Aktionsjuden

Aktionsjuden

Als Aktionsjuden bezeichnet man die etwa 26.000 nach der Pogromnacht vom 9./10. November 1938 verschleppten Juden. Sie wurden in den Tagen danach in die Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen gebracht. Das Ziel dieser Verschleppung war, die Häftlinge nach der baldigen Freilassung dazu zu bringen, ihre Vermögen aufzugeben und auszuwandern.

Inhaltsverzeichnis

Reichspogromnacht

Im Rahmen der Ausschreitungen der Pogromnacht waren „nicht nur 7.500 Geschäfte jüdischer Besitzer sowie fast alle Synagogen und Bethäuser im deutschen Reichsgebiet zerstört worden. Insgesamt forderten die Novemberpogrome auch mehrere hundert Todesopfer und auf Befehl der Chefs von Gestapo und Sicherheitspolizei, Heinrich Müller und Reinhard Heydrich, wurden zwischen dem 10. und 16. November 1938 reichsweit über 26.000 Juden verhaftet.“[1]

Aktionsjuden im KZ Dachau

Das Ziel der Aktion, die Erpressung der Aufgabe des Vermögens und der Auswanderung erforderte, dass die Gefangenen „vermögend, gesund, nicht zu alt und männlich“ sein sollten.[1] Es wurden aber auch Menschen inhaftiert, die nicht diesen Kriterien entsprachen. In Dachau bildeten sie sofort die größte Gefangenengruppe. Die SS hatte bereits im Vorfeld der Verhaftungen in den hinteren Baracken dreistöckige Bettenlager herrichten lassen. Die Enge ließ den Begriff „Hasenställe“ aufkommen. Die Häftlinge erhielten keine Unterwäsche, sie mussten sich ihre Nahrung kaufen. Autobesitzer wurden gedrängt, ihre Fahrzeuge zu geringen Preisen abzugeben. „Durch den Schock der KZ-Haft sollten die jüdischen Männer dazu getrieben werden, das Deutsche Reich zusammen mit ihren Familien fluchtartig zu verlassen.“[1]

Freilassung

„Die SS-Reichsführung hatte nicht die Absicht, die ‚Aktionsjuden‘ dauerhaft in den Konzentrationslagern festzuhalten.“[1] Sie mussten eine „Reichsfluchtsteuer“ zahlen und wurden freigelassen, wenn Angehörige eine Möglichkeit der Auswanderung nachgewiesen hatten oder Vermögenswerte überschrieben waren.[2]

Verhaftung in Pattensen (Region Hannover)

10 in Pattensen verhaftete Juden wurden mit 324 anderen in Hannover und Umgebung in „Schutzhaft“ genommenen Juden zunächst ins Polizeigefängnis Hannover und dann weiter in KZ Buchenwald gebracht. Es wird von Misshandlungen berichtet und davon, dass sie zu 2.000 Mann in Holzbaracken untergebracht wurden, die für 500 Menschen gebaut worden waren. Die meisten Aktionsjuden wurden Laufe des Jahre 1939 entlassen.[2]

Literatur

  • Die „Aktionsjuden“ im Konzentrationslager Buchenwald. Augenzeugenbericht von Siegfried Katzmann. In: Anschläge - Magazin für Kunst und Kultur. Heft 1, November 1985, ISSN 0178-9937.
  • Barbara Distel: „Die letzte ernste Warnung vor der Vernichtung“. Zur Verschleppung der „Aktionsjuden“ in die Konzentrationslager nach dem 9. November 1938. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. 46, 11, 1998, ISSN 0044-2828, S. 985–990.
  • Wolfgang Benz: Mitglieder der Häftlingsgesellschaft auf Zeit. „Die Aktionsjuden“ 1938/39. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Red.): Häftlingsgesellschaft. Verlag Dachauer Hefte, Dachau 2005, ISBN 3-9808587-6-6, S. 179–196 (Dachauer Hefte. 21).

Einzelnachweise

  1. a b c d Förderverein für internationale Jugendbegegnung und Gedenkstättenarbeit in Dachau e.V., Das KZ Dachau und die Novemberpogrome 1938
  2. a b Ernst-Moritz-Arndt Gymnasium, Internetseite "Gedenktag"

Weblinks


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