Bonzenkind

Bonzenkind

Der Begriff Bonze wird heute als Bezeichnung für reiche oder einflussreiche Personen in der Wirtschaft oder Politik verwendet, zum Beispiel für Geschäftsführer großer Unternehmen oder Funktionäre von Parteien (vgl. „Parteibonzen“). Oft wird gleichzeitig damit auch kritisiert, dass die bezeichnete Person zu viel Einfluss im Verhältnis zu ihrer Legitimation besitzt.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Der Begriff „Bonze“ bezeichnete ursprünglich einen buddhistischen Mönch oder Priester und stammt aus dem Japanischen. Die Wortabstammung ist Französisch bonze < Portugiesisch bonzo < Japanisch bōzu (jap. 坊主) oder bonsō (凡僧). Als bonzii findet es sich 1552 bei Francisco de Xavier und als bonze 1688 in Gabriel de Magalhães’ Nouvelle relation de la Chine.[1]

Seit Wieland 1767 wurden mit diesem Begriff bigotte Priester gescholten.[2] Diese Verwendung findet sich etwa in Schillers Gedicht Der Venuswagen in dem Vers Die ihr in das Eis der Bonzenträne / Eures Herzens geile Flammen mummt, / Pharisäer mit der Janusmiene! / Tretet näher – und verstummt.

Laut Adolf Storfer wurde der Begriff im 19. Jahrhundert dann im Deutschen verweltlicht und auf Staatsmänner, Vorgesetzte und Inhaber von hohen Ämtern angewendet. Um 1890 wurde es außerdem innerhalb der Arbeiterbewegung zu einer spöttischen Bezeichnung für die sozialdemokratischen Inhaber von staatlichen oder kommunalen Ämtern sowie für Gewerkschaftsfunktionäre. „Dieser Bezeichnung liegt gleichsam der Vorwurf zugrunde, die Führer seien verbürgerlicht, der Masse und ihren revolutionären Neigungen entfremdet. Die Bezeichnung ist schließlich auch von den Gegnern des Sozialismus als Schlagwort gegen dessen Führer aufgegriffen worden.“[3]

In derselben Verwendung zur Schmähung von korrupten Parteifunktionären wurde es auch von linken Intellektuellen benutzt, z.B. von Kurt Tucholsky 1923 in seinem Gedicht An einen Bonzen. Ein weiteres Beispiel ist der Roman Bauern, Bomben, Bonzen von Hans Fallada.[3]

Diese Verwendung kulminierte unter den Nationalsozialisten, bei denen sich das Wort in fast allen Schriften findet. Auch die Weimarer Republik als solche wurde von ihnen als Bonzokratie – „Korruptionsstaat“ – bezeichnet. Nach der Gleichschaltung 1933 geriet es jedoch aus der Verwendung.[4]

Sonstige Verwendung

Das Wort „Bonze“ wird oft für einen Menschen benutzt, der viel Geld hat und es auch zeigt, zum Beispiel durch Pelz, teure Autos oder andere Luxusartikel.

In der modernen Jugendsprache wird der Begriff als Beschimpfung für eine Person verwendet, die Markenprodukte und Statussymbole bevorzugt, sie gerne zur Schau stellt und mit Wertsachen oder Geld protzt; sie soll ausdrücken, dass jemand für reich, verwöhnt und hochnäsig gehalten wird.

In der Punkszene ist „Bonze“ ein abfälliges Schimpfwort für die sozialen Schichten, die über der „Mittelschicht“ stehen. Oft wird der Begriff dort auch für Leute gebraucht, die sich etwas feiner und modischer kleiden. Diese Einordnung hat sich z.B. das deutsche Modelabel Bonzenkind zu Nutze gemacht, welches mit seinen in der gehobenen Kategorie anzuordnenden Kleidungsstücken bewusst mit dem Thema kokettiert.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. James A. H. Murray: A New English Dictionary on Historical Principles. Band 1, S. 988, Oxford 1888 (Anm.: japanische Transkriptionen modernisiert)
  2. Hermann Paul, Werner Betz: Deutsches Wörterbuch. 1966, S. 108
  3. a b Adolf Storfer, Wörter und ihre Schicksale, Berlin 1935, S. 72
  4. Cornelia Schmitz-Berning: Vokabular des Nationalsozialismus. de Gruyter, 1998, ISBN 3-11-013379-2, S. 126

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