Béla Kun

Béla Kun
Béla Kun 1923

Béla Kun [ˈbeːlɒ kun] (* 20. Februar 1886 in Cehu Silvaniei (ungar. Szilágycseh) in Siebenbürgen; † 30. November 1939 in der Sowjetunion; eigentlich Béla Kohn) war ein ungarischer kommunistischer Politiker.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Béla Kohn entstammte einer jüdischen Familie in einfachen Verhältnissen. 1906 änderte er seinen Familiennamen in die ungarische Form „Kun“. Er studierte an der Universität Klausenburg, wo er mit Sozialisten in Kontakt kam. Später arbeitete er als Angestellter einer Arbeiterversicherungskasse. 1914 ging Kun nach Budapest, wo er eine sozialistische Zeitung herausgab. Im Ersten Weltkrieg diente er in der österreichisch-ungarischen Armee und geriet 1916 in russische Kriegsgefangenschaft. In der Gefangenschaft wurde er zum Anhänger der russischen Bolschewiki.

Im Dezember 1918 wurde er nach Ungarn entsandt, um dort für eine kommunistische Revolution zu wirken. Zu diesem Zweck gab er erneut eine Zeitung unter dem Titel Rote Zeitung heraus. Er wurde dort bald von der Regierung des Grafen Mihály Károlyi inhaftiert, jedoch in Folge der Wirren, die nach Ende des Ersten Weltkrieges ausbrachen, am 21. März 1919 wieder freigelassen. Er bildete darauf eine Räteregierung aus Sozialisten und Kommunisten, in der er zwar nur als Volksbeauftragter für Außenbeziehungen fungierte, aber die mächtigste Figur war. Unter anderem wurden unter seiner Leitung die Banken, Industriebetriebe und landwirtschaftlichen Güter verstaatlicht. Die Regierung wurde bald von den Kommunisten dominiert und entwickelte sich zu einer Diktatur, die mit Einsatz von Gewalt regierte.

Innen- und außenpolitisch sah sich die Räterepublik nicht nur mit gewaltigen sozialen und wirtschaftlichen Problemen als Folge des Weltkriegs konfrontiert, sondern auch mit umfangreichen Gebietsforderungen der Tschechoslowakei, Rumäniens und des SHS-Staates, die bei den Ententemächten Unterstützung fanden. Die Besetzung weiter Teile des einstigen Königreichs Ungarn durch tschechoslowakische, rumänische, jugoslawische und französische Truppen und die nationale Verbitterung der Ungarn über diesen „Raub“ ihres historischen Territoriums hatten zur Folge, dass sich aus patriotischen Gründen zahlreiche ehemalige Offiziere und Soldaten der k.u.k. Armee, wie beispielsweise Oberst Aurél Stromfeld, der neu aufgestellten Roten Armee der Räterepublik zur Verfügung stellten. Dieser gelang es schließlich, die „Invasoren“ zu stoppen und im Zuge einer Gegenoffensive im Norden weite Teile Oberungarns, das heißt der heutigen Slowakei, unter ihre Kontrolle zu bringen und dort eine Slowakische Räterepublik zu bilden.

Die Ausrufung der Slowakischen Räterepublik am 16. Juni 1919 in Prešov und eine mögliche weitere Ausdehnung der „ungarischen Revolution“ hatten in der ersten Junihälfte 1919 diplomatische Noten der Ententemächte an die Ungarische Räteregierung („Magyarországi Tanácsköztársaság“) zur Folge, in denen die sofortige Einstellung der Kampfhandlungen und der Rückzug der Roten Armee hinter die auf der Pariser Friedenskonferenz festgelegte Demarkationslinie gefordert wurden. Die Annahme dieser Forderungen und der Rückzug aus den kurz zuvor eroberten Gebieten wurde von den Soldaten und Offizieren der Roten Armee und auch in der Bevölkerung mit Verbitterung und Unverständnis aufgenommen und bewirkte letztlich eine irreparable Schädigung des Ansehens der Räteregierung. Dadurch wurden auch jene gegenrevolutionären Kräfte Ungarns begünstigt, die von Anfang an auf einen Sturz der Räterepublik hingearbeitet hatten. Als schließlich tschechische und rumänische Streitkräfte ihren Vormarsch wieder aufnahmen, kam die Räterepublik ins Wanken. Im Zuge des Ungarisch-Rumänischen Krieges stießen rumänische Truppen bis weit ins Innere Ungarns vor. Am 30. Juli 1919 überquerte diese erfolgreich die Theiß und am 1. August 1919 kapitulierte die südliche Heeresgruppe der ungarischen Roten Armee nach Kämpfen bei Szolnok. Béla Kun ergriff die Flucht und setzte sich nach Österreich ab, während die rumänische Armee Budapest besetzte und die Räteregierung gestürzt wurde.

In Österreich wurde Kun zunächst festgenommen und in Drosendorf und anschließend in Karlstein an der Thaya interniert. Von dort gelang ihm die Flucht in die Sowjetunion, wo er in den nächsten Jahren für die KPdSU und die Komintern in verschiedenen Funktionen tätig war. Unter anderem nahm er erfolglos an den Märzkämpfen in Mitteldeutschland 1921 teil. 1928 war er wieder in Wien, von wo aus er gleichfalls ohne Erfolg versuchte, sozialistische Strömungen in Ungarn zu organisieren. 1939 wurde er im Rahmen der Stalinschen Säuberungen in der Sowjetunion ermordet.

Werke

  • Was wollen die Kommunisten?, 1919, Hamburg : Hoym.
  • Die Propaganda des Leninismus, 1924, Hamburg : Hoym.
  • Der Kommunismus im Kampfe gegen die Sozialdemokratie, 1933, Berlin : Verl. "Unsere Zeit".
  • Die Februarkämpfe in Österreich und ihre Lehren, 1934, Moskau ; Leningrad : Verl. Genossenschaft ausländ. Arbeiter in d. UdSSR.
  • Die brennendste Frage - Aktionseinheit, 1934, Moskau ; Leningrad : Verlagsgenossenschaft ausländ. Arbeiter in d. UdSSR.
  • Otto Bauers Weg : Von d. Anerkenng d. Ständestaates - zur Anerkenng d. Diktatur d. Proletariats, 1934, Straßburg : Prometheus-Verl..
  • Die II. Internationale in Auflösung, 1935, Moskau, Leningrad : Verlagsgenossenschaft ausländ. Arbeiter.
  • Brüder, zur Sonne, zur Freiheit : ausgew. Reden u. Artikel zur Zeit d. ungar. Räterepublik 1919, Ausw.: Tibor Hajdú. Dt. von Geza Engl, [Budapest] : Corvina-Verlag 1977

Literatur

  • György Borsányi: The Life of a Communist Revolutionary. Bela Kun. Social Science Monographs, Boulder 1993. ISBN 0-88033-260-3
  • Iván Völgyes (Hrsg.): Hungary in Revolution, 1918-19. Nine Essays. Univ. of Nebraska Press, Lincoln 1971.
  • Rudolf Tőkés: Béla Kun and the Hungarian Soviet Republic. The Origins and Role of the Communist Party of Hungary in the Revolutions of 1918-1919. F.A. Praeger, New York 1967.

Weblinks

 Commons: Béla Kun – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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