Blei(II,IV)-oxid

Blei(II,IV)-oxid
Strukturformel
Struktur von Blei(II,IV)-oxid
Allgemeines
Name Blei(II,IV)-oxid
Andere Namen
  • Mennige
  • Minium
  • Blei(II)-orthoplumbat
Summenformel Pb3O4
CAS-Nummer 1314-41-6
PubChem 16685188
Kurzbeschreibung

rotes Pulver[1]

Eigenschaften
Molare Masse 685,57 g·mol-1
Aggregatzustand

fest

Dichte

9,53 g·cm-3[1]

Schmelzpunkt

500 °C[1]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]
07 – Achtung 08 – Gesundheitsgefährdend 09 – Umweltgefährlich

Gefahr

H- und P-Sätze H: 360Df-302-332-373-410
EUH: keine EUH-Sätze
P: 260-​281-​304+340-​405-​501 [2]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung aus RL 67/548/EWG, Anh. I [3]
Giftig Umweltgefährlich
Giftig Umwelt-
gefährlich
(T) (N)
R- und S-Sätze R: 61-20/22-33-62-50/53
S: 53-45-60-61
MAK

Für krebserzeugende Stoffe wird generell kein MAK-Wert vergeben[2]

LD50
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

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Blei(II,IV)-oxid, auch Mennige oder Blei(II)-orthoplumbat ist ein leuchtend rotes Pulver mit der Summenformel Pb3O4. Als Pigment wird es auch als Pariser Rot, Bleirot, Goldsatinober, Goldzinnober, Kristallmennige, Mineralorange, Sandix, Saturnmennige und Saturnrot bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Mennige wurde bereits von den Römern als färbender Stoff unter den Sand der Zirkusse gemischt, um die blutigen Spuren der dort stattfindenden Kämpfe unsichtbar zu machen. Beim Triumphzug war das Gesicht des Triumphators mit Mennige rot gefärbt, eine Praxis, die in der Antike auch bei Götterstatuen Verwendung fand. Seit der Antike wird es auch als Pigment in Malerfarben verwendet. Seine Verwendung in der Buchmalerei – Mennige wird im lateinischen minium genannt – soll den Begriff Miniaturen geprägt haben.

Mennige kann durch gezielte Oxidation von Bleiweiß oder Bleigelb bei 480 °C erzeugt werden. Die erste fabrikmäßige Herstellung erfolgte schließlich in Venedig im 16. Jahrhundert. Die erste industrielle Herstellung in Deutschland erfolgte im Jahr 1687 in der Nähe von Hannover, später wurde es vorwiegend im Rheinland und in Nürnberg-Erlenstegen hergestellt. Der Wortname Mennige soll aus dem Arabischen abgeleitet sein: „Men neki“, was „Roter Staub“ bedeutet.

Vorkommen

Blei(II,IV)-oxid kommt in der Natur in Form des seltenen Minerals Minium vor.

Eigenschaften

Mennige

Es handelt sich hierbei nicht um ein Gemisch aus Blei(II)-oxid und Blei(IV)-oxid, sondern um eine Verbindung daraus, wobei das Blei in der Oxidationsstufe +IV mit den Sauerstoffatomen zu einer Art Anion, dem Plumbat-Ion (PbO44−) komplexiert ist. Dabei liegen in der Kristallstruktur Stränge kantenverknüpfter PbIVO6-Oktaeder vor, während die PbII-Ionen quadratisch pyramidal durch vier koordinierende Sauerstoffatome und das freie Elektronenpaar (an der Spitze der Pyramide) umgeben sind.[8] Chemisch ähnelt das Plumbat dem Silicat-Ion SiO44− und dem Stannat-Ion SnO44− (Silicium und Zinn stehen in derselben Hauptgruppe wie Blei und haben daher periodische Ähnlichkeiten). Löst man nämlich Mennige in Salpetersäure, so bildet sich Blei(II)-nitrat und Blei(IV)-oxid als Dehydratationsprodukt der intermediär auftretenden ortho-Blei(IV)-säure H4PbO4. Die Verbindung heißt damit präzise Blei(II)-orthoplumbat Pb2[PbO4] (das zweiwertige Blei tritt darin als normales Kation auf). Seine leuchtend orange Farbe verdankt Mennige Charge-Transfer-Übergängen von Sauerstoff- und insbesondere 6s-Blei(II)-Zuständen in 6s/6p-Blei(IV)-Zustände.[9]

Verwendung

Pigment

Mennige wird auch als Pigment verwendet, wo es unter verschiedenen Namen verzeichnet ist. Die Bezeichnung Pariser Rot ist etwas irreführend, da sie nicht nur für Bleimennige, sondern auch für Eisenoxidrot (Eisen(III)-oxid, auch Eisenmennige genannt) eingesetzt wird. Goldsatinober grenzt ihn gegen das natürliche Erdpigment Satinober ab.

Als Pigment ist Bleimennige unbeständig, da es sich am Licht langsam in braunes bis schwarzes Blei(IV)-oxid (PbO2) umwandelt. Es ist mit Bindemitteln sehr gut mischbar, aber unverträglich mit schwefelhaltigen Pigmenten.

Rostschutzfarbe

Mennige wird immer noch als Rostschutzfarbe verwendet, wegen seiner bekannten Toxizität allerdings immer seltener. Dazu wurde früher das Pigment mit Leinöl und/oder Terpentinöl verrieben und verstrichen. Später setzte man zur Erreichung einer kürzeren Trocknungszeit flüchtige Lösungsmittel hinzu, wie diverse Alkohole (Methanol, Ethanol) oder Benzine (Farbverdünner). So ist beispielsweise der charakteristische rote Farbton der Golden Gate Bridge auf die ursprüngliche Verwendung eines Mennigeanstrichs zurückzuführen. Bleimennige als Rostschutz ist in Deutschland nicht verboten, wird aber nur noch von wenigen Händlern an Fachverarbeiter verkauft. Seit Januar 2005 verbietet das Chemikaliengesetz in der Schweiz den Einsatz von Bleimennige. Im Heizungsbau wird Bleimennige zum Teil noch verwendet um die Stahlnippel zwischen den Gusskesselgliedern damit zu bestreichen. Dies verhindert eine Oxidation zwischen dem Stahl und dem unedleren Guss.

Sicherheitshinweise und Toxikologie

Bei oraler Aufnahme erwies sich das Bleioxid für Meerschweinchen als mäßig giftig (LDLo ~ 1 g·kg-1), erzeugte jedoch Zuckungen, vermindertes Größenwachstum und Veränderungen der Thrombocyten.[4] Die intraperitoneale Gabe zeigte bei Mäusen ein geringe Toxizität (LD50 17,7 g·kg-1)[6], bei Ratten eine wesentlich höhere von 630 mg·kg-1.[7] Beim Menschen erwies sich Mennige vor allem gefährlich bei Aufnahme über die Atemwege und den Verdauungstrakt als feinste Partikel mit Größen von 0,1–1 μm, die in den Lungenbläschen fast vollständig resorbiert werden. Im Verdauungstrakt können auch schwerlösliche Bleiverbindungen wie Blei(II,IV)-oxid zu maximal 15 % aufgenommen werden. Vergiftungssymptome und -wirkungen sind Erbrechen, Verstopfung, Koliken des Darms, Schädigungen von Blut und Nieren, Abfall von Körpertemperatur und Blutdruck bis zum Kreislaufkollaps. Chronische Intoxikationen geringer Mengen zeigen oft unspezifische Symptome wie leichten Kopfschmerz und Schwindel, Schlafstörungen, Schmerzen in Muskeln und Gliedern mit Parästhesien und Appetitverlust. Bleiverbindungen wirken dabei vorwiegend giftig auf das Blut, die Muskulatur und das ZNS. Beim Menschen sind auch die Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit sowie Aborte bei Schwangeren und Schädigungen des Nervensystems von Embryonen durch anorganische Bleiverbindungen sicher nachgewiesen.[2]

Einzelnachweise

  1. a b c d Datenblatt Blei(II,IV)-oxid bei AlfaAesar, abgerufen am 15. Dezember 2010 (JavaScript erforderlich).
  2. a b c d Eintrag zu CAS-Nr. 1314-41-6 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 13. März 2011 (JavaScript erforderlich).
  3. Nicht explizit in RL 67/548/EWG, Anh. I gelistet, fällt aber dort mit der angegebenen Kennzeichnung unter den Sammelbegriff „Bleiverbindungen“; Eintrag in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 31. März 2009 (JavaScript erforderlich)
  4. a b Archiv für Hygiene und Bakteriologie. Vol. 125, Pg. 273, 1941.
  5. a b c Blei(II,IV)-oxid bei ChemIDplus.
  6. a b Gigiena Truda i Professional'nye Zabolevaniya. (Labor Hygiene and Occupational Diseases. Vol.) 26(8), Pg. 51, 1982.
  7. a b Gigiena Truda i Professional'nye Zabolevaniya. (Labor Hygiene and Occupational Diseases.) Vol. 19(3), Pg. 30, 1975.
  8. J. R. Gavarri, D. Weigel, Oxydes de plomb. I. structure cristalline du minium Pb3O4, a temperature ambiante (293 K), Journal of Solid State Chemistry 13 (1975) 252-257.
  9. H. J. Terpstra, R. A. de Groot, C. Haas, J. Phys. Chem. Solids 58 (1997) 561-566.

Weblinks


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