Béranger

Béranger
Pierre-Jean de Béranger.

Pierre-Jean de Béranger (* 19. April 1780 in Paris; † 16. Juli 1857 ebenda) war ein französischer Lyriker und Liedtexter im beginnenden 19. Jahrhundert.

Der heute auch in der Literaturwissenschaft kaum mehr beachtete Autor galt um 1830 als einer der ganz großen Lyriker Frankreichs, den man auf eine Stufe stellte mit Victor Hugo oder Alphonse de Lamartine.

Inhaltsverzeichnis

Jugend und literarische Anfänge

Béranger stammte (anders als der adlig klingende Name vermuten lässt) aus kleinen Pariser Verhältnissen und wuchs nach der frühen Trennung seiner Eltern auf bei den Großeltern in Paris, dann bei einer Tante in der Provinz. 1796 kam er zurück in seine Heimatstadt. Eine Schulbildung hatte er nicht genossen, immerhin hatte die Tante ihn Lesen und Schreiben gelehrt. Er schlug sich zunächst mehr schlecht als recht durch, z.B. als Betreuer einer Bücherstube oder als Schriftsetzer, doch übte er auch schon seine Feder.

1803 schickte er einige Gedichte an den jüngeren Napoleon-Bruder Lucien Bonaparte und erhielt über ihn eine kleine Pension sowie 1809 einen Schreiberposten in der Schulverwaltung, der ihm Zeit ließ zum Lesen und Schriftstellern und den er bis 1821 behielt.

Die Jahre des Erfolgs und des Ruhms

Nach fleißigen, aber erfolglosen Versuchen als Dramatiker, Epiker und seriöser Lyriker entdeckte Béranger 1812 sein Talent, auf bekannte Melodien neue Texte zu dichten, die zunächst, zum Vortrag und Mitsingen in einschlägigen Weinlokalen gedacht, Liebes-, Trink- und Lebenslust feierten.

Schlagartig in ganz Frankreich bekannt wurde er 1813 mit dem verdeckt politischen Chanson Le Roi d'Yvetot, einem Loblied auf einen gutherzigen und friedlichen Dorf-"König", der ein liebenswertes Gegenbild darstellte zu dem pausenlos Krieg führenden und immer diktatorischer regierenden Kaiser Napoleon.

Nach dessen Sturz 1814 und der Rückkehr der alten Königsfamilie der Bourbonen mit Ludwig XVIII. ging Béranger jedoch bald wieder in die Opposition und schrieb satirische Chansons gegen die Träger und Nutznießer der "Restauration", d.h. aus der Emigration zurückgekehrte Adlige, machthungrige Jesuiten, opportunistische Militärs und neureiche Bourgeois. Daneben verfasste er Loblieder auf den einst gehassten Napoleon und wurde hiermit einer der Väter der gegen 1820 entstehenden Napoleon-Legende, d.h. des Mythos vom großen Kaiser, der mit starker Hand nicht nur den Ruhm Frankreichs gemehrt und Europa vom Joch absolutistischer Despoten befreit, sondern angeblich auch für das Wohl der kleinen Leute gesorgt habe.

Als Béranger 1821 eine zweibändige Gesamtausgabe seiner Gedichte publizierte (eine erste Sammlung, Chansons morales et autres, war schon 1815 erschienen) wurde diese, weil er darin auch König und Kirche nicht schonte, verboten und er musste erstmals kurz ins Gefängnis, was sein Ansehen enorm erhöhte. Die 1825 erscheinenden Chansons nouvelles konsekrierten ihn zum populärsten Dichter der Zeit, dessen eingängige Texte in allen Bevölkerungsschichten, zumal auch den unteren, ankamen. Als er nach dem Erscheinen seiner vierten Sammlung 1828 (Chansons inédites) erneut, u.a. wegen Majestätsbeleidigung, ins Gefängnis gesteckt wurde, hagelte es Proteste aus ganz Europa, so berühmt war er inzwischen auch außerhalb Frankreichs.

Der langsame Abstieg

Nach der Julirevolution von 1830 schloss sich Béranger dem neuen Regime des "Bürgerkönigs" Louis-Philippe an, was ihn der geliebten und fruchtbaren Oppositionellenrolle beraubte. Zwar versuchte er es mit einem vage kritischen Engagement für die von den neuen Mächtigen vernachlässigten unteren Schichten, doch den alten Biss hatte er nicht mehr. 1833 gab er eine letzte Sammlung heraus (Chansons nouvelles et dernières), die teils noch aus bis 1830 entstandenen politisch aggressiveren Texten bestand, teils schon aus solchen, die nur humanitäre und soziale Zuwendung predigen.

Hiernach publizierte er kaum noch, sondern verwaltete seine Position einer im ganzen Land geachteten und hofierten moralischen Autorität. 1848 wurde er ohne sein Zutun in die Nationalversammlung gewählt, zog sich aber sehr rasch aus der Politik zurück. In seinen letzten Jahren musste Béranger noch erleben, wie seine Einnahmen schrumpften und sein Werk rasant an Wertschätzung einbüßte. Zwar ordnete nach seinem Tod Kaiser Napoléon III. ein Staatsbegräbnis an und druckte ein flinker Verleger schnell noch seine Memoiren sowie eine Sammlung Dernières chansons, doch geriet sein Name bald danach schon in Vergessenheit.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Beranger — Béranger Cette page d’homonymie répertorie les différents sujets et articles partageant un même nom. Béranger est une autre orthographe du prénom Bérenger, mais utilisée seulement dans les patronymes. Patronymes Sont connus sous le nom de… …   Wikipédia en Français

  • BÉRANGER (P. J. de) — BÉRANGER PIERRE JEAN DE (1780 1857) Le célèbre chansonnier français Pierre Jean de Béranger, enfant du peuple malgré une particule usurpée par son père, fut élevé par son grand père, tailleur rue du Faubourg Saint Antoine. Il assiste à la prise… …   Encyclopédie Universelle

  • Béranger — (spr. rangschē), Pierre Jean de, berühmter franz. Liederdichter, geb. 19. Aug. 1780 in Paris von armen Eltern, gest. daselbst 16. Juli 1857, wurde von seinem Großvater, einem armen Schneider, erzogen und nach, dem Sturm auf die Bastille (1789) zu …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Beranger — Beranger, Jean Pierre de, eins der schönsten und seltensten Dichtertalente, welche die neuere Zeit hervorgebracht. Ein Mann, der voll Innigkeit, Zartheit und Wärme, erglüht von Patriotismus, reizend durch unbefangene Natürlichkeit alle Stände und …   Damen Conversations Lexikon

  • Béranger — (spr. Berangscheh), Pierre Jean, wurde am 17. August 1780 zu Paris geboren. Von niederer Abkunft wuchs er fast ohne Erziehung im Hause seines Großvaters auf, bis er zu einer Tante nach Peronne kam, welche eine Herberge hielt. Hier fand der Knabe… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Béranger — (spr. angscheh), Pierre Jean de, der volkstümliche franz. Liederdichter, geb. 19. Aug. 1780 zu Paris, gest. das. 16. Juli 1857; seine zum Teil polit. satir. »Chansons« deutsch von Seeger (2. Aufl. 1859) u.a. – Vgl. Janin (2 Bde., 1866), Laporte… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Beranger — (Berangscheh), geb. 1780 zu Paris, zuerst Buchdruckerlehrling in Peronne, versuchte sich im 17. Jahre in der Poesie und wurde bald Liebling des städtischen Publicums, Napoleon selbst fand Wohlgefallen an dem »roi dʼYvetot«. Seine Hauptwirksamkeit …   Herders Conversations-Lexikon

  • Béranger — (Pierre Jean de) (1780 1857) poète français dont les chansons sentimentales et patriotiques touchèrent un immense public …   Encyclopédie Universelle

  • Béranger —   [berã ʒe], Pierre Jean de, französischer Dichter, * Paris 19. 8. 1780, ✝ ebenda 16. 7. 1857; der erfolgreichste und volkstümlichste Liederdichter Frankreichs im 19. Jahrhundert. Er feierte Napoleon I., wandte sich während der Restaurationszeit… …   Universal-Lexikon

  • Béranger — Nom de personne d origine germanique, Berengari (beren = ours + gari = lance) …   Noms de famille

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”