Achatius Wolff

Achatius Wolff

Achatius Wolff war ein Tübinger Bürgermeister, der während der Franzosenkriege im Dezember 1688 für 16 Wochen und im August 1693 für drei Jahre von den Franzosen als Geisel genommen wurde.

Erste Geiselhaft in Straßburg, 1688

Nach einer kurzen Belagerung von Tübingen kündigte der französische General Peysonel, der von General Joseph de Montclar (1625–1690) zur Besetzung von Tübingen abgesandt war, am 16. Dezember 1688 seinen Abzug an. Seine raubgewohnten Soldaten waren allerdings mit dem Ertrag ihres Tübinger Aufenthaltes nicht zufrieden, erbaten sich zu guter Letzt noch une petite liberté, d. h. eine Plünderung. Aber Peysonel hielt sein Wort und durchritt mit dem Tübinger Verhandlungsführer Johann Osiander[1] die Gassen bei Nacht, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Da die Stadt aber noch 8000 Gulden schuldig war, nahm er den Gerichtsherrn Mendel und den Rathsherrn Achatius Wolff für 16 Wochen in Geiselhaft in Straßburg.

Im Sommer 1689 kamen die beiden Geiseln, Mendel und Wolff zurück, und erhielten nach gerichtlichem Beschluss wegen der Lebensgefahr je 50 Gulden Belohnung von der Stadt, während Osiander für seine erfolgreichen Bemühungen, die Stadt zu erhalten, am 13. Juli 1689 12 Spezies Reichstaler zugestellt bekam.[2]

Zweite Geiselhaft in Metz, 1693

Im August 1693 stand der französische Feind wieder vor den Toren Tübingens. An einem Montag Abend erschien der Graf von Baliviere mit 300 Pferden in Lustnau, nahm dort eine Stellung ein und rief die Vögte und Bürgermeister für Verhandlungen zu sich heraus. Der für seine Sprachkenntnisse und sein Verhandlungsgeschick bekannte Osiander schloss sich der Deputation an, die zum Feinde hinauszog.

Während auf einem Lustnauer Feld die Abgesandten der Stadt mit dem feindlichen Feldherrn zusammentrafen, schlug eine Kugel mitten in die Hauptgruppe herein, und riss Osiander die Perücke vom Kopf. Kaltblütig nahm er sie wieder auf, machte den General auf den Ernst der Verteidigungsabsichten aufmerksam, und machte durch seinen Mut und seine Unerschrockenheit in dem Maße Eindruck auf ihn, dass dieser gegen das Versprechen einer Kontribution ohne weitere Versuche abzog, wenn auch mit der Drohung, wieder zu kommen.

Schon kurz darauf, am 18. August 1693, zogen die Franzosen ganz aus dem Lande, aber wieder einmal war der Bürgermeister Achatius Wolff einer der Unglücklichen, die als Geisseln im Namen der Landschaft mitgegeben wurden. Diesmal wurde er bis nach Metz verschleppt, und musste drei Jahre lang alle Scheußlichkeiten einer grausamen Gefangenschaft erdulden. Erst am 23. Januar 1697 durfte er endlich nach Tübingen zurückkehren und trat auf eigenen Wunsch auch sein Rechnermeisteramt als Bürgermeister wieder an."[3]

Einzelnachweise

  1. Theodor Schott: Osiander, Johannes. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 24, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 489–492.
  2. Karl Klüpfel und Max Eifert: Geschichte und Beschreibung der Stadt und Universität Tübingen. Band 1, L.F. Fues, 1849. Seite 173f.
  3. Karl Klüpfel und Max Eifert, Seite 178.

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