Boruakter

Boruakter
Verbreitung germanischer Stämme um 50 n. Chr.

Die Brukterer (auch Boructuarii, Boruktuarier, Boruakter, Borchter) waren ein bedeutender germanischer Volksstamm und siedelten anfangs zwischen mittlerer Ems und oberer Lippe. Zur damaligen Zeit war das Gebiet dünn besiedelt und in weiten Gebieten mit dichten Wäldern bewachsen. Die Brukterer lebten teils von der Jagd, vor allem aber von Ackerbau und Viehzucht.

Inhaltsverzeichnis

Römerzeit

Sie wurden im Jahre 12 v. Chr. von Drusus besiegt und gehörten zu den germanischen Stämmen, die sich im Jahre 9 n. Chr. in der Varusschlacht erfolgreich gegen die römische Expansion zur Wehr setzten. In den Jahren 69/70 n. Chr. nahmen sie am Bataveraufstand teil.

L. Stertinius schlug im Sommer 15 n. Chr. mit einer Abteilung Leichtbewaffneter im Auftrag des Germanicus die Brukterer, die ihr eigenes Land verheerten. Zwischen den Leichen der Gefallenen und der Beute fand Stertinius das Feldzeichen der 19. Legion, welches in der Varusschlacht erbeutet worden war. Von dort wurde der Heereszug in die abgelegensten Gebiete der Brukterer (wohl im Nordosten) geführt und alles Land zwischen Ems und Lippe verwüstet, haud procul Teutoburgiensi saltu („nicht weit weg vom Teutoburger Wald“), wo die sterblichen Überreste des Varus und der Legionen noch unbestattet liegen sollten.

Die bekannteste Persönlichkeit aus dem Stamm der Brukterer war die bei den Germanen hoch geachtete Seherin Veleda. Im Jahre 77 n. Chr. führte der niedergermanische Statthalter Rutilius Gallicus Krieg gegen die Brukterer. Bei diesem Feldzug wurde auch Veleda gefangengenommen.

Ende des 1. Jahrhunderts (98 n. Chr.) wurden sie von den Angrivariern und Chamaven vernichtend geschlagen und fast ausgerottet. Reste flüchteten in das Gebiet der mit ihnen verbündeten Tenkterer und ließen sich südlich der Lippe nieder. Im 3. Jahrhundert breiteten sie sich rechts­rheinisch von etwa Köln, aber nicht nördlicher als Neuss, bis südlich Koblenz aus.

Frankenreich

Die Brukterer zählen ab dem 3. Jahrhundert zum Stammesverband der Franken. Ein großer Teil der im 4. und 5. Jahrhundert überlieferten Frankeneinfälle ist von den Brukterern ausgegangen. Sie werden um die Mitte des 5. Jahrhunderts auch Köln und einen großen Teil des linken Rheinufers in Besitz genommen haben. Nach ihrem Aufgehen im fränkischen Reichsverband lebte ihr Name in ihrem alten Stammesgebiet zwischen Lippe und Ruhr in dem Gaunamen Borahtra fort. Dass er im 7. und 8. Jahrhundert noch lebendig war, geht auch daraus hervor, dass der Heilige Suitbert bei den Boructuarii im Bereich Recklinghausen/Dortmund missionierte. Beda Venerabilis zufolge vertrieben die Sachsen bei einem Einfall im Jahr 694 oder 695 diese christianisierten Bevölkerungsteile. Papst Gregor III. richtete 738 einen Brief an die Borthari. In den Sachsenkriegen des Frankenkaisers Karl der Große gerieten die Borchter (jüngste Schreibweise für Brukterer, Boructuarii, Boruakter) zwischen die Franken und Sachsen. Einige Indizien sprechen dafür, dass sie nach Beendigung der Kriege auf Geheiß Karls das Sauerland und große Teile des Bergischen Landes besiedelten. So führt man alle Orte mit der Endung -inghausen, die sich vermehrt im Ruhrgebiet und im Bergischen Land finden, auf eine Besiedlung durch die Borchter zurück, die vermutlich nach Karls Sachsenkriegen planmäßig eingeleitet wurde.

Tradition

Der Name des Stammes lebt heute im Namen verschiedener Sportvereine wie SV Brukteria Rorup oder SV Brukteria Dreierwalde weiter.

Literatur

  • Tacitus: Germania.
  • Leopold von Ledebur: Land und Volk der Brukterer, Berlin 1827.
  • Bernhard Sökeland: Über die Verhältnisse und Wohnsitze der deutschen Völker zwischen dem Rhein und der Weser zur Zeit der Römerkriege in Deutschland, Münster 1835.
  • Hermann Middendorf: Über die Wohnsitze der Brukterer, Coesfeld, B. Wittneven, 1836-1837.
  • Leopold von Ledebur: Blicke auf die Litteratur des letzten Jahrzehnts zur Kenntnis Germaniens zwischen Rhein und Weser, Berlin 1837.
  • Ralf G. Jahn: Der römisch-germanische Krieg (9 - 16 n. Chr.). Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn. Bonn 2001.

Weblinks


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