Bleßberghöhle

Bleßberghöhle

Die Bleßberghöhle (bisweilen auch Herrenberghöhle genannt) ist eine im März 2008 beim Tunnelbau für eine ICE-Trasse entdeckte Tropfsteinhöhle in Thüringen.

Die im Unteren Muschelkalk[1] liegende Höhle kreuzt in ihrem Gangverlauf von West-Nordwest nach Ost-Südost den Bleßbergtunnel der Neubaustrecke Ebensfeld–Erfurt. Der Kreuzungspunkt ist etwa 250 Meter vom Südportal[2] des Tunnels entfernt.

Während östlich der Tunnelröhre ein begehbarer Hohlraum nach rund 15 Metern in schmale Spalten übergeht, erstreckt sich die Höhle in westlicher Richtung um mehrere hundert Meter.[2]

Im Mai 2008 wurde eine zweite Höhle im Bleßberg entdeckt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erster Höhlenfund

Am 30. März 2008 stießen die Mineure bei Vortriebsarbeiten im Tunnel auf einen Hohlraum unbekannten Umfangs.[3] Sie versuchten, den Hohlraum mit etwa 500 Kubikmetern Beton zu verfüllen. Nachdem diese Masse wirkungslos in der Höhle verschwand, beschloss der Bauherr, das Eisenbahn-Bundesamt einzuschalten und Höhlenforscher hinzuzuziehen.[4]

Nach einer Eilerkundung durch Geologen bis zum 3. April wurde der Höhleneingang verschlossen, Verhandlungen über die Schaffung eines neuen Zugangs an geeigneter Stelle sollen aufgenommen werden.[5]

Der Bitte von Geologen, die Höhle für spätere Erforschung zugänglich zu halten, sollte zunächst nicht entsprochen werden. Um den Tunnel nicht zu gefährden, sollte die bis zu 2,5 Meter in die Tunneltrasse hineinreichende Höhle anfangs komplett verfüllt werden.[6][7] Kurz darauf wurde der Eingangsbereich zur Höhle verschlossen und der Vortrieb fortgesetzt.

Die Bahn begründete die Verschließung der Höhle mit Sicherheitsgründen. Das Höhlensystem sei dabei auch in Zukunft zugänglich. Auch sei nur der unmittelbar an die Röhre angrenzende Bereich durch die Versiegelung beschädigt worden.[4]

Der BUND kritisierte, dass mit dem Versuch, die Höhle zügig mit Beton zu verfüllen, gegen thüringisches und europäisches Naturschutzrecht verstoßen worden sein könnte.[7] Der Verein erstattete Anfang April Strafanzeige gegen Unbekannt. Geologen äußerten die Befürchtung, durch den bereits eingefüllten Beton könnten natürliche Karstwasserwege abgeschnitten worden sein, wodurch der Karstwasserspiegel nun steige, so dass die Stabilität des Tunnels gefährdet sein könnte. Tatsächlich scheint die Überflutung von Teilen der Höhle bereits eine Folge der anthropogenen Aufstauung des Karstwassers zu sein.

Nachdem wenige Tage nach dem endgültigen Verschluss des erstentdeckten westlichen Höhlenteils beim weiteren Tunnelvortrieb die nach Osten ziehende Fortsetzung der Bleßberghöhle angeschnitten wurde, stoppte die Bahn am 9. April 2008 einstweilig die weiteren Bauarbeiten.

Am 10. April 2008 einigten sich, nach einer Ortsbegehung, das Landesbergamt Thüringen und die Deutsche Bahn über das weitere Vorgehen. Während einer zwei- bis dreiwöchigen Erkundung sollte der Vortrieb an dieser Stelle ruhen; anschließend sollte über das weitere Vorgehen entschieden werden.[1]

Bis Mitte April wurden die ersten 700 Meter der Höhle vermessen und grob kartiert.[8] Mitte April verständigte sich der „Arbeitskreis Karst“ auf das weitere Vorgehen. Demnach soll der Vortrieb binnen einiger Tage wieder beginnen. Dabei sei es erforderlich, den bestehenden Höhlenzugang im oberen Bereich des zukünftigen Tunnels vorübergehend mit Ausbruchsmaterial zu verfüllen. Danach soll der Vortrieb in drei Ebenen von der Tunnelkalotte nach unten erfolgen und von Sondierungsbohrungen begleitet werden. Nach Abschluss des Vortriebs sollen beide Höhlengänge wieder zugänglich gemacht werden, so dass die Forschung in der Höhle für die Bauzeit des Tunnels möglich wird. Im Rahmen einer abschließenden Bewertung soll dann auch der weitere Umgang mit der Höhle festgelegt werden.[9] Damit wurde die geplante zwei- bis dreiwöchige Erkundung nach etwa der Hälfte der Zeit abgebrochen. Der Vorsitzende des Thüringer Höhlenvereins reagierte empört auf diese Ankündigung der Bahn und warf dem Unternehmen vor, entgegen der getroffenen Absprachen zu handeln. Trotz Nachfrage habe man von den Ergebnissen des Arbeitskreises nichts erfahren.[8]

Höhlenforscher aus ganz Deutschland unternahmen Anfang Mai 2008 Versuche, die Höhle von außen zu erreichen. Sie versuchten, sich über das so genannte Fuchsloch, eine wasserführende Felsspalte im Bereich des Südportals, die einen Zugang zur Bleßberghöhle bieten könnte, vorzugraben.[10]

Im September 2008 sollte die Höhle erneut geöffnet und insbesondere schwer zugängliche Stellen untersucht werden.[11] Die Erkundung des kurzen Ostteils der Höhle begann am 18. November 2008 und sollte eine Woche andauern. Dabei sollen auch einige zuvor ausgesuchte Sinterstücke zur Nutzung in einem Museum entnommen werden. Nach der Erkundung soll, um die Stabilität des Tunnels zu sichern, der Hohlraum auf einer Länge von 15 m verfüllt werden.[2] Während einer weiteren 14-tägigen Bauruhe sollte die Höhle im Januar 2009 erneut zur Erkundung geöffnet und anschließend dauerhaft verschlossen werden.[12] Einige Höhlenforscher des THV konnten die Höhle im Januar 2009 neun Tage lang erkunden, auch Besuchergruppen hatten Zutritt zur Höhle.

Auf einer Länge von rund 500 Metern wurde im Bereich der Höhle die Tunnelschale auch im Bereich der Sohle rund ausgeführt. Darüber hinaus wurde die Sohle im Bereich der Querung der Höhle mit Gestein und Beton zusätzlich verfestigt.[13]

Soweit es gelingen sollte, einen separaten Einstieg zu finden, könnte die Höhle zukünftig auch Besuchern zugänglich gemacht werden.[14] 2011 wurden Pläne präsentiert, das Höhensystem touristisch zu erschließen. Von einem oberirdischen Informationszentrum soll dabei ein Gang zur Höhle gebohrt und ein Einblick in die Höhle durch Scheiben ermöglicht werden.[15]

Im April 2010 wurde ein Gang zur Wasserstandsmessung zur Höhle gebohrt.[15]

Laut eines Medienberichts von Juli 2011 sorge der im März 2008 eingeleitete Beton dafür, dass der unterirdische Bach nicht mehr abfließen und die Höhle durch den steigenden Wasserpegel zerstört würde.[15]

Zweiter Höhlenfund

60 Meter vom zukünftigen Südportal entfernt stießen die Mineure einige Wochen später auf eine weitere Karsthöhle, die sog. Bleßberghöhle 2, welche aufgrund ihrer geringen Größe und großen Instabilität nach einer Inaugenscheinnahme am 3. Juni 2008 verschlossen wurde.[16].

Beschreibung der Höhle

Der aus dem Tunnelbereich herausführende Westteil der Höhle hat eine erkundete Länge von 500 Metern mit Gangbreiten bis zu 10 und Höhen bis zu 15 Metern. Er besitzt einen aktiven Bachlauf und außergewöhnlichen Tropfsteinschmuck.[3][9]

Nach der Meinung von Experten handelt es sich um eine der schönsten und bedeutendsten Höhlen Thüringens. Besonders bemerkenswert sind die bis zu über zwei Meter langen Makkaroni-Stalaktiten an der Höhlendecke, die zu den längsten in Europa zählen.

Dieser Höhlenteil wurde sofort nach der Erstbefahrung am 3. April 2008 mit Beton verschlossen. Der weitere Vortrieb legte in der Tunnelzone zwei übereinander liegende, durch einen Schacht von etwa vier Meter Durchmesser verbundene Hohlräume frei, über die der ebenfalls stark mit Sinter geschmückte Ostteil erreicht werden konnte. Dieser ist ca. 170 Meter lang und kleinräumiger. Die Wasserführung dieses Höhlenteils verläuft nach ersten Erkenntnissen von Ost nach West, also ebenfalls auf den Tunnel zu. Im Gegensatz zum Westteil ist hier jedoch kein ausgeprägter Höhlenbach festgestellt worden, lediglich das angesammelte Tropfwasser wird abgeführt. Dieser Höhlenteil wird deshalb derzeit als noch älterer, inzwischen weitgehend inaktiver Nebengang der Höhle interpretiert. Im Bereich des Tunnelvortriebs rechnen die Höhlenforscher des Thüringer Höhlenvereins deshalb mit weiteren Hohlräumen.

Besucherzentrum

An der Bleßberghöhle soll ein Besucherzentrum entstehen (Stand: Mai 2011). Später sei auch der Zugang zur Höhle für Besucher geplant.[17]

Literatur

  • Stefan Thomas: Verborgene Welten – die Bleßberghöhle. Druckhaus Gera, Gera 2009, ISBN 978-3-00-027470-1.
  • Die Bleßberghöhle – eine sensationelle Entdeckung. 30-minütige Filmdokumentation, 2010[18]

Filme

  • Haltepunkt Bleßberghöhle. Dokumentation von Mathias Streisel, Erstausstrahlung: 8. April 2009 im MDR Fernsehen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Deutsche Bahn AG: Erkundungsprogramm für die beim Bau des Bleßbergtunnels entdeckten Hohlräume. Presseinformation vom 10. April 2008
  2. a b c Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt - Thüringen: Wie wird die Höhle unter dem Bleßbergtunnel überquert?. Presseinformation vom 18. November 2008
  3. a b Entdeckerfreude währt nur kurz. In: Freies Wort, 4. April 2008
  4. a b Eine Höhle, die gefüllt ist mit Superlativen. In: Freies Wort, 10. April 2008
  5. Forscher wollen Baustopp für ICE-Tunnel. In: Freies Wort vom 4. April 2008
  6. Längste „Makkaronis“ und traurige Höhlenforscher. In: Freies Wort vom 4. April 2008
  7. a b „Ohne Zweifel schönste Höhle Ostdeutschlands!“. In: Freies Wort, 5. April 2008
  8. a b Vorstellung beendet – der Höhlenvorhang senkt sich. In: Freies Wort, 19. April 2008
  9. a b Deutsche Bahn AG: Sicherung, Erkundung und Vortrieb im Karstbereich beim Bau des Bleßbergtunnels der Neubaustrecke Ebensfeld–Erfurt. Presseinformation vom 18. April 2008
  10. Erst mal Schutt beiseite. In: Freies Wort, 3. Mai 2008
  11. Tropfsteinhöhle im Bleßberg-Tunnel wird erneut erkundet. In: Freies Wort, 4. August 2008
  12. Forscher sauer: Bahn schließt Bleßberghöhle. In: Freies Wort, 9. Oktober 2008
  13. Tunnel bekommt ein Gesicht. In: Freies Wort, 28. Februar 2009
  14. ICE-Tunnel neu ausgeschrieben. In: Thüringer Allgemeine, 5. Oktober 2008.
  15. a b c Bleßberghöhle im Landkreis Sonneberg droht Zerstörung. In: Thüringer Allgemeine, 14. Juli 2011.
  16. Deutsche Bahn AG: Weiterer Karsthohlraum beim Bau des Bleßbergtunnels der Neubaustrecke Ebensfeld–Erfurt gefunden. Presseinformation vom 5. Juni 2008
  17. Bleßberghöhle bei Schalkau öffnet für Touristen. In: Thüringer Allgemeine, 20. Mai 2011.
  18. Einmalige Bilder aus verschlossener Tropfsteinhöhle. In: Thüringer Allgemeine, 9. Juni 2010
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