Bundestagsabgeordneter

Bundestagsabgeordneter

Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB) ist die amtliche Bezeichnung für einen Abgeordneten im Deutschen Bundestag. „Bundestagsabgeordneter“ ist eine weitere Bezeichnung. Die Abkürzung MdB wird als sogenannter Namenszusatz ohne Komma hinter den Nachnamen gestellt.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Beschreibung der Amtsposition

Bundestagsabgeordnete werden durch Bundestagswahlen direkt (Direktmandat) oder nach den Landeslisten ihrer jeweiligen Partei gewählt. Mit der Erststimme wird der Abgeordnete des jeweiligen Wahlkreises und mit der Zweitstimme die Landesliste gewählt.

Bundestagsabgeordnete vertreten die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland im Deutschen Bundestag, sind bei Entscheidungen jedoch nicht an Weisungen und Aufträge gebunden, sondern nach Artikel 38 GG nur an ihr eigenes Gewissen. Allerdings wird das freie Mandat in der parlamentarischen Praxis durch die sogenannte Fraktionsdisziplin eingeschränkt. Die Abgeordneten wiederum wählen den Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland und können ihn auch vor Ablauf der Wahlperiode des Bundestages durch ein konstruktives Misstrauensvotum wieder ablösen. Zudem sind sie an der Wahl des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland durch die Bundesversammlung beteiligt. Außerdem haben sie entscheidenden Anteil an der Bundesgesetzgebung.

Das durch die Bundestagswahl erlangte Mandat gilt für eine Wahlperiode von vier Jahren. Dieser Zeitraum gilt unabhängig von der Partei- oder Fraktionszugehörigkeit, ein Abgeordneter behält sein Mandat auch dann, wenn er nicht mehr einer Fraktion angehört. Auch der Einfluss der Wähler endet nach der Wahl, sie können den Abgeordneten nicht durch ein Misstrauensvotum wieder abwählen. Nur der Wille des Abgeordneten selbst, sein Amt niederzulegen, führt zum Amtsverlust. Jeder wahlberechtigte Bürger der Bundesrepublik Deutschland kann sich auch als Kandidat zur Wahl in den Bundestag aufstellen. Die Ausübung des Abgeordnetenamtes unterliegt arbeitsrechtlich einem besonderen Schutz, der Kündigungen von Arbeitgebern gegenüber Arbeitnehmern aus Anlass der Übernahme oder Ausübung des Abgeordnetenamtes untersagt, auch allgemein darf niemand an der Ausübung dieses Amtes gehindert werden[1], es gibt allerdings einige Ämter und Positionen, die nicht mit dem Abgeordnetenamt vereinbar sind.

Die Mitglieder des Deutschen Bundestages (MdB) können sich zu Fraktionen oder Gruppen zusammenschließen und genießen damit einen besonderen Verfahrens- und Organisationsstatus. Dem Bundestag steht der Bundestagspräsident vor.

Zusammensetzung der Abgeordneten

Bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 (Bundestagswahl 2005) wurden 614 Abgeordnete aus sechs Parteien gewählt (598 „reguläre“ zuzüglich 16 Überhangmandate). [2] Derzeit (Februar 2008) sitzen 612 Abgeordnete im Bundestag [3], davon sind 194 Frauen und 418 Männer. [4]

Die häufigsten Grundberufe nach Berufsklassen

Verteilung der Berufe gruppiert
Berufsgruppe Anzahl %
Juristen 143 23,3 %
Gymnasiallehrer 34 5,5 %
Politologen 28 4,6 %
Diplom-Volkswirte 26 4,2 %
Ingenieure 20 3,3 %
Verwaltungsfachleute (gehobener Dienst), allgemein 19 3,1 %
Sozialarbeiter, Sozialpädagogen 15 2,4 %
Diplom-Betriebswirte 12 2,0 %
Vollständige Liste auf der Seite des Bundestages, siehe Quellen[5]

Rechte und Pflichten

Rechte

  • Immunität gegen Strafverfolgung. Diese kann vom Bundestag aufgehoben werden.
  • Indemnität für Äußerungen, die ein Abgeordneter im Bundestag tätigt.
  • Zeugnisverweigerungsrecht Die Abgeordneten haben das Recht, gegenüber Ermittlungsbehörden oder Gerichten, über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern. Soweit dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist die Beschlagnahme von Schriftstücken unzulässig.

Pflichten

  • Der Abgeordnete hat während einer Sitzung des Parlaments im Gebäude des Bundestags anwesend zu sein. Er muss jedoch nicht im Plenarsaal sitzen, sondern kann sich auch zum Beispiel in seinem Büro aufhalten und arbeiten, da er die Sitzung über das Bundestag-interne Fernsehen verfolgen kann. Bei Fehlen an Sitzungstagen wird die Kostenpauschale gekürzt.[6]

Diäten und Aufwandsentschädigungen[7]

  • Aufwandsentschädigung (Diäten): 7.339 Euro brutto/Monat
  • Steuerfreie Kostenpauschale: 3.647 Euro/Monat (Kosten für die Ausübung des Mandates sind durch die Kostenpauschale abzudecken. Höhere Ausgaben sind weder erstattbar, noch können sie steuerlich abgesetzt werden, es gibt für Abgeordnete keine Werbungskosten)[8]
  • Zuschuss zur Krankenversicherung: ca. 250 Euro/Monat (50 % des an der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenkasse ausgerichteten Höchstsatz, „Arbeitgeberanteil“)[9].
  • Übernahme der Dienstreisekosten und Bereitstellung einer Netzkarte für die Deutsche Bahn AG, die jedoch nicht privat genutzt werden darf.[10]
  • Übernahme von bis zu 14.312 Euro/Monat für die Gehälter der Angestellten des Abgeordneten. Die Gehälter werden von der Bundestagsverwaltung direkt an die Mitarbeiter gezahlt. Sind die Angestellten des Abgeordneten mit ihm verwandt oder verschwägert, muss er die Kosten selbst tragen.[11]

Lobbyismus und Nebentätigkeiten

Der Bundestagsabgeordnete hat auch gewisse Verhaltensregeln zu beachten. Eine dieser Verhaltensregeln besagt, in welchen Fällen Bundestagsabgeordnete auch ihre Einkünfte aus Nebentätigkeiten dem Bundestagspräsidenten mitzuteilen haben [12]. Diese Anzeigepflicht erfasst zur Zeit Nebeneinkünfte ab einer Gesamthöhe von 3.000 Euro im Monat bzw. 18.000 Euro im Jahr. Nach einer Gesetzesänderung sollte diese Anzeigepflicht bis zum 30. März 2006 grundlegend geändert werden. Künftig sollten die Nebentätigkeiten in drei Stufen (von 1.000–3.500 Euro, 3.501 bis 7.000 Euro und über 7.000 Euro zusätzlich klassifiziert werden. Durch diese Klassifizierung und die Möglichkeit der Öffentlichkeit, die Summen zu addieren, wird dann für jeden Abgeordneten sehr schnell klar, mit welcher Tätigkeit er sein Gesamteinkommen eigentlich hauptsächlich bestreitet.

Um diese Gesetzesänderung zur Offenlegung von Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten zu verhindern, lagen dem Bundesverfassungsgericht Organstreitklagen von neun Abgeordneten des Bundestages vor.[13] Davon gehörten je drei der FDP (Heinrich Leonhard Kolb, Sibylle Laurischk und Hans-Joachim Otto) und der CDU (Friedrich Merz, Siegfried Kauder und Marco Wanderwitz), zwei der CSU (Max Straubinger und Wolfgang Götzer) und einer der SPD (Peter Danckert) an.[14] Eine mündliche Verhandlung fand am 11. Oktober 2006 statt. Nach langer Beratungszeit hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung vom 4. Juli 2007 bei Stimmengleichheit die Anträge abgewiesen. Nach Auffassung der Hälfte der Richter des Zweiten Senats gehen von Nebentätigkeiten wie etwa in Aufsichtsräten „besondere Gefahren für die Unabhängigkeit“ der Abgeordneten aus, da die Annahme „nicht fern“ liege, dass Einnahmen aus Nebentätigkeiten „Rückwirkungen auf die Mandatsausübung haben können“. Das Volk habe „Anspruch darauf“ zu wissen, von wem und in welcher Größenordnung seine Vertreter Geld entgegennehmen. Das Interesse der Abgeordneten an einer Vertraulichkeit der Daten sei demgegenüber „nachrangig“.[15] Kritiker fordern eine noch genauere Aufschlüsselung der Abgeordneteneinkünfte.[16]

Bundestagsabgeordnete mit hohen Nebeneinkünften

Über 50.000,-€ erzielten 2006 mindestens folgende Abgeordnete[17]:

  1. Friedrich Merz, CDU, ca. 250.000,- € als Mitglied mehrerer Aufsichtsräte und als Anwalt[18][19]
  2. Anette Kramme, SPD, mindestens 147.000,- € als Rechtsanwältin
  3. Otto Schily, SPD, mindestens 140.000 Euro als anwaltliche Beratung des Siemens-Konzerns[20]
  4. Heinz-Peter Haustein, FDP, mindestens 126.000,- € als Geschäftsführer seiner Unternehmen
  5. Klaas Hübner, SPD, mindestens 120.000,- € als Mitglied der Geschäftsführung verschiedener Unternehmen
  6. Max Straubinger, CSU, mindestens 84.000,- € als Generalvertreter der Allianz AG
  7. Heinrich Leonhard Kolb, FDP, mindestens 84.000,- € als Geschäftsführer seines Unternehmens
  8. Klaus-Peter Willsch, CDU, mindestens 82.500,- € als Herausgeber einer Monatszeitung und als Wirtschaftsberater
  9. Walter Riester, SPD, mindestens 79.000,- € mit Vorträgen
  10. Guido Westerwelle, FDP, mindestens 66.500,- € mit Vorträgen und als Beiratsmitglied eines Unternehmens
  11. Heinz Riesenhuber, CDU, mindestens 66.500,- € als Mitglied von Aufsichtsgremien mehrerer Unternehmen
  12. Werner Dreibus, Linke, mindestens 66.000,- € als Gewerkschaftssekretär und Aufsichtsratsmitglied
  13. Leo Dautzenberg, CDU, mindestens 62.000,- € als Unternehmensberater und Geschäftsführer eines Unternehmens
  14. Monika Grütters, CDU, mindestens 56.000,- € als Mitglied eines Stiftungsvorstandes
  15. Otto Bernhardt, CDU, mindestens 52.500,- € als Unternehmensberater

Anmerkung: Bundestagsabgeordnete sind nicht zur vollständigen Offenlegung ihrer Nebeneinkünfte verpflichtet. Einkünfte unter 1.000,- € sind gar nicht veröffentlichungspflichtig. Darüber hinausgehende Einkünfte müssen lediglich den drei Stufen „1.000 bis 3.000,- €“, „3.000 bis 7.000,- €“ und „über 7.000,- €“ zugeordnet werden. Demnach können auch (zahlreiche) weitere Abgeordnete im o.g. Zeitraum mehr als 50.000,- € aus Nebentätigkeiten erzielt haben.

Unvereinbarkeiten

Eine Reihe von Ämtern sind mit der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag nicht vereinbar:[21]

Die Wählbarkeit von Beamten, Angestellten des öffentlichen Dienstes und Richtern kann beschränkt werden (Art. 137 GG).

Einzelnachweise

  1. §§ 2, 3 und 4 Abgeordnetengesetz (AbgG bei Juris)
  2. Deutscher Bundestag: Bundestag in Kürze
  3. Deutscher Bundestag: Sitzverteilung im 16. Deutschen Bundestag
  4. Deutscher Bundestag: Zusammensetzung Frauen und Männer
  5. Übersicht der Grundberufe nach Berufsklassen auf der Webseite des Bundestages
  6. § 14 Abgeordnetengesetz (AbgG bei Juris)
  7. Diäten und Aufwandsentschädigungen, Übersicht auf der Webseite des Bundestages
  8. Details zur Kostenpauschale auf der Webseite des Bundestages
  9. Details zu Regelungen bezüglich Leistungen für Krankenversicherungskosten der MdB auf der Webseite des Bundestages
  10. Details zur Reisekostenregelung der MdB auf der Webseite des Bundestages
  11. Details zur Kostenregelung für Abgeordnetenmitarbeiter auf der Webseite des Bundestages
  12. Weiterführende Informationen zur Rechtslage bezüglich Nebentätigkeiten der MdB auf der Webseite des Bundestages
  13. Pressemitteilung Nr. 82/2006 vom 21. September 2006 des BVerfG
  14. Liste der Kläger als Bildstrecke bei SPIEGEL Online.
  15. Abgeordnete müssen Nebeneinkünfte offenlegen Pressemitteilung Nr. 73/2006 vom 4. Juli 2007 des BVerfG
  16. Der Spiegel:Auskunft über Einkünfte verärgert Politiker, 5. Juli 2007
  17. Webseite des Bundestages, Informationen zu Nebenverdiensten sind auf den Seiten der jeweiligen Abgeordneten zu finden.
  18. Der Spiegel:Wie viel Geld Merz von Konzernen bekommt, 11. Juli 2007
  19. Deutsche Börse Geschäftsbericht 2006, PDF S. 75–100.000 Euro an Merz für AR-Mandat
  20. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,549127,00.html
  21. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, „Der aktuelle Begriff“ Nr. 84/05 (10. November 2005), Online Fassung

Siehe auch

Weblinks


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