Blut-und-Boden-Ideologie

Blut-und-Boden-Ideologie
Reichsadler, Blut und Boden, Hakenkreuz, Schwert und Ähre
Reichsadler, Blut und Boden, Hakenkreuz, Schwert und Ähre: Richard Walther Darré auf einer Kundgebung des Reichsnährstandes in Goslar am 13. Dezember 1937, Aufnahme aus dem Bundesarchiv

Die Blut-und-Boden-Ideologie betrachtet die Abstammung (das „Blut“) und den Boden (um ihm mittels Landwirtschaft die Nahrung zu entziehen sowie als Lebensraum) und somit gleichsam das Bauerntum alter Abstammung als die wesentliche Lebensgrundlage. Sie entstand aus dem Rassismus und dem Nationalismus des späten 19. Jahrhunderts und war zentraler Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie.

Kritiker dieser Ideologie sehen in der Blut-und-Boden-Ideologie eine kriegstreibende Überhebung der (eigenen) Rasse (Blut) zur Legitimation für eine Nation, sich auszudehnen und den Bestand des eigenen Volkes durch die Vernichtung anderer Völker und die Aneignung fremden Bodens zu garantieren.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Nachweisbar als Begriffspaar ist Blut und Boden bereits in dem 1922 erschienenen Werk Der Untergang des Abendlandes von Oswald Spengler, in dem vom „Kampf zwischen Blut und Boden um die innere Form einer verpflanzten Tier- und Menschenart“ gesprochen wird. Das Bild wurde dann von August Winnig übernommen, dessen Schrift Befreiung aus dem Jahr 1926 wie auch sein Buch Das Reich als Republik (1928) jeweils mit dem Satz: „Blut und Boden sind das Schicksal der Völker (Menschen)“ beginnen.

Erst durch Richard Walther Darré, Mitglied der Artamanen, der seiner 1930 erschienenen Schrift den Titel Neuadel aus Blut und Boden gab, wurde die prägnante Formel zu einem Zentralbegriff der NS-Ideologie, der eine spezifische Abhängigkeit zwischen rasse-, wirtschafts- und agrarpolitischen Vorstellungen zu beweisen versucht.

Verwendung

„Wir wollen das Blut und den Boden wieder zur Grundlage einer Deutschen Agrarpolitik machen“

Darré: aus der von ihm herausgegebenen Monatsschrift Deutsche Agrarpolitik vom Juli 1932

Als Ausdruck der Blut-und-Boden-Ideologie im Nationalsozialismus trat im September 1933 das Reichserbhofgesetz in Kraft. Die ersten zwei einleitenden Sätze zu diesem Gesetz verdeutlichen den Schutz des Bauerntums: „Die Reichsregierung will unter Sicherung alter deutscher Erbsitte das Bauerntum als Blutquelle des deutschen Volkes erhalten. Die Bauernhöfe sollen vor Überschuldung und Zersplitterung im Erbgang geschützt werden, damit sie dauernd als Erbe der Sippe in der Hand freier Bauern bleiben.“ Und weiter: „Bauer kann nur sein, wer deutscher Staatsbürger, deutschen oder stammesgleichen Blutes und ehrbar ist.“

Daneben beinhaltet die Blut-und-Boden-Ideologie der Nationalsozialisten jedoch auch die nicht kulturell-sozialisatorisch, sondern lamarckistisch begründete Annahme, dass die ethnischen Eigenschaften einer Population von bestimmten geografisch begrenzten Gebieten bestimmt seien - diese also gleichsam mit ihrem Blute am Boden hängen. Nur dort könnte sie zur vollen Entfaltung ihrer Persönlichkeit, ihres volkseigenen Wesens gelangen.

Martin Heidegger will den Nationalsozialismus an diesem Begriffspaar philosophisch überhöhen, was diese öffentlichen Aussage zeigt[1]:

„Blut und Boden sind zwar mächtig und notwendig, aber nicht hinreichende Bedingung für das Dasein eines Volkes“

Martin Heidegger: Sein und Wahrheit, Gesamtausgabe II/36/37, Freiburger Vorlesungen Sommersemester 1933 und Wintersemester 1933/34, Klostermann, Frankfurt 2001, S. 263

Am 6. Januar 1934 wurde in Berlin die "Blut und Boden Verlag GmbH" gegründet, die ihren Sitz 1935 nach Goslar, später nach Berlin zurück verlegte. Das Verlagsprogramm war explizit der Blut-und-Boden-Ideologie des Nationalsozialismus verpflichtet. Nach 1945 wurde die Verlagstätigkeit eingestellt, 1958 erlosch der Verlag.

Blut-und-Boden-Dichtung

Die Blut-und-Boden-Dichtung (auch genannt "Blubo-Dichtung" oder "Blubo-Literatur") ist eine Literaturrichtung, in der die Idee einer artreinen bäuerlichen Führungsrasse zutage tritt. Sie umfasst vor allem Bauern-, Siedler- und Landnahmeromane. Vertreter sind Gerhard Schumann, Herbert Böhme, Heinrich Anacker, Herybert Menzel, Josefa Berens-Totenohl u.a.

Blut-und-Boden-Kunst

In der Bildenden Kunst, besonders in der Malerei und der monumentalen Bildhauerei, sahen die Nationalsozialisten ein wichtiges Mittel der ideologischen Beeinflussung der Bevölkerung. Als wiederkehrende Motive wurden die arischen Mythen des fleißigen deutschen Bauern, des tapferen deutschen Soldaten, der fruchtbaren deutschen Frau oder der intakten deutschen Großfamilie beschworen. Es fanden sich genügend technisch-handwerklich Begabte, die das ideologische Bildprogramm der Nazis optisch-visuell umsetzen konnten. Die Namen Adolf Ziegler, Paul Mathias Padua, Werner Peiner, Arthur Kampf, Arno Breker, Josef Thorak sollen hier stellvertretend für viele stehen. Einige dieser sogenannten Nazikünstler erhielten in der Kunst- und Kulturpolitik der NSDAP wichtige Positionen. Die Werke der bis 1933 in der Weimarer Republik zum Teil bekannt und berühmt gewordenen deutschen Künstler, deren Arbeit auf Freiheit und Unabhängigkeit basierte, wurden nach Hitlers Machtübernahme als entartete Kunst aus den Museen verbannt und teilweise zerstört. Sie selbst mussten vielfach ins Exil.

Siehe auch

Literatur

  • Götz Aly & Susanne Heim: Vordenker der Vernichtung. Auschwitz und die deutschen Pläne für eine neue europäische Ordnung, S. Fischer, Frankfurt 1993, ISBN 3-596-11268-0
  • Anna Bramwell: Blut und Boden, in: Deutsche Erinnerungsorte, Hg. Etienne Francois und Hagen Schulze, Band 3, C.H. Beck, München 2003, S. 380-391
  • Berthold Hinz: Die Malerei im deutschen Faschismus. Kunst und Konterrevolution, Hanser, München 1974, ISBN 3-446-11938-8
  • Hermann Hinkel: Zur Funktion des Bildes im deutschen Faschismus, Anabas, Steinbach 1975, ISBN 3-87038-033-0
  • Kunst im 3. Reich - Dokumente der Unterwerfung, Katalog des Frankfurter Kunstvereins, 1974
  • Spurensuche Harzregion e.V.: Erntedank und „Blut und Boden“ – Bückeberg/Hameln und Goslar 1933 bis 1938. NS-Rassekult und die Widerrede von Kirchengemeinden. Spuren Harzer Zeitgeschichte, Sonderband 2. Papierflieger Verlag, Clausthal-Zellerfeld 2009, ISBN 978-3-86948-048-0

Notizen

  1. die Quelle ist auch online einsehbar in google books sowie bei Internet-Buchhändlern

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