Brandrate

Brandrate

Die Brandrate bezeichnet die Feuerwiderstandsdauer eines Bauteils. Die Beweisführung fängt bei bestandener Brandprüfung an. Dies ist durch eine Zeitspanne bemessen. Meist sind auch andere Prüfungskriterien Bestandteil der Erlangung einer Brandrate, um sicherzustellen, dass das Bauteil im normalen Gebrauch über lange Zeit funktioniert und dann immer noch die Beflammung und andere Belastungen überstehen kann. Zum Beispiel muss eine Brandschutztür in vielen Ländern tausende Male geöffnet und geschlossen werden, bevor die Feuerwiderstandsdauer geprüft wird. Die Rate wird im Bau auch nur dann erreicht, wenn die Montage des zugelassenen Produktes innerhalb der Toleranzen der DIBt-Zulassung erfolgt, welches auch voraussetzt, dass die Herstellung des Produktes fremdüberwacht wird. Die Zulassung muss zur Zeit der Montage des Produktes auf der Baustelle gültig sein.

Inhaltsverzeichnis

Internationale Brandraten

Zeit/Temperaturkurven (ZTk) für den Verlauf von Brandprüfungen für Bauteile, zur Erlangung einer Brandrate:

* Toleranzen dieser Art sind typisch für alle internationalen Brandprüfungsnormen. Sollte man die Toleranz zu sehr unterschreiten, ist es teilweise zulässig, eine Prüfung länger laufen zu lassen, um die fehlende Hitze zu kompensieren. Eine zu starke Rauchentwicklung in der Brandkammer kann dazu führen, zum Beispiel bei Prüfungen mit vielen Kabeln, Silikonschaum oder Kunststoffrohren.

In Deutschland, zum Beispiel bedeutet „T90“ eine Brandschutztür, welche imstande ist, einer 90-minütigen Brandprüfung gemäß DIN 4102 standzuhalten.

International gibt es hier viele Varianten mit vielfältigen Anforderungen für fast unzählige Bauteile.

In Kanada zum Beispiel legt das kanadische Institut für Bauforschung (Institute for Research in Construction, ein Teil des National Research Council of Canada, Herausgeber der kanadischen Musterbauordnung NBC) eine besondere Rate für Abschottungen für Plastikrohre fest. Durch den möglicherweise hohen Temperaturunterschied zwischen Innen- und Außentemperaturen (zum Beispiel +20 °C innen und -40 °C draußen vor der Brandentwicklung), verlangt die kanadische Prüfungsnorm, welche in der kanadischen MBO zwingend vorgeschrieben ist, einen positiven Ofendruck von >50 Pa fest. Dabei müssen im Prüfstand Hauben aufgesetzt werden, wo der Überdruck durch Abzug künstlich hergestellt wird. Nach erfolgreichem Abschluss der Brandprüfung wird wahlweise mit einem 30-PSI-Löschwassertest über eine bestimmte Zeitspanne das Schott belastet.

Manche Brandschutztüren in den USA können sogar während der Brandprüfung aufklaffen, allerdings nicht zu weit.

Brandraten können sich also aus vielen Anforderungen zusammensetzen, die sogar einen Bewitterungstest vor der Brandprüfung beinhalten.

Was Brandraten international weitestgehend alle voraussetzen, ist eine Prüfung, die nach national akkreditierten Normen gefahren wurde, und dass das so qualifizierte Produkt, oder eine Anzahl von Produkten, aus denen sich ein Bauteil zusammensetzt, einer Fremdüberwachung unterliegt, die den Zweck hat, einen Nachweis zu erbringen, dass das Prüfungsmaterial identisch ist mit dem Material, welches auch wirklich hergestellt, verkauft und eingebaut wird. Dies ist international als eine Produkt-Zertifizierung bekannt.

Das montierte Bauteil muss also nachweisbar aus richtigem und überwachtem Material bestehen. Des Weiteren ist es zwingend notwendig, die Toleranzen der einschlägigen Zulassung einzuhalten. Zum Beispiel: Eine Decke, die aus einem neuartigen Beton besteht, welche eine 120-Minuten-Brandrate erreicht hat, und in der Stärke 120 mm geprüft wurde, darf nicht unter dieser Stärke eingesetzt werden, wenn diese Brandrate beim Bau verlangt wurde. Derartige Toleranzen, wie zum Beispiel die Rohdichte eines Materials, sind Teilbestand der bauamtlichen Zulassung. Vergehen gegen solche Toleranzen sind unzulässig.

Länder ohne Zulassungspflicht

Einzigartig im internationalen Bauwesen sind England, sowie die Nordamerikanische Kernkraftindustrie, wo keine Zulassungspflicht besteht. Hier bedient man sich einzig der Prüfungsberichte, welche aber nicht in Zulassungen resultieren, die auf genormte Art und Weise den Prüfungsbericht interpretieren. Im NAFTA-KKW-Bereich ist es sogar üblich, Montageunternehmen die Prüfkörper in der eigenen Werkstatt ohne eine amtliche oder unabhängige Bezeugung anfertigen zu lassen.

Dies wäre in Deutschland unzulässig. Man bedient sich also hier rechtlicher Wege, um die Hersteller und Montageunternehmen vor Gericht im Schadensfalle zur Rechenschaft ziehen zu können. Allerdings ist die Beweisführung deutlich dadurch erschwert, dass niemand wirklich nachweisen kann, woraus der Prüfling bestand. Ohne genormte Interpretation eines Prüfungsberichtes, welcher in einer Zulassung resultiert, die keine Zweifel auf der Baustelle aufkommen lassen können, ist die rechtliche Auslegung eines Schadensfalles auch dadurch erschwert, dass man sich später über die Auslegung des Prüfungsberichtes streiten kann.

Verschiedene Zeit- und Temperaturkurven

In der Regel bedient man sich international fast identischer Kurven, welche für Gebäude auf Messungen von brennenden Holzscheitern basieren. Für Außenanwendungen in Raffinerien und chemischen Fabriken bedient man sich der Kohlenwasserstoffkurve. Auch im Tunnelbereich bedient man sich insbesondere seit dem „Eureka“-Projekt diverser Kohlenwasserstoffkurven. Der Brand im Tunnel, besonders bei einem Öl- oder Treibstoffbrand, erschwert Gegenmaßnahmen insbesondere dadurch, dass die Hitze nicht schnell entfliehen kann. Im Freien, wie zum Beispiel der Raffinerie, geht sie nach oben weg. Der Tunnel allerdings bildet eine Art Mikroklima, worauf die besonders heißen Kurven zurückzuführen sind.

In der herkömmlichen Bauanwendung allerdings, gibt es international nur geringfügige Unterschiede zwischen den Kurven.

Ein großer Unterschied zwischen Nordamerika und den anderen Industrieländern ist, dass die Thermoelemente innerhalb des Ofens in Röhren verborgen sind, welches die Messung verlangsamt und dadurch den nordamerikanischen Test etwas konservativer macht als ISO. Allerdings ist die ISO-Kurve weitestgehend etwas heißer. Auch bedient man sich wahlweise in Nordamerika des Löschwassertestes, welcher ansonsten außerhalb NAFTA unüblich ist. Einzig die US Navy verlangt einen 90 PSI Test für Bauteile auf ihren Schiffen. Deutschland verlangt einen Aufpralltest bei Brandwänden, der jedoch von der feuerabgewandten Seite vorzunehmen ist.

Wer Brandschutzprodukte international vertreiben möchte, muss teilweise vielfältige Prüfungen finanzieren und durchführen, weil viele Länder die Prüfung von Fremdländern nicht anerkennen. Obwohl die Prüfungen sich sehr ähneln, ist die Gesetzgebung in verschiedenen Ländern anders. Akkreditierungen von Instituten zwischen unterschiedlichen Ländern sind auch im Rechtsstreit nicht greifbar.

Beispiel einer Prüfung zur Erlangung einer Brandrate: Abschottung

Ulc prueflingsaufbau.jpg

Aufbau des Prüfkörpers

Aufbau eines Prüfkörpers für eine Brandprüfung gemäß ULC S-115, der kanadischen Norm für Feuerwiderstand von Abschottungen. Der Prüfkörper besteht aus einer Betondecke 5’ x 9’ x 4“ (ca. 1,5 m x 2,3 m x 10 cm) mit einem großen Loch und vielen mechanischen und elektrischen Durchbrüchen. Im Bild wird gerade ein Brandschutzmörtel eingebracht, um das Loch mit dem Prüfmaterial zu versiegeln.


Ulc pruefling im flug.jpg

Montage des Prüfkörpers

Der fertige Prüfkörper wird mittels Kran zum Ofen transportiert und dort auf eine Keramikfaserdichtung gesetzt. Hier sieht man die Unterseite. Die kanadische Prüfungsnorm ULC S-115 schreibt vor, dass die Durchbrüche 12“ (30 cm) in den Ofen reichen müssen, um dort Hitze aufzunehmen, die beim Durchleiten das Schott auch von innen belasten. In Deutschland schreibt die DIN 4102 eine Länge von 1 m vor, welches realistischer ist. Nordamerikanische Wandöfen sind dazu nicht tief genug.


Caj8073 fire starts.jpg

Beflammung

Der fertige Prüfkörper wurde auf den offenen Ofen gesetzt. Eine Dichtung aus Keramikfasern liegt zwischen dem Prüfkörper und dem Ofenrand. Unten laufen perforierte Gasrohre. Thermoelemente im Ofen selber messen die Temperatur in der Brennkammer. Durch die Regelung der Gaszufuhr erreicht man die Einhaltung der Zeit/Temperaturkurven innerhalb der zulässigen Toleranz. Dies lässt sich zwar manuell regeln, aber heutzutage erfolgt die Gasregelung weitestgehend elektronisch. Thermoelemente werden auch auf der feuerabgewandten Seite angebracht, da die Zeitspanne, in der man entweder eine durchschnittliche Temperaturerhöhung von 140 °C oder eine einzelne Erhöhung von 180 °C oberhalb der Anfangstemperatur erreicht hat, ausschlaggebend für die Quantifizierung der Feuerwiderstandsdauer und der Brandrate ist. Zu Anfang dreht man die Gasventile auf und in diesem Fall erfolgt das Anstecken manuell.


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Auswertung

Nach erfolgreichem Abschluss der Beflammung wird der Prüfkörper vom Ofen entfernt. Prüfungsberichte halten alle Beobachtungen fest, von beiden Seiten des Prüfkörpers, sowie auch alle Temperaturen, auf dem Prüfling und im Ofen. Bei brennbaren Durchbrüchen wie Kabeln ist es nicht unüblich, selbst nach zweistündiger Beflammung noch Restbrände zu sehen. Nur darf das Feuer nicht durch die Abschottung oder den Durchbruch. Auch muss die Temperaturerhöhung auf der feuerabgewandten Seite so niedrig bleiben, dass man nicht Gefahr läuft, ein neues Feuer auf der kalten Seite zu verursachen. In Kanada ist es daher Vorschrift, die Temperatur auf der Abschottung, 25 mm vom Durchbruch entfernt, und auf dem Durchbruch, 25 mm von der Abschottung entfernt, zu messen.


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Löschwassertest

Nach der Beflammung kommt der Löschwassertest. Die Dauer und der Druck sind abhängig von der Beflammungszeit und der Prüfkörperfläche.


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Prüfungszeugnis

Die Prüfung gilt als bestanden, wenn über die vorgesehene Beflammungszeit weder Feuer noch zu viel Hitze durch den Prüfkörper kamen. Die Zeitspannen werden pro Durchbruch quantifiziert und in der Brandrate festgelegt. Die aus dem Prüfungszeugnis resultierende bauamtliche Zulassung gilt als gemeinfreies oder öffentliches Wissen.


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Nacharbeiten

Observationen von beiden Seiten des Prüfkörpers folgen auch, wenn der Prüfkörper wieder normale Raumtemperatur erreicht hat. Es ist auch üblich, den Prüfkörper zu zerstören, um aus dem Inneren zu lernen. Die gilt für die Forschung- und Entwicklungsarbeit des Herstellers, aber auch für das Labor, um sicherzustellen, dass während des Aufbaus des Prüfkörpers nicht geschummelt wurde.

Unzulässiges


Die Einhaltung auf der Baustelle von allen Toleranzen der benutzten Zulassungen ist absolute Pflicht. Das Einhalten des einschlägigen Regelwerkes variiert von einer Nation zur anderen und manchmal innerhalb einer und derselben Stadt von einem Inspekteur der Baupolizei zum anderen. Nicht nur ist es wichtig, die Regeln bei der originalen Montage einzuhalten, sondern auch bei der Wartung, da Gebäude oft umgebaut und verändert werden. Gegebenenfalls ist es notwendig, auch für kleine Veränderungen innerhalb eines Gebäudes eine Baugenehmigung zu beantragen, um sicherstellen zu können, dass das originale Brandschutzkonzept des gesamten Gebäudes und der einzelnen Teile der Systeme durch den Umbau keinen Schaden nehmen werden, da die örtlichen Behörden so auf mögliche Probleme aufmerksam gemacht werden, die es dann im Keime zu ersticken gilt.


Weblinks


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