,1
Lagos NigeriaNigeria Nigeria 0,3 0,7 1,3 2,0 6,4 11,1

Quelle: UN (2003); Einwohnerzahlen in Millionen


Siehe auch

Quellen und Literatur

Quellen

Einzelnachweise

  1. Meadows et al. (2006), S. 27 f.
  2. BpB, S. 12
  3. Meadows et al. (2006), S. 31
  4. DSW (2007), S. 1 f.
  5. BMBF: Thematik Megacities

Sonstige Literatur

  • Kernig, Claus D. (2006): Und mehret euch? Deutschland und die Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert, ISBN 3-8012-0361-1
  • Rainer, Bettina (2004): Bevölkerungswachstum als globale Katastrophe, ISBN 3-896-91582-7
  • Münz, Rainer/Reiterer, Albert F. (2007): Wie schnell wächst die Zahl der Menschen? Weltbevölkerung und weltweite Migration, ISBN 3-596-17271-3

Weblinks


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